STAR TREK hatte zunächst den Ruf, eine zu anspruchsvolle Serie zu sein:

LA FORGE: »Captain! Anscheinend war wieder die Zeit stehen geblieben. Laut meinen Instrumenten wurden wir gerade erst jetzt von unserer Rettungsmission zurückgebeamt.«

DATA: »Sir. Wie kommt es, dass Q und seinesgleichen so gut mit Raum und Zeit umgehen können und so schlecht mit uns?«

PICARD: »Vielleicht erkennen wir eines Tages, dass Raum und Zeit leichter zu handhaben sind als die menschliche Natur!«

(Zitat aus der 10. TNG-Folge der 1. Staffel, »Rikers Versuchung«)

DIES SIND DIE ABENTEUER …

50 Jahre STAR TREK – eine Erfolgsgeschichte?

Seit nunmehr 50 Jahren dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Dabei hat sie es bisher auf 726 je etwa 45 Minuten dauernde Folgen im Fernsehen und zwölf jeweils ungefähr zwei Stunden lange Kinofilme gebracht. Wenn man wollte, wäre es also möglich, 24 Tage am Stück ununterbrochen STAR TREK zu gucken! Keine andere Fernsehserie kann auf einen so anhaltenden und auch weltweit umspannenden Erfolg verweisen.

War dies alles schon vor 50 Jahren absehbar? Mitnichten! Gene Roddenberry, der Erfinder von STAR TREK, musste in den 1960er-Jahren viele Leute ganz mühsam davon überzeugen, ihm sein Konzept von der Erforschung des Weltraums überhaupt abzunehmen. Mehrmals wurde seine Idee aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt, obwohl die USA gerade das Apollo-Programm gestartet hatten, mit dem sie einen Menschen zum Mond und wieder zurück bringen wollten. Der Weltraum war also »in« – STAR TREK aber offenbar nicht. Endlich, im Jahr 1964, konnte Roddenberry den US-Fernsehsender NBC dazu bewegen, einen Pilotfilm herzustellen. Dieser Film mit dem Titel »The Cage« und mit Jeffrey Hunter in der Hauptrolle des nachdenklichen Captains Christopher Pike wurde für die damalige Zeit zwar recht aufwendig hergestellt, aber dann am Ende doch nicht ausgestrahlt.1 Seine Handlung galt als zu intellektuell und anspruchsvoll, und seine Protagonisten wurden als zu fremdartig und zum Teil sogar satanistisch empfunden. Doch Roddenberry ließ nicht locker. Er überarbeitete das Konzept und konnte schließlich im Jahr 1966 NBC für seine Serie gewinnen, die im 23. Jahrhundert angesiedelt sein sollte. STAR TREK mit dem weniger nachdenklichen und eher draufgängerischen Captain James Tiberius Kirk, gespielt von William Shatner, war geboren.

Diese Serie wird im englischen Sprachraum heutzutage als »The Original Series« bezeichnet und entsprechend mit »TOS« abgekürzt.2 Der einzige Hauptdarsteller, den man vom Pilotfilm übernommen hatte, war Leonard Nimoy in der Rolle des Ersten Offiziers Spock, der vom Planeten Vulkan stammt. Er wurde allerdings weniger fremdartig dargestellt, behielt aber zumindest seine markanten spitzen Ohren.

Die Serie startete am 8. September 1966 mit der Folge »The Man Trap«3. Insgesamt 29 Episoden wurden immer am Donnerstagabend ausgestrahlt. Das Raumschiff Enterprise gehört zu der Sternenflotte und ist im Namen der Vereinten Föderation der Planeten4, zu der auch die Erde gehört, unterwegs, um fremde Welten im Universum zu erforschen und Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass man kein großes Publikum anzog. So plante NBC, die Serie schon nach einer Staffel einzustellen, denn die durch Werbung erzielten Einnahmen waren weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Allerdings hatte sich bereits zu dieser Zeit ein harter Kern von Fans gebildet, die insbesondere die Darstellung der Technik bei STAR TREK faszinierend fanden. Sie organisierten eine groß angelegte Protestaktion, als bekannt wurde, dass die Serie eingestellt werden sollte. Davon beeindruckt, ließ NBC eine zweite Staffel von TOS produzieren, die im Herbst 1967 ins US-Fernsehen kam.5 Sie war dann aber noch erfolgloser als die erste, woran auch der neue Sendeplatz am Freitagabend nicht ganz unschuldig war. Wieder sollte die Serie aus dem Programm gekippt werden, und abermals führte eine Protestaktion der aufgebrachten Fans dazu, dass dies nicht geschah.6 Eine dritte Staffel wurde produziert und im Herbst 1968, allerdings auf einem noch deutlich schlechteren Sendeplatz, ausgestrahlt. Nun waren die Einschaltquoten so schlecht, dass selbst die größte Fanaktion nichts mehr retten konnte: Die Programmverantwortlichen von NBC ließen sich nicht mehr erweichen und schmissen die Serie aus dem Programm. Am 3. Juni 1969, exakt 47 Tage vor der ersten Mondlandung, lief damit die letzte Folge von STAR TREK im US-Fernsehen, denn auch kein anderer großer Sender wollte diese Serie ins Programm nehmen.

STAR TREK wurde also wegen chronischer Erfolglosigkeit 1969 aus dem US-Fernsehprogramm verbannt – aus heutiger Sicht völlig unfassbar, denn man hat inzwischen viele Milliarden Dollar mit der Serie umgesetzt. Was war der Grund für diese überraschende Tatsache? Das wurde inzwischen von vielen Wissenschaftlern aus den verschiedensten Gebieten untersucht. Was war so Besonderes an dieser neuen Serie, dass sie so erfolglos war? »Buck Rogers« war beispielsweise auch eine Science-Fiction-Serie, die in den USA schon seit 1928 als Comic veröffentlicht wurde und später auch im Fernsehen mit großem Erfolg lief. Also konnte der Weltraum allein nicht der Grund des Misserfolgs sein. Was aber dann? Es stellte sich ganz unerwartet heraus, dass STAR TREK tatsächlich Neuland im TV betreten hatte: STAR TREK war 1966 im US-Fernsehen eine Serie, bei der es »Gute« und »Böse« gab. Das gab es zwar in vielen Serien, aber bei STAR TREK hatten die »Bösen« zumindest immer einen guten Grund, warum sie »böse« waren.7 Diese Tatsache scheint den US-amerikanischen Zuschauer der 1960er-Jahre schlichtweg überfordert zu haben!

So wurde die Serie also abgesetzt und galt zunächst als gescheitert, wie so viele andere Serien auch, die sogar nicht einmal drei Staffeln zusammenbekommen haben.8 Dies sollte sich aber doch noch als großer Vorteil erweisen. Denn nachdem STAR TREK bei NBC ohne Erfolg ausgestrahlt worden war, konnten die vielen kleinen regionalen Privatsender in den USA die nun sehr günstigen Rechte an dieser Serie erwerben und sie in den folgenden Jahren immer wieder ausstrahlen. Dadurch verbreitete sie sich zunächst eher unterschwellig, und es entstand eine sehr solide Basis von Fans, die die Weltraumabenteuer sogar nachzuspielen begannen.9 Auch das deutsche Fernsehen griff bei den günstigen Senderechten zu. Das ZDF sicherte sie sich im Jahr 1972 für 39 der 79 TOS-Episoden und strahlte sie unter dem Titel »Raumschiff Enterprise« aus. Die restlichen wurden nicht erworben, weil sie nach Meinung der ZDF-Verantwortlichen kein ansprechendes Niveau hatten. Außerdem wurde STAR TREK als Kinderserie eingestuft und auf den Sendeplatz samstags um 18 Uhr parallel zur »Sportschau« im Ersten Programm gelegt.10

Die Crew der Enterprise der Originalserie von 1966. Hintere Reihe von links: Chefingenieur Lieutenant Commander Montgomery Scott, genannt »Scotty«, Ensign Pavel Chekov, Schwester Christine Chapel, Lieutenant Nyota Uhura und der Navigationsoffizier Lieutenant Hikaru Sulu. Vordere Reihe von links: Schiffsarzt Lieutenant Commander Dr. Leonard McCoy, genannt »Pille«, Captain James Tiberius Kirk, von seinen Freunden häufig »Jim« genannt, und Commander Spock [1]

Die Einstufung als Kinderserie im Vorabendprogramm führte auch zu teilweise drastischen Entstellungen bei der Handlung und der Synchronisation.11 Erst mit dem Aufkommen der Privatsender in Deutschland änderte sich die Situation. 1985 kaufte SAT.1 die Rechte an den restlichen 40 Episoden, ließ sie eigens synchronisieren12 und strahlte 39 von ihnen meist ungekürzt aus. Nur die Folge »Patterns of Force« traute man sich auch bei SAT.1 zunächst nicht ins Programm zu nehmen, denn hier landen Kirk und Spock auf einem Planeten mit faschistischem Herrschaftssystem, auf dem alle Personen mit Hakenkreuzbinden umherlaufen. Dies wollte noch nicht einmal ein junger Privatsender seinem Publikum zumuten, der ansonsten nicht so zimperlich war und sogar manche nicht jugendfreie Sendung im Abendprogramm ausstrahlte.13

STAR TREK verbreitete sich also auf leisen Sohlen. So kam es in den 1970er-Jahren zu dem Wunsch, die Serie wieder aufleben zu lassen. 1973 wurden 22 Zeichentrick-Episoden von STAR TREK realisiert. Allerdings war die Umsetzung so schlecht, dass man recht schnell wieder damit aufhörte. Danach wurde die Serie »STAR TREK II« geplant, 1977 wenige Tage vor Produktionsbeginn aber wieder gestoppt. Schließlich entschied man sich für einen anderen Weg und brachte 1979 den ersten STAR TREK-Film mit dem höchst »originellen« Titel »STAR TREKDer Film« in die Kinos. Er dauert zweieinhalb Stunden, und selbst hartgesottene Fans bezeichnen seine Handlung als »zäh«. Die Frankfurter Rundschau schrieb am 6. September 2004 als Ankündigung einer Wiederholung dieses Films im Fernsehen:

Star Trek – Der Film. Science Fiction, USA 1979, Kabel1, 20.15 Uhr.

Es ist schon atemberaubend, mit wie wenig man gegen Ende der 70er Weltraum-Fans glücklich machen konnte. Mehr als zwei Stunden lang dringt das Raumschiff Enterprise in ein ödes Drehbuch ein, wie es nie ein Mensch zuvor geschrieben hat, und belustigt mit Trickeffekten, die stark an die Augsburger Puppenkiste erinnern. Dennoch: ein Dokument der Zeitgeschichte. Und heute brauchen wir die USS Enterprise mehr denn je: Sie muß in die Vergangenheit reisen und verhindern, daß der blöde neue Bully-Film gedreht wird …

Egal, STAR TREK war nach zehn Jahren endlich wieder da! Und wie – es ging 1982 gleich weiter mit dem zweiten Film »STAR TREK II: Der Zorn des Khan«. Dieses Mal wurde ein wahres Feuerwerk an Action und Tricktechnik abgebrannt, und bei der Handlung bediente man sich einfach der 22. TOS-Folge der 1. Staffel mit dem Titel »Der schlafende Tiger«, die man konsequent weitererzählte. In einem dramatischen Höhepunkt opfert sich Spock am Ende für die Crew mit den Worten: »Die Bedürfnisse vieler sind wichtiger als das Wohl weniger oder eines Einzelnen!« So konnte es dann doch nicht enden, und folgerichtig kam 1984 der dritte Film mit dem Titel »STAR TREK III: Auf der Suche nach Mr. Spock« in die Kinos. Dieser Film war wieder weniger erfolgreich, weil sich auch seine Handlung arg hinzog. Spock war zwar wieder da, aber noch nicht der Alte. Also musste 1986 der vierte Film »STAR TREK IV: Zurück in die Gegenwart« gedreht werden, in dem Spock wieder so wird, wie er früher war. Durch eine Zeitreise ins Jahr 1986 enthielt der Film so viele komische Elemente, dass er sehr erfolgreich wurde und sich ein fünfter im Jahr 1989 mit dem Titel »STAR TREK V: Am Rande des Universums« anschloss. Selbst wohlwollende Fans gestehen ein, dass dieser fünfte STAR TREK-Film nur suboptimal gelungen ist. Hier deutet sich bereits an, was unter Experten als »das Gesetz der ungeraden STAR TREK-Filmnummer« bekannt ist. Jeder STAR TREK-Film mit ungerader Nummer ist nicht optimal gelungen, also der erste, dritte, fünfte usw., und jeder mit einer geraden Nummer ist hervorragend.14 Demnach müsste der sechste Film »STAR TREK VI: Das unentdeckte Land« aus dem Jahr 1991 wieder gut sein – und er ist es tatsächlich. Es war der letzte Film, bei dem die gesamte, doch schon etwas in die Jahre gekommene TOS-Crew mitgespielt hat.

Wegen der vielen Wiederholungen der TOS-Folgen im Fernsehen und aufgrund des Erfolgs der Kinofilme kam der Wunsch nach einer neuen STAR TREK-Fernsehserie wieder auf. Dies führte dazu, dass 1987 die Serie »STAR TREK – The Next Generation«, unter Fans abgekürzt als »TNG«, von den Paramount Studios neu produziert und eine erste Staffel ausgestrahlt wurde.15 Allerdings wollte man nur am Grundkonzept der friedlichen Erforschung des Weltraums im Rahmen der »Föderation« festhalten, ansonsten sollte alles anders sein, insbesondere galt zunächst das Motto: »Keine Vulkanier!« Zu sehr stand die Figur des Mr. Spock für TOS. Man wollte TNG aber ein eigenes Gesicht geben, sodass am Anfang jeder Bezug zu TOS vermieden wurde.16 Die Serie spielt im 24. Jahrhundert, also ein Jahrhundert später als TOS. Die Figur des Captains hieß nun Jean-Luc Picard, dessen Name schon seine französische Herkunft andeutet mit den entsprechend guten Manieren und einer Vorliebe für Bücher, guten Tee und gutes Essen. Er wurde gespielt von Patrick Stewart, einem Shakespeare-Darsteller, der damit einen großen Kontrast zu William Shatner und dem draufgängerischen Raufbold und Frauenhelden James T. Kirk bei TOS darstellte. Draufgänger war jetzt der Erste Offizier William Riker, oder kurz auch »Nummer Eins« genannt, gespielt von Jonathan Frakes. Die Rolle des andersartigen Crewmitglieds – bei TOS der Vulkanier Spock – wurde bei TNG einem Androiden mit dem Namen Data übertragen, der über fantastische kognitive und physische Fähigkeiten verfügt und dessen großes Ziel es ist, immer »menschlicher« zu werden. TNG wurde ein voller Erfolg und lief über sieben Staffeln mit insgesamt 178 Episoden bis zum Jahr 1994. Die Crew um Captain Picard schaffte auch den Sprung in die Kinos. Im siebten STAR TREK-Film »STAR TREK – Treffen der Generationen« wird noch der Übergang von der alten zur neuen Crew thematisiert, aber die Filme acht, neun und zehn handeln nur noch von den Abenteuern der Picard-Mannschaft.17

Mit TNG begann der eigentliche weltweite Siegeszug von STAR TREK. Bereits 1993, also noch während der Laufzeit von TNG, wurde mit »STAR TREK– Deep Space Nine«, abgekürzt als »DS9«, die dritte STAR TREK-Serie gestartet. Captain Benjamin Sisko, gespielt von Avery Brooks, ist der Befehlshaber der gleichnamigen Raumstation, die sich am Rand des Föderationsraums in unmittelbarer Nähe eines stabilen Wurmlochs befindet, welches einen schnellen Weg in den Gamma-Quadranten eröffnet.18 DS9 lief ebenfalls über die vollen sieben Staffeln mit insgesamt 176 Episoden und war damit genauso erfolgreich wie TNG. Im Jahr 1995 wurde dann die Serie »STAR TREK – Voyager«, abgekürzt als »VOY«, gestartet, die wie ihre beiden Vorgänger sehr erfolgreich war und auch wieder volle sieben Staffeln lief. Nach sieben Staffeln galt eine Crew immer als »verbraucht« – dann hatte sie jede Spezies einmal gesehen, und auch die Beziehungen untereinander konnten nicht mehr weiterentwickelt werden. Bei dieser Serie wird das Raumschiff Voyager im Pilotfilm von einer fremdartigen Macht in den Delta-Quadranten »geschleudert«, von wo es selbst mit dem besten Warp-Antrieb mehr als 70 Jahre dauern wird, um zur Erde zurückzufliegen. In insgesamt 172 Episoden sieht man, wie die Voyager-Crew einen schnelleren Weg zurück sucht und es schließlich nach sieben Jahren auch schafft.

Bei VOY konnte man ganz deutlich sehen, WAS STAR TREK neben den akkuraten technischen und physikalischen Beschreibungen immer schon von anderen Serien unterschied: Es wird eine gesellschaftliche Utopie vorgestellt. So sind auf der Erde nicht nur alle Kriege überwunden, es gibt keine sozialen Spannungen mehr, sogar das Geld wurde folgerichtig abgeschafft, und bei der Voyager befehligte mit Captain Kathryn Janeway, gespielt von Kate Mulgrew, zum ersten Mal eine Frau die Brücke. Die Gleichberechtigung hatte also auch vor STAR TREK nicht haltgemacht. In dieser Hinsicht war die Serie aber schon immer ein Vorreiter: Bei TOS gab es im November 1968 in der 12. Folge der 3. Staffel, »Platons Stiefkinder«, zwischen Nichelle Nichols als Kommunikationsoffizier Lieutenant Nyota Uhura und William Shatner als Captain Kirk den ersten Kuss zwischen Schwarz und Weiß im US-Fernsehen.19 Mit dem Japaner Lieutenant Hikaru Sulu war der Erzfeind aus dem Zweiten Weltkrieg ebenso auf der Brücke der Enterprise vertreten wie mit dem Sowjetrussen Pavel Chekov der große Gegner zu den Zeiten des Kalten Krieges.20 Und mit Benjamin Sisko bei DS9 hatte STAR TREK auch das erste Mal einen Captain mit afroamerikanischer Abstammung.

STAR TREK war also in den 1990er-Jahren sehr erfolgreich. Drei Serien liefen über volle sieben Staffeln – zweifellos die beste Zeit, die STAR TREK jemals gesehen hat! Im Herbst des Jahres 2001 nach dem Staffelfinale von VOY kam daher eine neue Serie mit dem Titel »STAR TREK – Enterprise«, abgekürzt als »ENT«, ins Fernsehen. Bei dieser Serie, die ursprünglich auch auf sieben Staffeln ausgelegt war, wird erzählt, wie die »Vereinigte Föderation der Planeten«, deren Mitglied die Erde zu Zeiten von Kirk und Spock ist, überhaupt erst entstanden ist. Sie spielt im Jahr 2151, etwa 90 Jahre nach dem ersten Kontakt mit den Vulkaniern21 und rund 100 Jahre vor TOS. Die Serie beginnt mit der Inbetriebnahme des ersten Raumschiffs mit dem Namen Enterprise NX-01 durch Captain Jonathan Archer, gespielt von Scott Bakula, und seiner Crew und endet schon nach vier Staffeln mit der Gründung der Föderation.

Warum wurde diese Serie relativ abrupt im Jahr 2005 nach nur 98 Episoden beerdigt? Wegen Erfolglosigkeit! Sie wurde einfach von zu wenigen Menschen in den USA angeschaut.22 Dies heißt nicht, dass man mit ihr kein Geld verdient hätte – nein, das hat man schon. Aber der US-Sender United Paramount Network (UPN), der inzwischen die Rechte an STAR TREK besaß, war der Überzeugung, dass mit einer günstiger zu produzierenden Serie, beispielsweise einer Sitcom, deutlich mehr Gewinn erzielt werden könne, sodass man sich letztlich dafür entschied. Protestaktionen im Internet, die zu Spendensammlungen unter den Fans aufriefen, um das Geld für die Produktion der Serie zusammenzubekommen, hatten zwar beachtlichen Erfolg, doch sie konnten trotz des Einsammelns von ca. einer Million Dollar nicht dazu beitragen, dass ENT fortgesetzt wurde.23 Mehr als zehn Jahre lang gab es nun keine neue STAR TREK-Serie im Fernsehen. Es tauchten zwar häufiger mal Gerüchte auf, dass etwas Neues geplant sei, aber die Fans wurden immer wieder enttäuscht.

Trotzdem ging es zunächst mit STAR TREK in unerwarteter Weise weiter. Man konzentrierte sich wieder auf das Kino und brachte im Jahr 2009, nach sieben Jahren Pause, einen neuen Film mit dem einfachen Titel »STAR TREK« heraus, der die alte Crew, also Kirk, Spock und »Pille« McCoy, wieder aufleben lassen sollte. Doch wie sollte das geschehen? Die beiden Schauspieler William Shatner und Leonard Nimoy waren schon fast 80 Jahre alt, und die Darsteller von Pille und Scotty, DeForest Kelly und James Doohan, waren bereits gestorben. Der geniale Trick bestand darin, mit Chris Pine und Zachary Quinto Schauspieler zu verpflichten, deren Ähnlichkeit mit Shatner und Nimoy frappierend ist. Man nimmt ihnen ab, dass sie die jungen Kirk und Spock sind, zu einer Zeit, als sich beide noch auf der Akademie der Sternenflotte befanden. Gleichzeitig schickte man die Enterprise in eine alternative Zeitlinie, sodass man auch noch ein größeres Erzählpotenzial hatte. Dieser Film wurde ein voller Erfolg, und es folgte 2013 ein weiterer mit dem Titel »STAR TREK Into Darkness«, der auch die Handlung des zweiten STAR TREK-Films »Der Zorn des Khan« mit aufnahm und weiterspann. Er war daher die optimale Synthese zwischen dem Alten, was die Fans noch kennen, und einer neuen Geschichte, mit der man ein neues Publikum erreichen wollte. Das Einspielergebnis zeigte, dass dies auch hervorragend gelang, sodass im Juli 2016 zum 50-jährigen Jubiläum der 13. STAR TREK-Kinofilm mit dem Titel »STAR TREK Beyond« in die Lichtspielhäuser kommt.

Zachary Quinto als der junge Spock und Chris Pine als der junge Kirk in »STAR TREK Into Darkness«. Die beiden Schauspieler verkörpern die Charaktere der Originalserie verblüffend getreu.[2]

Im November 2015 gab es dann einen weiteren, noch größeren Paukenschlag. Der US-Fernsehsender CBS kündigte an, dass das lange Warten der Fans endlich ein Ende habe und es Anfang 2017 mit STAR TREK auch im Fernsehen weitergehen werde! Man wird eine neue Serie produzieren und so die größte Erfolgsgeschichte, die es in Film und Fernsehen jemals gab, um ein bedeutendes Kapitel weiterschreiben.

STAR TREK und die Physik

Von Anfang an begeisterte STAR TREK die Fans auch durch die genaue Beschreibung der Physik und Technik, die der Zuschauer zu sehen bekommt. Da wird nicht einfach nur »Gas« gegeben, wenn die Enterprise zu ihren Reisen aufbricht – nein, sie reist beispielsweise mit »Warp-5«. Der Antrieb hat einen Namen, was sofort Spekulationen über den Antriebsmechanismus auslöst. So geht es einem mit vielen Dingen an Bord der Enterprise. Immer steht ein »Wie geht das?« oder »Könnte das gehen?« im Raum. Wenn zum Beispiel von »Neutrinos«, »Antimaterie« oder »Tachyonen« die Rede ist, dann sind das alles Begriffe, die der Physikinteressierte schon einmal gehört hat. Es liegt daher also sehr nahe, die Physik bei STAR TREK genauer unter die Lupe zu nehmen.

Als Erstes kann man fragen, ob sich die Produzenten von STAR TREK hier von Anfang an besonders viel Mühe geben wollten. Dies ließe sich unter anderem daran ablesen, wie viel Geld bei der Originalserie mit Kirk und Spock in die technische und physikalische Beratung investiert wurde. Während eine Folge ein Budget von ca. 185 000 Dollar hatte24, wurden gerüchteweise für die gesamte TOS-Serie nur ganze 50 Dollar für eine solche Beratung ausgegeben! Man fragte einen Physikstudenten der Universität von Los Angeles nach Möglichkeiten, die immensen Entfernungen im Universum zu überbrücken, sich dabei aber wenigstens halbwegs an die Gesetze der Physik zu halten. Dieser Student hat dann das grobe Konzept des Warp-Antriebs skizziert, welches von den Produzenten dankbar übernommen wurde. Wir werden noch sehen, dass es sich hierbei um 50 sehr lohnend investierte Dollar gehandelt hat. Es war also eher nicht beabsichtigt, einen Physiklehrfilm zu drehen. Anders war es dann bei TNG und den Nachfolgeserien DS9, VOY und ENT. Hier gab es jeweils eigene Technikberater, bei TNG beispielsweise den Designer und wissenschaftlichen Berater Michael H. Okuda. Es bestand bei diesen Serien also durchaus auch die Absicht, die Technik und die Physik möglichst gut zu beschreiben, denn dies galt inzwischen als ein Markenzeichen von STAR TREK.

So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch schon Bücher mit dem Thema beschäftigt haben. Maßstäbe setzte dabei das Buch The Physics of STAR TREK, das im Jahr 1995 von dem amerikanischen Professor für Physik und Astronomie Lawrence M. Krauss veröffentlicht wurde. Es wurde ein internationaler Bestseller und erschien bereits ein Jahr später auch auf Deutsch unter dem Titel Die Physik von STAR TREK.25 In diesem Buch wurden zum ersten Mal technische Aspekte wie der »Warp-Antrieb« oder das »Beamen« von der physikalischen Seite her erklärt. Krauss hat dies alles auf eine beschreibende Art und Weise geschafft. Dies werden wir 20 Jahre später in diesem Buch zwar ebenfalls machen, allerdings deutlich ambitionierter und an vielen Stellen auch quantitativer. Die Physik ist nämlich eine quantitative Wissenschaft, die nicht nur erklären kann, warum etwas so ist, wie es ist, sondern die auch konkrete Zahlen für Zusammenhänge liefert. So werden wir in Kürze aus Angaben der Enterprise-Serie direkt ausrechnen, wie schwer die erste Enterprise NX-01 wirklich war – mit einem wahrhaft verblüffenden Ergebnis. Wir werden ausrechnen, wie lange der Tag auf einem erdähnlichen Planeten dauert, auf den die Voyager-Crew trifft und in dessen »Synchronorbit« sie sich befindet. Warum sich die Enterprise mit Impuls-Antrieb nicht schneller als ein Viertel der Lichtgeschwindigkeit bewegen darf, muss ebenfalls einer genauen Analyse unterzogen werden, und die Antwort auf die Frage, warum die »Schwelle des H2-Moleküls« ausgerechnet bei »14,7 Elektronenvolt« liegt, ist auch nicht offensichtlich, obwohl Captain Janeway diese Frage am Anfang der 24. VOY-Folge der 5. Staffel, »Zeitschiff Relativity«, beantworten muss.

Dies sind nur einige der Fragen, auf die in diesem Buch Antworten gefunden werden. Dabei wird der Sachverhalt meist anhand einer STAR TREK-Szene erläutert und dann in Worten ohne komplizierte Berechnungen erklärt. Sollten diese Berechnungen einmal doch genauer erklärt werden, dann geschieht dies in einem Extraanhang hinter dem entsprechenden Abschnitt, der mit der Überschrift »Details für Besserwisser« versehen ist. Dieser Anhang kann vom weniger versierten Leser gern überschlagen werden, ohne dass der Lesefluss darunter leidet.

Eines soll aber noch ganz deutlich hervorgehoben werden. Alle Berechnungen und Untersuchungen, die in diesem Buch angestellt werden, orientieren sich ausschließlich an den bisherigen 726 STAR TREK-Episoden und den zwölf Kinofilmen.26 »Technische Handbücher« und ähnliche Literatur, die man für STAR TREK zuhauf im Buchhandel findet, werden wir hier komplett ignorieren, weil sie nach den Serien auf den Mark geworfen wurden und in der Regel nur irgendein Technokauderwelsch ohne jeden Bezug zu physikalischen Grundlagen enthalten.27 Dies gilt insbesondere für die Abschnitte zum Warp-Antrieb und zum Beamen.

Die beste Vorbereitung auf das, was nun folgt, wären 24 Tage Urlaub, in denen man ununterbrochen die Serie und die Filme zu Hause auf DVD schaute. Dann hätte man all die kleinen und großen Physik-Anspielungen gesehen, um die es nun im Folgenden gehen soll. Was würde Captain Picard kraftvoll sagen, wenn er die Reise zu einem neuen Abenteuer aufnimmt? Richtig – »ENERGIE!«