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Dr. med. Mohani Heitel
Die heilenden Klänge
der Mantras
Vorwort
Es war vor mehr als zehn Jahren, dass ich zum ersten Mal den »Ruf des Mantras« hörte. Beim Hessischen Rundfunk, wo ich im Kulturprogramm arbeite, war eine CD eingetroffen: The Mantra Calls You. Mohani Heitel sah mich vom Titelbild an, fast versteckt hinter ihrer Tanpura, diesem bauchigen, verzierten indischen Saiteninstrument. War es ihr Blick, der mich neugierig machte?
Ich legte die CD sofort in den Player. Mohanis Stimme klang aus dem Lautsprecher – und zog mich in ihren Bann. Als Musikwissenschaftler mit dem Fachgebiet Mittelalter kenne ich mich mit religiösen Gesängen recht gut aus, und indische Musik gehört zu meinen Schwerpunkten beim Radio. Aber Mohanis Mantras – das war etwas Eigentümliches. Ihre Stimme schien unmittelbar zu mir zu sprechen, und die instrumentale Begleitung schuf einen Raum wie ein friedvolles Sternenzelt.
Damals betreute ich die wöchentliche Sendung »Meditative Musik«, und bald bekamen auch deren Hörer Gelegenheit, Mohanis Gesänge kennen zu lernen. An positive Reaktionen war ich zwar gewöhnt, doch diesmal gab es weit mehr Nachfragen als üblich. Die Menschen berichteten von ihren persönlichen Empfindungen beim Hören und waren an mehr interessiert: Wo bekomme ich die CD? Wann kann ich Mohani im Konzert erleben?
Notiz:
Mohani Heitel ist Ärztin, Psychotherapeutin und Musikerin. Mit ihren Mantra-Gesängen schlägt sie eine Brücke zwischen Ost und West und berührt Menschen auf der ganzen Welt.
Brückenbauerin über Kontinente und Jahrhunderte
Im Konzert erlebte ich Mohani wenig später auch selbst. Aus dieser ersten Begegnung entwickelten sich ein herzlicher Kontakt und eine Freundschaft. Ich begann zu verstehen, welch vielfache Brückenbauerin Mohani ist. Sie verbindet medizinisches und psychologisches Wissen zweier Kontinente. Sie ist Ärztin, Psychotherapeutin und Musikerin. Ihre Musik wurzelt tief in der indischen Tradition, wirkt aber nie fremd, weil sich Mohani auch der westlichen Tonwelt geöffnet hat. Damit entsteht sogar eine Brücke über die Jahrhunderte, denn in der westlichen Musik kannte man ebenfalls die Kraft der Mantras – man nannte sie nur nicht so.
Ganz abgesehen von den tiefen Wirkungen ihrer Musik hat mich immer wieder beeindruckt, wie Mohani es schafft, ihre langen Stücke in einem einzigen Zug zu singen und sich dabei selbst zu begleiten. Die Mantras – wie die Tausend Namen Vishnus – dauern oft mehr als eine Stunde, und sie hält die Spannung, ohne ein einziges Mal »auszusteigen«. Schon daran lässt sich ermessen, zu welcher meditativen Konzentration das Singen von Mantras führt und welche spirituelle Kraft Mohani dabei entwickelt.
Diese Kraft der Ruhe überträgt sich. Ich habe persönliche Erfahrungen mit Mohanis Gesängen gemacht, in Phasen großer Arbeitsbelastung, bei schwierigen Entscheidungen und einmal sogar, als das Leben eines jungen Mädchens im Operationssaal auf Messers Schneide stand. Auch die Radiohörer spüren das Ungewöhnliche dieser Kraft. Immer wieder habe ich Mohanis Neuerscheinungen in der »Meditativen Musik« vorgestellt, und jedes Mal übertrafen die Echos das Gewohnte bei weitem. Studenten berichteten von positiven Wirkungen beim Examensstress, Hausfrauen von tiefer Ruhe im täglichen Chaos und Künstler von Inspiration beim Malen. In der Rundfunkabteilung wurde Mohani Heitel sprichwörtlich: Sie war die »meditative Nummer eins«.
»Mohani« bedeutet Anziehung oder Attraktion. Nomen est omen – das kann ich in ihrem Fall voll und ganz bestätigen. Um so mehr freue ich mich, dass mit diesem Buch eine noch größere Anzahl von Menschen Gelegenheit haben wird, Mohani Heitel kennen zu lernen und sich vom Mantra rufen zu lassen.
Dr. Robert Lug, im Mai 2007

Seit der Erstauflage dieses Buches konnte ich die musikalische Entwicklung von Mohani weiter mitverfolgen, und es war eine Freude. Dabei hat sie nie Konzessionen an Mainstream und Massengeschmack gemacht. Ihre Musik ist spirituell ohne Kalkül. Über die Neuauflage bin ich daher sehr glücklich und überzeugt, dass sie nach dem Gesetz der Anziehung die „Richtigen“ erreichen wird.
Dr. Robert Lug, im Mai 2015
Halt in der Krise – denn auch Ärzte werden krank
Als ich vor einigen Jahren schwer erkrankt war, erwiesen sich die Mantras als wichtige Stütze für mich. Ich hatte große Schmerzen, konnte nicht mehr laufen und war ans Bett gefesselt. Die ärztliche Hilfe erschöpfte sich darin, dass ich Medikamente bekam. Glücklicherweise konnte ich zu Hause bleiben, da meine Schwester Krankenschwester ist. Wenn sie mir Infusionen gab, hörte ich dabei Mantra-Gesänge und wiederholte innerlich das Mantra, dem ich gerade lauschte. So fand ich Ruhe und konnte bedrohliche Gedanken loslassen. In dieser schweren Zeit erfuhr ich als Ärztin am eigenen Leib, wie belastend nicht nur die Krankheit selbst, sondern auch die damit verbundenen Ängste und Unsicherheiten sind. Und wie einsam Krankheit machen kann. Wenn sie andauert, gewöhnen sich Mitmenschen und Familie daran – der Patient aber nicht. Er erlebt seine Krankheit täglich neu. Die Mantra-Gesänge gaben mir in dieser gesundheitlichen Krise seelischen Halt und halfen mir, nicht zu verzweifeln.

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Göttin Saraswati, gemalt von Raja Ravi Varma, Ravi Varma Press Karla (circa 1910). Oleographie aus Collections of Shriparasuraman, India, ravivarmaoleographs.com.
Erläuterung:
Wie Bija-Mantras zum Klingen gebracht werden
Ein Bija-Mantra besteht aus seinen Anfangsbuchstaben, meist Konsonanten, einem Vokal in der Mitte und der Endung. Ein Konsonant kann in der Regel nicht ohne einen Vokal zum Erklingen gebracht werden. Vokale werden deshalb als Bewegungskraft (Shakti) der Konsonanten bezeichnet. Das Besondere der Keimsilben-Mantras ist, dass sie im Allgemeinen auf »ng« oder »m« enden. Dieser nasale Laut bringt das ganze Mantra zum Schwingen, während die Luft aus der Nase ausströmt.
Die Endung wird auch als Chandra-Bindu oder Nada-Bindu bezeichnet. Die unterschiedliche Schreibweise rührt daher, dass es bei geöffnetem Mund nach »ng« klingt und bei geschlossenem Mund eher nach »m«. Dabei berührt die Zunge den Gaumen, wodurch die Schädelknochen zum Vibrieren gebracht werden, so dass das Mantra richtig erklingt. Das Chandra-Bindu drückt auch die Verehrung aus, die dem Mantra innewohnt. Bei dem Bija- Mantra »Hrim« beispielsweise sind »H«, »R« und »I« die Hauptbuchstaben und »M« der nasale Endklang. Die Bija-Mantras kann man als Mantras der Chakra-Energien zur Heilung nutzen.
Notiz:
Bei der Intonation der Keimsilben entstehen Klangschwingungen im Körper, die das subtile Nervengeflecht in Resonanz versetzen. Somit können sie ihre Heilwirkung entfalten.
Der Gedanke Gottes als mathematische Gleichung
Der indische Mathematiker Srinivas Ramanujan (1887–1920) verehrte von Kindheit an die Göttin Namagiri (Saraswati). Diese schrieb ihm viele seiner mathematischen Gleichungen im Traum auf die Zunge, morgens schrieb er sie dann nieder. Srinivas Ramanujan sah das Göttliche in einem Tanz der Zahlen, oder, wie er einmal zu einem Freund sagte: »Eine Gleichung hat für mich keinen Sinn, es sei denn, sie drückt einen Gedanken Gottes aus.« Der berühmte englische Mathematiker G.H. Hardy schrieb später über diese Gleichungen: »Ein einziger Blick auf sie genügt, um zu zeigen, dass sie nur von einem erstklassigen Mathematiker niedergeschrieben sein konnten. Sie müssen wahr sein, denn wenn sie nicht wahr wären, hätte niemand die Vorstellungskraft gehabt, sie zu erfinden.« Die Theoreme von Ramanujan werden heute in vielen Bereichen der Wissenschaft angewendet, woran zu seinen Lebzeiten nicht zu denken war.
(Zitiert nach: Kanigel, Robert (1993): »Der das Unendliche kannte. Das Leben des genialen Mathematikers Srinivasa Ramanujan«. Übersetzung: Albrecht Beutelspacher. Braunschweig/Wiesbaden. S.129.)

Andere Keimsilben und Mantras

Om Gum Ganapatayei Namaha
Om, Ehre sei Ganesha, dem Überwinder der Hindernisse
auf dem Weg der guten Taten

Gum und Glaum sind die Klangschwingungen zur Überwindung diverser Hindernisse im Leben mithilfe der Gottheit Ganesha. Mit seiner Hilfe treffen glückliche Zufälle zusammen, die es erleichtern, Vorhaben zu verwirklichen. In indischen religiösen Zeremonien wird Ganesha oft angerufen und um Erfolg gebeten. Nicht immer tritt ein Hindernis auf – aber sollte eines auftreten, dann wäre es mithilfe dieses Mantras zu überwinden.
Shiva Hum
Hum ist die Keimsilbe, die als transzendentaler Urgrund aller Wesenheit Shiva zugeordnet ist. Shiva Hum ist ein großartiges Mantra dieser Keimsilbe. Es ist auch Symbol für das dritte Auge und aktiviert das zwischen den Augen liegende sechste Chakra. Hum erzeugt eine starke Resonanz im Schädel- und Brustraum. Auch in tibetischen Mantras ist die Silbe Hum enthalten, etwa in »Om Mani Padme Hum« (»Verbeugung vor dem Juwel des Bewusstseins, der auf dem Lotus des Herzens sitzt«).
Beispiele für Mantras, die ich bevorzugt nutze
Wie ich bereits beschrieben habe, können alle Mantras prinzipiell für diverse Zwecke verwendet werden. Allerdings wird bei vielen Mantras ein bestimmter Aspekt betont – etwa durch Anrufung einer bestimmten Gottheit, der konkrete Eigenschaften zugesprochen werden. Daraus resultiert, dass Mantras nicht klar funktionell zugeordnet werden können. Um Ihnen hier etwas Orientierung zu geben, stelle ich Ihnen nun einige Mantras vor, die ich selbst in ganz konkreten Situationen bevorzuge und nutze. Damit haben Sie die Wahl auszuprobieren, ob diese Mantras auch Ihnen in der entsprechenden Situation zusagen oder helfen. Aber bitte denken Sie daran: Diese Auswahl bezieht sich auf meine persönlichen Erfahrungen und ist lediglich ein Angebot. Im Übrigen sind Sie völlig frei, welches Mantra Sie für Ihre Anliegen wählen möchten! 

Notiz:
Auch das Durga-Mantra »Om Dum Durgayei Namaha«, das Saraswati-Mantra »Om Aim Shrim Hrim Saraswati Devayayei Namaha« sowie »Shiva Hum« können als Heilungsmantras gebraucht werden.
Mantras zur Heilung
Om Namaha Shivaya
Om, verehrt sei Shiva

Dieses Mantra dient dem Gewahrwerden der spirituellen Kraft von Erde, Wasser, Luft, Feuer und Äther (Raum). Shiva ist die Kraft, die diese Elemente belebt. Die fünf Silben »na - mah - shi - va - ya« des Mantras werden als die fünf Elemente gedeutet. Durch seinen Bezug zu den Naturelementen wird dieses auch im Westen recht bekannte Mantra oft für die Heilung verwendet.
Maha Mrityunjaya-Mantra
Om Tryambakam Yajamahe
Sugandhim Pushti Vardhanam
Urvarukmiva Bandhanan
Mrityor Mukshiya Mamritat

Im Gedenken der Urschwingung »Om« verehren wir Gott mit dem dritten geistigen Auge, dessen Heiliges Wesen in Form von Duft ausströmt, und alle Wesen damit nährt. Dadurch mögen wir von Krankheit und Tod befreit werden, wie eine reife Melone, die sich von der Pflanze ablöst.

In diesem Mantra wird der Heilungscharakter besonders betont. Es wird »Mantra der Unsterblichkeit« (Maha Mrityunjaya Mantra) genannt, weil es nicht nur vom Tod des momentanen Lebens, sondern sogar vom Kreislauf von Geburt und Tod befreien soll. Es soll selbst bei unheilbaren Krankheiten und bei der Überwindung der Todesangst helfen.
Mantras zur Verstärkung der Heilkraft des Wassers

Schon ehe ich nach Deutschland kam und Ärztin wurde, behandelte ich in Indien Menschen, die mich um Heilung baten, mit Wasser und Mantras. Dazu stellte ich während der Wiederholung der Mantras frisches Wasser in meine Nähe, oder ich hielt ein Glas Wasser so in der Hand, dass es die Schwingungen meiner Gesänge aufnehmen konnte. Dieses Heilwasser gab ich den Hilfesuchenden zu trinken. Ich trank es aber auch selbst, um meine eigene Krankheit zu behandeln und zu heilen – Heilung mit Wasser und Worten.
Aushadhim Janavi Toyam
Vaidyo Narayana Hari

Wasser mit der Kraft Gottes sei wie Medizin
und Gott selbst sei mein Heiler

Der menschliche Körper besteht hauptsächlich aus Wasser. Wasser kann die Schwingung des Gebets aufnehmen und diese im Körper wie Medizin verteilen. Somit kann es zur Heilung gebraucht werden. Außer dem oben genannten Mantra kann auch jedes andere verwendet werden, um seine Schwingung auf das Wasser zu übertragen.
Sie können auch eine saftige Frucht, die Sie gerne essen – beispielsweise eine Melone – mit dieser Heilschwingung aufladen. Früher habe ich das oft getan. In vielen alten Schriften kann man davon lesen, und auch heute noch wird diese Methode praktiziert. Allerdings braucht es Zeit, um sich mit dieser Materie vertraut zu machen.
Notiz:
Sehr oft spreche ich auch ein Mantra, wenn ich Medizin einnehme. Dabei helfen sowohl die Worte als auch der Wirkstoff. Das Mantra »Aushadhim [. . .]«, aber auch andere die Heilung betonende Mantras verwandeln Wasser durch die Übertragung ihrer Schwingungen in Heilwasser.

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Wasser ist ein lebendiges Element und nimmt die Schwingung eines Mantras auf. (Foto: Dr. Mohani Heitel, Frankfurt)