Paul Ferrini

Die

JESUS

BOTSCHAFTEN

 

Das Neue Testament
für unsere Zeit

 

 

Aus dem Englischen übersetzt von
G. Maximilian Knauer

 

 

 

 

 

 

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Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel
THE GOSPEL ACCORDING TO JESUS
im Verlag Heartways Pr.

 

 

 

 

 

 

Allegria ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH

Herausgeber: Michael Görden

 

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa
Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder
Übertragung können zivil- oder strafrechtlich
verfolgt werden.

 

ISBN: 978-3-8437-0228-7

 

 

© der deutschen Ausgabe 2012 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

© der Originalausgabe 2010 by Paul Ferrini

Übersetzung: Maximilian Knauer

Umschlaggestaltung: FranklDesign, München

Titelabbildung: Semenchuk/Fotolia

Satz: Keller & Keller GbR

eBook: LVD GmbH, Berlin

 

 

Für meine Kinder:

Arianna, Misha und Shanti

 

 

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Wenn du mich in deinem Herzen erkennst, wirst du meine Lehre mit einer inneren Gewissheit verkörpern. Dann weißt du, dass Liebe die einzige Antwort auf deine Probleme ist.

Wenn du Liebe gibst, wirst du sie auch empfangen. Und ich sage dir, je mehr du gibst, desto mehr empfängst du. In unserer Welt herrscht kein Mangel an Liebe. Die Liebe lebt im Herzen eines jeden Menschen. Vertraust du ihr, kann sie dein Bewusstsein heben und so die Umstände deines Lebens verändern.

Die Liebe ist die höchste Realität. Sie ist Anfang und Ende, Alpha und Omega. Sie strahlt aus sich selbst heraus, bringt sich selbst zum Ausdruck und ruht in sich selbst. Ob sie kommt oder geht, zu- oder abnimmt – niemals verliert sie die Verbindung zu ihrem inneren Wesen. Auch wenn ich körperlich nicht mehr anwesend bin – in eurer Liebe bin ich gegenwärtig. Wenn ihr die Liebe in eurem Herzen findet, wisst ihr, dass ich bei euch bin. So einfach ist das.

Vorwort

 

Die Worte in diesem Buch wurden während eines Zeitraums von fünf Jahren von 1993 bis 1998 niedergeschrieben. Diese Botschaften sind die Frucht meiner persönlichen Beziehung zu Jesus, die sich in den 1980er-Jahren entwickelt und danach noch intensiviert hatte. Meinem Lehrer mein Herz und meinen Geist zu öffnen und seine Worte niederzuschreiben war eine Erfahrung tiefer Kommunion, eine ekstatische Erfahrung.

In den vergangenen 15 Jahren habe ich diese Botschaften mit Männern und Frauen auf der ganzen Welt geteilt. Sie wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und in vielen Ländern veröffentlicht. Die Menschen, die sie gelesen haben, erzählten mir, wie berührt sie von diesen Worten waren, so als würde Jesus durch sie direkt zu ihrem Herzen sprechen. Durch ihre Erfahrung der Gemeinschaft mit Jesus ist ihr Glaube gewachsen und ihre Bereitschaft zu vertrauen hat sich vertieft. Das ist vielleicht der größte Segen, den dieses Werk seinen Lesern und Leserinnen bringen kann.

Dieses Werk beinhaltet auch einige Klärungen und Berichtigungen hinsichtlich einiger Lehren, die Jesus zugeschrieben wurden, aber im Grunde nicht das übermitteln, was im Evangelium zu lesen ist, sondern lediglich Konzepte, die von der hierarchischen Kirche beim Konzil von Nicäa – mit welchem das Christentum zur offiziellen Staatsreligion des Römischen Reiches wurde – und bei späteren Konzilien übernommen wurden. Viele dieser späteren Ergänzungen werden von Jesus in den Botschaften, die Sie in diesem Buch lesen können, infrage gestellt.

Diejenigen unter Ihnen, die an den Unterschieden zwischen den Lehren, wie sie in diesem Buch erscheinen, und denen des traditionellen Christentums interessiert sind, seien auf mein Buch »Liebe ist meine Botschaft« (2006) verwiesen, das diese Differenzen noch weiter erläutert. Das Material dieses Buches stammt aus den folgenden, bereits veröffentlichten Büchern: »Denn Christi lebt in jedem von Euch«, »Stille im Herzen«, »Die Wunder der Liebe« und »Rückkehr nach Eden«. Diese Schriften nun in einem einzigen Band zu vereinen war eine anspruchsvolle und spannende Aufgabe. Die Lehren bekommen dadurch noch mehr Gewicht, und selbst wenn Sie die einzelnen Bücher dieser Serie schon gelesen haben, werden Sie überrascht sein, welche Macht und Autorität sie haben, wenn sie zu einem Ganzen zusammengefügt sind. Vielleicht stellen Sie fest, dass sie jetzt einen neuen, tieferen Eindruck hinterlassen.

Sollte das Ihre erste Begegnung mit diesen Lehren sein, nehmen Sie sich bitte Zeit. Es gibt hier vieles, was verstanden und verinnerlicht werden muss. Wenn Sie diese Worte lesen, dann nehmen Sie sie in die Stille Ihres Herzens hinein, und lassen Sie sie dort verweilen. Pflegen Sie Ihre eigene, persönliche Beziehung mit Jesus und erlauben Sie ihm, Sie in eine tiefere Beziehung zu sich selbst, zu ihm und zu Gott zu führen. Für mich offenbart sich Wahrheit dann, wenn sie mein Herz, meinen Geist und manchmal sogar jede Zelle meines Körpers in Schwingung versetzt. Ich möchte Sie einladen, diese Worte derselben Prüfung zu unterziehen.

Während es eine universale Wahrheit gibt, die sich durch alle heiligen Schriften zieht, müssen wir doch alle für uns selbst entscheiden, was uns anspricht und was wir als Kompass auf unserer Lebensreise benutzen wollen. Daher teile ich diese Botschaften in Vertrauen und Demut mit Ihnen. Vor einiger Zeit sagte mir mein Lehrer: »Du allein bist verantwortlich für jede Lehre, die du als wahr annimmst. Letztendlich ist Erfahrung der beste Lehrer. Sie zeigt uns, was funktioniert und was nicht, was hilft und was verletzt. Worte können uns informieren und erheben. Manchmal können sie sogar in der Stille unseres Herzens widerhallen. Aber am Ende müssen wir am Tanz des Lebens teilnehmen, wenn wir seine Mysterien verstehen wollen.

Mögen die Samen dieser Lehren in Ihrem Herzen auf fruchtbaren Boden fallen und in Ihrem Leben aufblühen. Mögen Sie von der Quelle trinken und Ihren Durst nach Liebe und Wahrheit stillen. Mögen Sie heil werden, vergeben und zur Fülle Ihrer Kraft und Bestimmung finden.

 

Namaste,

Paul Ferrini, Dezember 2009.

Einleitung

 

Meine Lehre ist eine Lehre der Liebe,
nicht der Furcht.

Jesus

 

Der größte Teil meiner Lehren ist euch richtig übermittelt worden. Doch es gibt einige Irrtümer und Verfälschungen, die korrigiert werden müssen. Meine Lehre ist eine Lehre der Liebe, nicht der Furcht. Die Sprache der Furcht kann in keinem Testament, das von mir stammt, angewandt werden. Seid nicht überrascht, dass einige – selbst jene, die so weise waren wie meine Apostel – euch glauben machen wollen, dass es einen rächenden Gott gibt, der euch für eure Sünden bestraft. Ich versichere euch, dass sie irren. Unser Gott ist kein zorniger, sondern ein mitfühlender Gott, der euch hilft, Vergebung für eure Fehler und die der anderen zu finden. Indem ihr lernt, mit euch selbst und anderen Mitgefühl zu haben und Vergebung praktiziert, wachst ihr über eure Angst hinaus, korrigiert eure Irrtümer und gebt das Urteilen auf. Nach und nach wird eure Scham in einer Taufe von Annahme und Liebe abgewaschen.

Tut nur das Eure. Bittet all die um Vergebung, denen ihr in Gedanken, mit Worten und Taten Leid zugefügt habt, dehnt eure Vergebung auf jene aus, die euch darum bitten, und seid bereit, auch euch selbst zu vergeben. Gott übernimmt den Rest. Es gibt nichts, was ihr getan habt oder was euch angetan wurde, das ich nicht getan oder erlitten habe. Nein, vielmehr sage ich euch, dass ich nicht der Einzige bin, der ans Kreuz der Welt genagelt wurde. Auch ihr werdet für eure Fehler gekreuzigt. Und ihr seid es auch, die das Beil des Scharfrichters führen.

Ihr alle seid einzig und allein hier, um bedingungslos lieben zu lernen. Wenn ihr euch selbst bedingungslos lieben könnt, ist es nicht mehr schwer, auch andere zu lieben. Wenn ihr andere mit all ihren Fehlern annehmen könnt, ist es auch nicht schwer, eure eigenen anzunehmen.

Jene, die meine Worte missverstehen und falsch interpretieren, würden gerne sehen, dass ihr mich über euch selbst stellt. Bitte tut das nicht. Die, die mich auf ein Podest stellen, sind dieselben, die mich ans Kreuz nageln, denn man kann das eine nicht ohne das andere haben. Nennt daher weder mich noch irgendeinen anderen größer oder geringer als euch selbst, denn wenn ihr das tut, begeht ihr damit die einzige Sünde gegen den Menschensohn.

Ich lehre das spirituelle Gesetz der Gleichheit und habe es immer gelehrt. Haltet euch daran, und alles, was euch voneinander trennt, wird wegfallen, und ihr werdet am Herzen des Vaters ruhen, wo alle Wesen gleichermaßen geliebt und gesegnet sind.

Ich lehre nicht einen das eine und einen anderen etwas anderes. Meine Lehre ist für euch alle gleich. Denkt daher gut nach, wenn euch einer auffordert, in meinem Namen eine(n) eurer Brüder und Schwestern zu richten, anzuklagen, zu verleumden, zu betrügen, zu verletzen oder abzulehnen. Ich sage euch: Das ist Gotteslästerung und eine Verdrehung der Wahrheit. Es kann nur zu Leiden führen.

Ich habe euch einst gesagt und sage es noch einmal: In meinem Hause sind alle willkommen, Reiche und Arme, Schwarze und Weiße, Heterosexuelle und Homosexuelle, Frauen und Männer, Kinder und Alte, Große und Kleine, Dürre und Dicke, Gesunde und Kranke, die Unversehrten und die Behinderten. Ich habe nicht eine Kirche für diejenigen, die in ihrem Verstand leben, und eine andere für die, die in ihrem Herzen wohnen. Meine Kirche ist stets offen für alle, die eintreten wollen. Wer die Tür für einen Bruder oder eine Schwester verschlossen hält, führt meinen Namen unnütz im Mund und verdreht meine Lehre.

Schenkt den Worten eines solchen Menschen keine Beachtung, sondern achtet auf seine Handlungen. Wie ich euch schon früher gesagt habe, tätet ihr gut daran, den Baum zu prüfen, bevor ihr die Früchte esst, die von seinen Zweigen baumeln. Das Tor meiner Kirche und das Tor meines Herzens stehen euch immer offen, liebe Brüder und Schwestern. Ich heiße euch schon willkommen, wenn ich auch nur höre, dass sich eure Schritte nähern. Wenn ich euch solchermaßen ehre und für euch sorge, wie könnte unser Gott, der um vieles größer ist als ich, anders handeln? Nein, meine Freunde, die Liebe Gottes zu euch ist tiefer als jede Liebe, die ihr hier jemals erfahren könnt. Selbst meine Liebe zu euch ist verglichen damit nur ein Abglanz.

 

Wir alle sind die Kinder eines liebenden Gottes. Dessen seid gewiss. Alles, was Gott mir geschenkt hat, wird auch euch gegeben werden, sobald ihr bereit seid, es zu empfangen. Dann wird es keine Rolle mehr spielen, aus wessen Händen ihr die Gabe empfangt, denn alle, die ihm dienen, teilen seine Liebe für euch und dehnen seinen Segen jetzt und für alle Zeit auf euch aus.

Ihr Lieben, verzweifelt nicht. Öffnet eure Herzen und fühlt meine Liebe für euch. Nehmt meine Hand, wann immer ihr ihrer bedürft. Auch wenn es oft so scheint, als ob ihr allein auf diesem Pfad wandelt, wisst, dass ich an eurer Seite bin, wenn ihr nach mir ruft.

So sei eure Reise gesegnet! Bald kommt ihr nach Hause. Wisst, dass ich bis dahin den Platz für euch bereithalte.

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BUCH I

 

BEDINGUNGSLOS LIEBEN

 

 

Ich bin die Tür

zur bedingungslosen Liebe.

Gehst du hindurch,

so wirst auch du zu dieser Tür.

Vorwort des Autors

 

Das Licht Christi ist in uns allen.

 

Wenn du dir Jesus als ein Wesen außerhalb deines Geistes vorstellst, übersiehst du das Wesentliche. Denn Jesus spricht zu dir in deinem Geist. Er ist dein intimster Freund, der dich anspricht, manchmal mit Worten und manchmal jenseits der Worte. Deine Kommunikation und Kommunion mit ihm ist entscheidend dafür, wie du seine Lehre praktizierst.

In jedem von uns ist ein kleiner Funken des Lichts, der in der Finsternis unserer Unbewusstheit leuchtet. Es ist der göttliche Funke des Bewusstseins, der unsere Verbindung zu Gott am Leben hält. Dieser Funke verbindet uns auch mit dem göttlichen Lehrer in unserer Tradition und mit der Göttlichkeit in unseren Brüdern und Schwestern.

Wie Jesus in diesem Buch darlegt, würde sich alle Dunkelheit in unserer Wahrnehmung und unseren Erfahrungen auflösen und die Welt, wie wir sie kennen, würde verschwinden, wenn wir nur diesen Funken in jedem von uns sehen könnten. So hält die Liebe Einzug in unserem Herzen und in dem unserer Brüder und Schwestern.

Begehe nicht den Fehler, zu glauben, dass irgendeine der Widerspiegelungen des Christusgeistes nach etwas anderem strebt als der Errichtung des Königreichs der Liebe in unserem Geist und unserem Herzen. Das ist sein einziges Ziel. Daran arbeitet der heilige Franziskus genauso wie der Baal Shem Tow oder Rumi. Die Aufspaltung in einzelne Religionen ist ein Relikt dieser Welt. Im Christusgeist, wo alle Wesen auf dasselbe Ziel hinarbeiten, existieren solche Grenzen nicht. Wir können uns das nur schwer vorstellen, aber so ist es.

Es gibt niemanden, der in der jüdisch-christlichen Tradition aufgewachsen ist und nicht mit dem Leben und den Lehren Jesu seinen Frieden machen müsste. Das gilt für Christen und Juden gleichermaßen. Es gilt auch für Agnostiker und Atheisten. Alle, die Jesus ablehnen oder ihn auf ein Podest stellen, haben seine Lehre missverstanden. Daher sind für uns alle Korrekturen nötig. Jesus hat eine ganz bestimmte Botschaft für jeden von uns, die uns helfen wird, unsere Schuld aufzulösen und durch unsere Angst hindurchzugehen.

 

Kein Jünger Jesu vertritt irgendeine Form von Abschottung. Er übt sich in Liebe und Vergebung für alle Wesen, einschließlich seiner selbst. Er umarmt den Juden, den Muslim und den Hindu als seinen Bruder. Er versucht nicht, andere zu bekehren, sondern ruht fest in seinem eigenen Glauben. Er glaubt auch nicht, dass denjenigen, die sich für einen anderen Weg entscheiden, das Heil vorenthalten wird. Ein wahrer Jünger Jesu weiß, dass Gott uns auf vielen Wegen nach Hause führen kann, und zweifelt niemals an diesem Ergebnis.

Jeder von uns kann eine persönliche Beziehung mit Jesus eingehen. Diese Beziehung entsteht einfach dadurch, dass wir sie wollen und auf sie vertrauen. Dazu bedarf es keiner Technik, keiner Anrufung, keiner esoterischen spirituellen Praxis. Der einfache, authentische Wunsch nach seiner Freundschaft und seiner Führung ist alles, was nötig ist.

Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass Jesus für uns keine Autoritätsfigur sein will. In der Tat akzeptiert er keine Autorität außer der Autorität Gottes. Er will lediglich, dass wir seine Hand als seinesgleichen ergreifen und dass wir uns unseren Nächsten mit demselben Respekt und der Absicht zuwenden, sie als Gleichgestellte zu behandeln. Seine Lehre mag einfach sein, aber sie erfordert all unsere Aufmerksamkeit, all unsere Energie und all unsere Hingabe, wenn wir sie in die Tat umsetzen wollen.

Letztlich hört das menschliche Leiden nur dann auf, wenn wir alle zusammen entscheiden, dass wir genug gelitten haben. Jeder von uns beginnt auf seine Weise nach einem besseren Weg zu suchen. Glaubst du, Jesus würde dich jetzt verlassen? Glaubst du, der kleine Funke in deinem Herzen und deinem Geist wird verlöschen aufgrund deiner Angst, deiner Schuld und deines Schmerzes? Das kann nicht geschehen.

Denn sein Licht ist in uns und kann nicht anders, als zu leuchten, wenn wir es rufen. Das Licht Christi ist in uns allen. Lasst es uns zusammen anrufen, im Namen der Liebe.

 

Paul Ferrini, Santa Fe, New Mexico

Dezember 1993

1

 

Meisterschaft über die Gedanken

 

Ein einziger wahrhafter Gedanke

stellt das Reich wieder her.

 

Meine Lehre wurde verfälscht und wird auch weiterhin verfälscht werden, weil sie eine Bedrohung für jeden Gedanken der Falschheit ist. Und wenn Gedanken der Falschheit solchermaßen bedroht werden, greifen sie nach meiner Lehre und versuchen, sie für ihre Zwecke umzuformen. Und so dauert es nicht lange, bis die Worte, die mir zugeschrieben werden, das Gegenteil von dem sind, was ich gesagt habe.

Daher bitte ich euch, wachsam zu sein. Leistet der Verfälschung keinen Widerstand, greift sie nicht an und versucht nicht, sie in Misskredit zu bringen, denn all das wird sie nur stärker machen. Aber in euch selbst bewahrt einen klaren Geist und verwerft das Falsche um der Wahrheit willen. Ein einziger falscher Gedanke kann den Geist, der ihn denkt, zur Verzweiflung treiben. Aber ein einziger wahrer Gedanke stellt das Reich Gottes wieder her. Wählt eure Gedanken also in Weisheit. Und wenn ihr unsicher seid, was ihr denken sollt, dann kommt mit eurem Zwiespalt zu mir.

Meisterschaft über eure Gedanken ist entscheidend für eure Erleuchtung. Denn in euren Gedanken entscheidet ihr euch, an meiner Seite zu schreiten oder euch von mir abzuwenden.

Wenn ihr mir gleich werden wollt, müsst ihr lernen, wie ich zu denken. Und wenn ihr lernen wollt, wie ich zu denken, müsst ihr jeden Gedanken in meine Hände legen. Ich werde euch sagen, ob er hilfreich ist oder nicht. Gedanken, die nicht hilfreich sind, müssen verworfen werden. Das ist die Essenz der geistigen Übung. Nur an segensreichen Gedanken, die euch an die Wahrheit erinnern, sollt ihr festhalten.

 

 

Das Grundproblem

Du benutzt jeden Menschen,

der dir begegnet als Spiegel,

der dir zeigt, was du von dir selbst glaubst.

 

Wie all deine Brüder und Schwestern leidest du an einem grundlegenden Gefühl der Unvollkommenheit und Wertlosigkeit. Du hast das Gefühl, schreckliche Fehler gemacht zu haben, die dich früher oder später einholen werden. Du erwartest, für deine Sünden bestraft zu werden, und wartest darauf, dass der Streich fällt. Diese unbewältigten Selbstwert-Themen sind der Grund für deine Existenz in diesem Körper. Mit anderen Worten: Du bist hier, um genau das zu bearbeiten. Du hast deine Eltern gewählt, damit sie deine Scham vergrößern, sodass du dir ihrer bewusst werden konntest. Das heißt, dass es dir nicht helfen wird, die Bedingungen loszulassen, unter die du die Liebe gestellt hast, wenn du ihnen die Schuld gibst.

Es wird dir auch nichts nützen, eine besondere Person zu suchen, um die Liebe zu bekommen, die dir deine Eltern nicht geben konnten. Das erhöht nur die Temperatur im Dampfkochtopf. Sei nicht überrascht, wenn der Gefährte, den du dir ausgesucht hast, die perfekte Verkörperung des Elternteils ist, mit dem du am dringendsten ins Reine kommen musst. Dein Leben ist so angelegt, dass du nicht umhinkommst, deinen Wunden direkt ins Auge zu sehen. Eltern, Ehepartner und Kinder sind hier, um dir zu helfen, dir der Notwendigkeit deiner Heilung bewusst zu werden, und du erfüllst in ihrem Leben dieselbe Funktion.

In einer Welt der Bedingungen nach bedingungsloser Liebe zu suchen muss unvermeidlich scheitern. Weil alles Handeln deiner Brüder und Schwestern auf Scham beruht, können sie dir die Liebe, von der du weißt, dass du sie verdient hast, nicht geben, und du kannst es genauso wenig. Das Beste, was ihr tun könnt, ist, einander das Bewusstsein für die Liebe zu schärfen, die ihr braucht, und anzufangen, Verantwortung zu übernehmen, indem ihr sie euch selbst gebt.

Wenn du nicht die Verantwortung dafür übernimmst, deinen Verletzungen mit Liebe zu begegnen, wirst du niemals aus dem Teufelskreis von Schuldzuweisungen und Scham ausbrechen. Deine Gefühle der Wut, der Verletztheit und des Verrats, die alle so gerechtfertigt erscheinen, gießen nur Öl ins Feuer eurer zwischenmenschlichen Konflikte und verstärken permanent deinen unbewussten Glauben, nicht liebenswert zu sein.

Du musst lernen, das Ausmaß deines Selbsthasses zu begreifen. Solange du nicht in den Spiegel schaust und dort deine Glaubenssätze reflektiert siehst, wirst du alle Brüder und Schwestern, denen du begegnest, als Spiegel benutzen, der dir zeigt, was du von dir selbst glaubst. Obgleich diese Praxis dir das vorliegende Muster irgendwann bewusst machen kann, ist sie doch keineswegs der kürzeste oder leichteste Weg nach Hause, denn du neigst stets dazu, zu glauben, dass das, was du siehst, die Lektion eines anderen ist.

Wenn du die Bösartigkeit der Welt hinter dir lassen willst, musst du das Spiel des Projizierens aufgeben. Es ist wirklich paradox, aber sobald du deine Unschuld auf Kosten deines Bruders beteuerst, verstärkst du gleichzeitig deine unbewussten Gefühle der Scham und Minderwertigkeit.

Es gibt nur einen Weg aus dem Teufelskreis der Schuld: Höre auf, andere zu beschuldigen. Doch sei gewarnt: Wenn du das Rad des Leidens hinter dir lassen willst, könntest du feststellen, dass du nicht mehr besonders beliebt bist. Die, die das Spiel der Projektionen in dieser Welt nicht mitmachen, sind die Ersten, die angegriffen werden. Wenn du irgendetwas aus meinem Lebensweg lernen kannst, dann das.

 

 

Die Vergeblichkeit des Strafens

Du kannst nicht auf lieblose Art lieben.

Du kannst nicht die Falschheit angreifen

und recht haben.

 

In der menschlichen Gesellschaft gibt es »Richtig« und »Falsch«. Diejenigen, die richtig handeln, werden belohnt und die, die falsch handeln, bestraft. So war es schon immer.

 

Meine Lehre ist eine Bedrohung für diesen Grundsatz. Oberflächlich betrachtet stellt sie die Vorstellung infrage, dass Verfehlungen bestraft werden sollten. Angesichts des Rufs nach Vergeltung bin ich für die Vergebung eingetreten und werde das auch immer tun.

Auf einer tieferen Ebene stellt meine Lehre grundsätzlich infrage, ob jemand wegen seines Verhaltens verurteilt werden sollte. Wenn jemand falsch handelt, dann liegt das daran, dass er falsche Gedanken denkt. Wenn er erkennen kann, dass seine Gedanken nicht wahr sind, kann er sein Verhalten ändern. Und es ist im Interesse der Gesellschaft, ihm dabei zu helfen. Wird er aber bestraft, bestärkt man ihn in seinen falschen Vorstellungen, die nun auch mit Schuld beladen werden. Ihr kennt den Ausdruck »Ein Unrecht hebt das andere nicht auf«. Das ist die Essenz meiner Lehre. Alle Verfehlungen müssen auf die rechte Weise geheilt werden. Sonst ist die Korrektur ein Angriff.

Wer versucht, einen falschen Gedanken zu bezwingen oder zu bekämpfen, stärkt ihn. Das ist der Weg der Gewalt. Mein Weg ist gewaltlos. Er weist durch seinen Umgang mit dem Problem auf die Antwort hin. Er bringt denen, die leiden, Liebe statt Aggression. Seine Mittel stehen im Einklang mit seinen Zielen. Unrecht zu tun heißt, Schuld zu lehren und weiter den Glauben zu nähren, Leiden und Schmerz seien notwendig. Etwas zurechtzurücken bedeutet, Liebe zu lehren und ihre Macht, alles Leiden zu überwinden, unter Beweis zu stellen. Um es mit einfachen Worten zu sagen: Ihr seid nie im Recht, wenn ihr das Falsche tut, und liegt niemals falsch, wenn ihr etwas zurechtrückt. Um »im Recht« zu sein, müsst ihr richtig handeln.

Ihr könnt nicht auf lieblose Art lieben. Ihr könnt nicht recht haben und die Falschheit angreifen. Ein Irrtum muss aufgeklärt werden. Und da jeder Irrtum auf Angst beruht, wird nur die Überwindung der Angst seine Berichtigung bewirken. Liebe ist die einzige Antwort auf eure Angst. Wenn ihr das nicht glaubt, dann probiert es aus. Richtet eure Liebe auf eine Person oder Situation, die Angst in euch auslöst, und die Angst wird verschwinden. Das ist die Wahrheit, und zwar nicht, weil Liebe ein Gegenmittel gegen Angst ist, sondern weil Angst die »Abwesenheit von Liebe« ist. Also kann nirgends Angst sein, Liebe ist.

 

 

Selbstvergebung

Wer sich nicht selbst vergibt,

wird nimmer von Schuld befreit.

 

Dein Gefühl der Unzulänglichkeit und Wertlosigkeit ist der Grund für deine Angst vor Vergeltung. Wenn du glaubst, dass mit dir etwas nicht stimmt oder dass du etwas Falsches getan hast, fürchtest du, bestraft zu werden. Und dann wirst du dich gegen all die eingebildeten Angriffe zu verteidigen versuchen. Immer wenn du das Gefühl hast, dass jemand deinen Wert infrage stellt, wirst du bereit sein, ihn seinerseits zur Zielscheibe zu machen. Das gesamte Drama von Schuld und Vergeltung spielt sich lediglich in deinem Kopf ab. Wenn du es nach außen projizierst, wirst du andere hineinziehen und es gemeinsam mit ihnen bewältigen müssen. Das macht alles nur noch schwieriger. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass du gemeinsam mit anderen ein Problem bewältigen kannst, wenn du deinen eigenen Anteil daran nicht siehst.

Fang also besser damit an, die Aufmerksamkeit auf deine eigenen Gedanken zu richten. So wirst du nicht nur herausfinden, dass Schuld die Wurzel allen Leidens ist, sondern auch, dass es notwendig ist, dir selbst zu vergeben. Ohne diese Selbstvergebung gibt es keine Befreiung von der Schuld.

Das Drama der Erlösung spielt sich ebenfalls in deinem Geist ab. Richter und Geschworene leben in deinen eigenen Gedanken. Du hast deine Schuld festgesetzt und nun musst du sie auflösen. Solange du deine Schuld nicht aufgelöst hast, kannst du deine Unschuld nicht entdecken. Der gesamte Prozess der Vergebung dreht sich nur darum. Er hat nichts damit zu tun, anderen zu vergeben. Es geht einzig und allein darum, dass du dir vergibst, deine Schuld festgesetzt zu haben.

 

 

Dein Bruder

Diejenigen, die anderen ihre Vergebung vorenthalten,

enthalten sie sich nur selbst vor.

 

Wenn du deinem Bruder seine Verfehlungen vergibst, ist das nur hilfreich, wenn es ihm hilft, sich selbst zu vergeben. Genauso hilft dir die Vergebung deines Bruders nur, wenn du dir dadurch selbst vergeben kannst.

Die Vergebung des anderen ist nur dann notwendig, wenn du glaubst, dass sie es ist. Wenn du das glaubst – und die meisten Menschen tun es – ist es wichtig, Wiedergutmachung zu leisten. Andere um Vergebung zu bitten zeigt, dass du bereit bist, deine Einstellung zu dem, was geschehen ist, zu verändern.

Begehe jedoch nicht den Fehler, deinem Bruder die »Macht« einzuräumen, dir zu vergeben. So projizierst du die Macht nach außen, und dort kann sie niemals sein. Bitte ihn um Vergebung aber, glaube nicht, du könntest sie nie erlangen, wenn er sie dir vorenthält. Tatsächlich ist dir immer schon vergeben.

Diejenigen, die anderen ihre Vergebung vorenthalten, enthalten sie sich nur selbst vor. Du stehst vor einer einfachen Entscheidung: deinen Bruder für schuldig oder für unschuldig zu befinden. Diese Entscheidung musst du immer wieder treffen, an jedem Tag, in jeder Stunde, in jedem Augenblick. Mit jedem Gedanken kerkerst du deinen Bruder entweder ein oder du lässt ihn frei. Und dasselbe Urteil, das du über ihn fällst, fällst du auch über dich selbst. Du kannst weder in den Himmel kommen, wenn du deinen Bruder herabsetzt, noch, wenn du versuchst, ihn zu tragen. Jedem von uns sind die Mittel gegeben, die eigene Unschuld zu entdecken. Erkenne deinen Bruder einfach an und segne ihn auf seinem Weg. Wenn er dich um Hilfe bittet, gewähre sie ihm freudigen Herzens. Versuche jedoch nicht, für ihn zu tun, was er selbst leisten muss.

Angemessene Grenzen sind notwendig, wenn ihr über sie hinauswachsen wollt. Mache deinen Bruder nicht für deinen Frieden und dein Glück verantwortlich und übernimm auch keine Verantwortung für seinen Frieden und sein Glück. Er ist nicht hier, um dich zu retten, noch bist du hier, um ihn zu retten. Lass aber allen Groll los, den du gegen deinen Bruder hegst. Enthalte ihm deine Liebe in keiner Weise vor. Denn wenn du versuchst, sein Glück von ihm fernzuhalten, bedeutet das nichts anderes, als dass du ihn angreifst und dich selbst weiterhin im Gefängnis von Angst und Schuld einsperrst.

Weiche dem Ruf deines Bruders nach Hilfe nicht aus. Lass ihn an deiner Seite arbeiten, solange er will. Und wenn er zu gehen bereit ist, wünsche ihm alles Gute. Gib ihm Nahrung und Wasser mit auf seine Reise. Binde ihn nicht an dich und zwinge ihn nicht, gegen seinen Willen bei dir zu bleiben.

Die Freiheit deines Bruders ist ein Symbol für deine eigene. Heiße ihn willkommen, wenn er kommt, und sage ihm Lebwohl, wenn er geht. Mehr kannst du nicht tun. Aber das ist genug. Wenn du dich um jeden Fremden auf diese Weise kümmerst, zeige ich dir eine Welt, in die das Vertrauen zurückgekehrt ist und in der die Güte regiert.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Nimm ihn genauso wichtig. Opfere dich nicht für ihn auf und bitte ihn auch nicht, sich für dich aufzuopfern, sondern hilf ihm, wenn du kannst, und nimm seine Hilfe dankbar an, wenn du sie brauchst. Dieser einfache und würdevolle Austausch entspringt einer Haltung der Liebe und Akzeptanz. Er beweist gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung. Mehr als das ist zu viel. Weniger ist zu wenig.

 

 

Interpretation

Nur weil ihr die Wahrheit verdreht habt,

bedeutet das nicht, dass sie nicht länger wahr ist.

 

Du interpretierst die Dinge, die in deinem Leben geschehen, entsprechend deiner zentralen Glaubenssätze und der Gefühle, die sie in dir auslösen. Wenn deine Erwartungen nicht erfüllt werden, empfängst du lediglich eine Korrektur. So wird dir gezeigt, dass du nicht die gesamte Wahrheit einer Situation erfasst. Du wirst aufgefordert, deine Wahrnehmung zu erweitern. Eine Korrektur ist kein Angriff. Sie ist auch keine Strafe.

 

Die Wahrnehmung, dass du angegriffen oder bestraft wirst, wenn sich die Dinge nicht so entwickeln, wie du es dir vorstellst, entspringt einzig und allein deinen Schuldgefühlen. Ohne sie würdest du die Korrektur dankbar annehmen, und deine Wahrnehmung würde sich so ausdehnen, dass du die neue Information aufnehmen könntest.

Alle Erfahrungen dienen nur einem einzigen Zweck: der Erweiterung des Bewusstseins. Jede andere Bedeutung, die du in deine Lebenserfahrungen hineinlegst, hast du erfunden. Vielleicht ent- scheidest du dich nicht bewusst für das, was dir widerfährt, aber du interpretierst es zweifellos in Übereinstimmung mit deinen Glaubenssätzen.

Deine Freiheit besteht hauptsächlich darin, aus den Erfahrungen zu lernen, die deinen Weg kreuzen. Du kannst dich natürlich auch weigern, aus ihnen zu lernen. Aber diese Entscheidung führt ins Leiden. Wenn du das jetzt noch nicht erkannt hast, wirst du es sicher bald erkennen.

Andererseits kannst du dein Leiden beenden, indem du deine Erfahrungen akzeptierst und aus ihnen lernst. Wenn du dein Leben so, wie es ist, annimmst, empfängst du eine Korrektur, und dein Denken kommt in Einklang mit dem göttlichen Geist.

Das Leben ist entweder Widerstand oder Hingabe. Das sind die einzigen Alternativen. Hingabe führt zur Seligkeit. Widerstand ist die Entscheidung, auf sich allein gestellt zu agieren. Wenn du dich hingibst, entscheidest du dich, mit Gott zu handeln. Du kannst nicht dadurch Freude erfahren, dass du den Gedanken und Handlungen anderer Menschen Widerstand leistest. Freude erfährst du nur, indem du der Wahrheit in deinem Herzen treu bleibst. Und diese Wahrheit weist andere nie zurück, sondern lädt sie ein.

Die Wahrheit ist eine Tür, die immer offen steht. Du kannst sie nicht schließen. Du kannst dich entscheiden, nicht hindurchzugehen. Du kannst die entgegengesetzte Richtung wählen. Aber du kannst niemals sagen: »Ich habe versucht einzutreten, aber die Tür war verschlossen.« Sie ist weder für dich noch für irgendeinen anderen Menschen jemals verschlossen.

Wenn du das Gefühl hast, dass dir die Tür vor der Nase zugeschlagen wurde, dann beruht deine Interpretation deiner Erfahrungen auf Angst. Und was du glaubst, kann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.

Ihr alle seid Meister im Verdrehen der Wahrheit. Ihr seid kreativ genug, allem die Bedeutung zu geben, die es eurer Meinung nach haben soll. Ihr könnt ein Ja zu einem Nein machen und etwas Falsches zu etwas Richtigem. So stark ist eure Einbildungskraft.

Aber nur, weil ihr die Wahrheit verdreht habt, bedeutet das nicht, dass sie nicht länger wahr ist. Es bedeutet nur, dass es euch gelungen ist, sie vor euch selbst zu verstecken.

Wie du deine Erfahrungen interpretierst, ist also ziemlich wichtig. Akzeptierst du es als Korrektur, wenn deine Erwartungen nicht erfüllt werden, oder beharrst du darauf, dass du unfair behandelt wurdest? Bist du ein Opfer der Ereignisse oder jemand, der aus ihnen lernt? Erlebst du das Geschehene als Segen oder als Strafe? Alle diese Fragen musst du dir stellen.

Jede Erfahrung ist eine Gelegenheit, die Wahrheit willkommen zu heißen und deine Illusionen zu verwerfen. In dieser Hinsicht ist keine Erfahrung besser oder schlechter als die andere. Alle Erfahrungen haben dasselbe Potenzial. Sie sind nur Geburtshelfer für deine eigene Göttlichkeit.

 

 

Das Bedürfnis nach Wundern

Jedes Wunder beweist, dass Liebe stärker ist als Angst.

 

Wunder sind Beweise für das Wirken des göttlichen Geistes in eurem Geist und eurer Erfahrung. Wenn du ein Wunder erfahren willst, musst du sicher sein, dass du es brauchst, aufrichtig darum bitten und bereit sein, es zu empfangen. Dann kann es sich in deinem Bewusstsein und deiner Erfahrung manifestieren. Unglücklicherweise erkennt ihr ein Wunder oftmals selbst dann nicht, wenn es sich in eurem Leben manifestiert hat, weil ihr eine bestimmte Vorstellung davon habt, wie es aussehen müsste. Ihr bemerkt es also vielleicht gar nicht, selbst wenn es vor eurer Tür geschieht. Wozu nützt ein Wunder, das du nicht entdecken kannst? Lass einfach deine Vorstellungen und Erwartungen los, um die Lösung, die Gott für dich bereithält, in dein Herz und deinen Geist einzulassen. Sei offen für Veränderungen und erlaube ihnen, sich dir zu offenbaren.

Manch einer unter euch mag fragen: »Warum gibt mir Gott nicht das Wunder, um das ich ihn bitte?« Das liegt schlicht daran, dass dich das Wunder, um das du bittest, möglicherweise gar nicht von deiner Angst befreien würde. Somit ist es gar nicht wunderbar, und deine Angst wird einfach die Umstände wiederherstellen, die du zu ändern hofftest.

Ohne einen Bewusstseinswandel kann es keine Veränderung in den äußeren Umständen geben. Sei also demütig und empfänglich. Versuche nicht, Gott zu sagen, wie er deine Bedürfnisse befriedigen soll. Lass deine Lösung los und öffne dich für seine.

 

 

Form und Inhalt

Jeder Moment ist immer neu, und jede Situation

stellt neue Anforderungen an dich.

 

Wenn du versuchst, die perfekte Form zu finden – den perfekten Job, die perfekte Beziehung –, wirst du nur ständig frustriert sein. In dieser Hinsicht gibt es keine Vollkommenheit in der Welt. Sie bietet dir lediglich eine Gelegenheit, zu wachsen und dich zu ändern, was auch gar nicht schwer ist, wenn du nicht an der äußeren Form haftest.

Wenn du nicht an einer bestimmten Form hängst, bleibst du aufmerksam in der Gegenwart, wo jeder Moment neu ist und jede Situation neue Anforderungen an dich heranträgt. Du bleibst bei dem, was geschieht, sodass du in der Lage bist, das anzunehmen, was ist, und entsprechend darauf zu reagieren.

Wenn du nach Perfektion oder Vorhersehbarkeit strebst, musst du erkennen, dass dir die Welt das nicht bieten kann. In dieser Welt ist alles einem ständigen Wandlungsprozess unterworfen. Nichts ist von Dauer oder vorhersehbar. Es gibt nichts, was dir mehr als eine bestenfalls vorübergehende Sicherheit bieten kann. Gedanken kommen und gehen. Beziehungen fangen an und enden. Körper werden geboren und scheiden dahin. Alles, was die Welt euch zu bieten hat, ist Vergänglichkeit, Wachstum, Veränderung. Auf der Ebene der Form gibt es keine Dauerhaftigkeit.

 

 

Bedingungslos lieben

Wenn du die Liebe mit Bedingungen verknüpfst,

erfährst du Bedingungen, nicht Liebe.

 

Das Allumfassende, alles Akzeptierende und alles Liebende, kann nicht auf eine bestimmte Form begrenzt werden. Die Liebe wählt nicht: weder den Geliebten noch den Augenblick, in dem sie sich zeigt. Sie streckt ihre Fühler zu jeder Zeit nach allen aus. Sie kennt keine Bedingungen; das heißt, sie ist »formlos«.

Bedeutet das, dass wir in dieser Welt keine Liebe erleben können? Natürlich nicht! Doch deine Erfahrung der Liebe verringert sich in dem Maße, in dem du versuchst, sie zu kontrollieren und zu interpretieren. Interpretieren erlegt dem, was bedingungslos sein muss, Bedingungen auf. Wenn du die Liebe mit Bedingungen verknüpfst, erfährst du Bedingungen, nicht Liebe. Du begegnest der Form, nicht dem Inhalt.

Um irgendetwas in dieser Welt zu verstehen, musst du lernen, die schöpferische Absicht hinter der Form zu sehen. Wenn sich die Absicht ändert, ändert sich auch die Form, die der äußerlich sichtbare Ausdruck dieser Absicht ist.

Jede Situation in deinem Leben bietet dir eine Gelegenheit, mehr Nähe und Freiheit zu erleben. Wenn du mehr Menschen tiefer liebst, klammerst du dich weniger an einzelne. Du schwingst dich ein auf die Energie der göttlichen Liebe, die jenseits des Körpers existiert – in der Tat jenseits jeglicher Form.

In jedem Augenblick wirst du aufgefordert, die Form zu nutzen, die dir gerade zur Verfügung steht. Dazu musst du flexibel und aufnahmebereit und dennoch in Einklang mit deiner inneren Absicht sein. Lass Nähe zu, ohne zu versuchen, sie zu definieren oder zu kontrollieren, und du wirst weder von der Form eingeschränkt noch wirst du besessen von ihr sein. Du wirst frei sein, die Dinge spontan zu kreieren.

 

 

Sich für das Göttliche öffnen

Es gibt keinen Menschen,

der deine Vergebung und Liebe nicht verdient hat.

 

In einer Welt, in der es nur »gute« Gedanken gibt, ist Vergleichen unmöglich. Ohne Vergleich gibt es keine Interpretation, sodass es auch kein Versagen, keine Strafe, kein Opfer und kein Leiden geben kann. Kannst du dir eine solche strahlende, schuldlose Welt vorstellen? Es mag dir seltsam vorkommen, dass eine solche Welt existieren kann, aber es ist nicht schwerer, sie zu erschaffen als die, in der ihr lebt! Du kannst jetzt anfangen, an dieser neuen Welt zu bauen, indem du verstehst, dass es nichts Böses gibt, sondern nur das Gute in dir und deinem Bruder. Kein Kind Gottes kann schlecht sein. Schlimmstenfalls ist jemand verletzt. Schlimmstenfalls greift er andere an und gibt ih-nen die Schuld für seinen Schmerz, aber er ist nicht schlecht.

Ja, so tief muss dein Mitgefühl sein. Es gibt keinen Menschen, der deine Vergebung nicht verdient hat. Es gibt keinen Menschen, der deine Liebe nicht verdient hat.

Nur einer, der Angst hat, verurteilt seinen Nächsten. Bist du dem Würgegriff der Angst entronnen? Wenn nicht, dann mach dir deine Angst bewusst. Wenn du deine eigene Angst siehst, wirst du andere nicht verurteilen, denn dann erkennst du auch, dass Angst stets deine Wahrnehmung verzerrt.

Erkenne deine Angst und sei ehrlich mit dir selbst und mit anderen. Gestehe dir ein: »In diesem Augenblick bin ich voller Furcht und kann die Wahrheit nicht sehen.«

Verzichte auf deine Urteile, denn sie sind nur ein bedeutungsloser Angriff gegen einen, dessen Wert du nicht erkennen kannst. Gib deine Urteile an mich ab. Sprich die Wahrheit: »Jesus, ich bin außerstande, diesen Bruder im rechten Licht zu sehen, denn ich urteile über ihn. Hilf mir, meine Urteile loszulassen und zu verstehen, welche Angst sein Verhalten in mir auslöst.« Jedes Urteil, das du über deinen Bruder fällst, gibt deutlich Auskunft darüber, was du an dir selbst hasst oder nicht annehmen kannst. Du könntest einen anderen Menschen gar nicht hassen, wenn er dich nicht an dich selbst erinnerte.

Deshalb muss auch jeder Versuch, Wut, Angst und Verurteilung zu rechtfertigen, kläglich scheitern. Du versuchst damit nur, einen anderen für deine eigenen Fehler verantwortlich zu machen. Das ist ein Mangel an Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Du hast die Möglichkeit, Angst und Verurteilung vollkommen zu überwinden, und dennoch versuchst du, sie weiterhin zu rechtfertigen. Warum? Weil du deine eigenen Fehler nicht eingestehen kannst.

Du leidest lieber, als zuzugeben, dass du einen Fehler gemacht hast. Du tust lieber so, als wärst du vollkommen, anstatt einzusehen, dass du noch zu lernen hast. Welch unbegreiflicher Stolz! Wie kann ich jemanden bei der Hand nehmen, der trotz seines Schmerzes darauf besteht, dass er vollkommen ist? Ich kann dir nicht helfen, wenn du es nicht zulässt.

Sich zu irren ist nicht schlimm. Deshalb werden dir weder Liebe noch Akzeptanz vorenthalten. Du glaubst das, aber es ist nur Einbildung. Was dich der Liebe beraubt, ist dein Beharren darauf, im Recht zu sein, auch wenn du es nicht bist. Das macht jede Korrektur unmöglich.

Bitte versuche, das zu verstehen. Sich zu irren bedeutet nicht, »böse« zu sein, und Recht zu haben bedeutet nicht, »gut« zu sein. Jeder von euch wird jeden Tag hundert Mal recht haben und hundert Mal nicht. Ich sage euch, dass ihr nicht einmal zählen könnt, wie oft ihr im Lauf eurer Lebensreise recht habt und wie oft nicht.

Diese Welt ist eine Schule, und ihr seid hierhergekommen, um zu lernen. Lernen bedeutet, Fehler zu machen und sie zu korrigieren. Es bedeutet nicht, immer recht zu haben. Wozu solltet ihr noch in die Schule gehen, wenn ihr immer recht hättet?

Sei demütig, mein Freund. Du bist hier, um zu lernen, und musst das akzeptieren, wenn du deine Lektionen meistern willst. Wenn du nicht zugibst, dass du einen Fehler gemacht hast, kann ich dir nicht helfen, ihn zu korrigieren.

 

Aber wenn du deinen Fehler einräumst, wird er korrigiert, und du erfährst Vergebung. Dies ist der Weg, den ich euch bereitet habe.

Versuche nicht, vollkommen zu sein, mein Freund. Dieses Ziel ist nicht angemessen. Nur jene, die sich dafür entscheiden, lange und schwer zu leiden, wollen vollkommen sein. Wünsche dir stattdessen, jeden deiner Fehler zu erkennen und aus ihm zu lernen.

Vollkommenheit kommt nur dann spontan und mühelos, wenn du die Wahrheit sagst, wenn du deinen Wunsch loslässt, andere zu beeindrucken, und deinen falschen Stolz aufgibst.

Diejenigen, die um eine Korrektur bitten, werden sie erhalten. Nicht weil sie besser wären als andere, sondern lediglich, weil sie darum bitten.

Aber verurteile nicht die, die nicht bereit sind, ihre Fehler zuzugeben. Gib einfach nur deine eigenen zu und überlasse Gott den Rest.

Teile deine Erfahrungen mit anderen, aber versuche nicht, sie ihnen aufzudrängen. Denn du weißt nicht, was die anderen brauchen, und es ist auch nicht an dir, das zu wissen.

Erinnere dich an das Gute in deinem Bruder. Erinnere dich an das Gute in dir selbst. Lass alle Ängste und Urteile sich auflösen, wo sie entstehen. Räume deine Fehler ein und sei nachsichtig gegenüber den Fehlern anderer. Das ist es, worum ich euch bitte.

Es ist einfach, nicht wahr? So einfach, dass du es immer wieder vergessen wirst. Aber lass dich nicht entmutigen. Wenn du dich erst einmal entschieden hast, dass du genau das willst, gelangst du unweigerlich nach Hause.