Über den Autor

Bevor du dieses Buch liest, möchte ich mich dir kurz vorstellen.

Mein Name ist Wolfgang Kindler. Ich lebe zusammen mit meiner Familie in Recklinghausen. Ich bin als Lehrer, Ausbilder für Lehrer und als Berater für Schulen und einzelne Klassen tätig, besonders wenn es um schulisches Mobbing geht.

Das Thema interessiert mich aus mehreren Gründen.

Ich habe als Lehrer eine Situation erlebt, in der ich Mobbing nicht erkannt und dem Opfer mehr geschadet als genutzt habe. Das sollte mir nie wieder passieren. So hat es sich ergeben, dass ich mich seit 15 Jahren intensiv mit Mobbing in der Schule auseinandersetze. Und dabei ist mir deutlich geworden, welches Leid Mobbing dem Opfer zufügt und wie sehr die Klasse unter Mobbing leidet. Es ärgert mich, wenn Schulen Mobbing zulassen.

Auch deshalb habe ich dieses Buch geschrieben. Ich wünsche dir, dass du den Mut findest, etwas gegen Mobbing in deiner Umgebung zu tun und dass du Freunde findest, die dir dabei helfen.

Du kannst mir gerne schreiben.

Meine Postadresse lautet:

Wolfgang Kindler

Reiterweg 8

45657 Recklinghausen

Du kannst mich aber auch per E-Mail
erreichen, unter folgender Adresse:

W.Kindler@gmx.de

Die in der Geschichte vorkommenden Personen gibt es nicht wirklich. Ihre Namen sind verändert worden, die Schule, die Stadt. Aber leider ist die Handlung nicht frei erfunden worden. Alle Angriffe, alle Lügen, alle Gemeinheiten hat es tatsächlich gegeben.

Nicht in einer einzelnen Geschichte, aber die Handlungen sind typisch für Mobbing.

Alle waren sie gekommen. Die ganze 8a der Willy Brandt Realschule in Recklinghausen war da. Keiner fehlte. Sandra wunderte sich darüber, denn so toll war der Zusammenhalt in ihrer Klasse eigentlich nicht.

„Abschiedsparty“ – so stand es auf der Einladung, die Sandra zusammen mit Melanie und Birgit entworfen und geschrieben hatte. Nicht nur das Schuljahr war vorbei, auch musste Sandra Abschied nehmen von dem Haus, in dem sie geboren war. Von dem Garten, ihrem Zimmer, dem Pool und dem Fetenkeller. Nach der Trennung ihrer Eltern musste jetzt das Haus verkauft werden. Sandra würde mit ihrer Mutter in eine Wohnung ziehen. „Jetzt verliert die Prinzessin ihr Reich!“, lachte Birgit. Melanie grinste dazu.

„Hi, Sandra, schön, dass man dich auch mal wieder sieht.“ Michael, Melanies Freund, lächelte sie an. Michael überragte Melanie um einen Kopf, die ungefähr die gleiche Größe wie Sandra hatte. Er war das Sportass der Klasse und bei allen beliebt. Kein Wunder, dass Melanie sich Michael zum Freund genommen hatte.

Sandra und Melanie waren zwar ungefähr gleich groß, sie sahen aber sehr unterschiedlich aus. Während Sandra glattes, dunkles Haar hatte, schimmerten Melanies Locken leicht rötlich. Sandra war sich nicht sicher, ob die Farbe echt war. Melanie war durch und durch gestylt. Immer trug sie Markenklamotten, die hauteng saßen. Melanie hatte eine tolle Figur, wie auch Birgit, die dritte der Freundinnen. Birgit hatte langes, schwarzes Haar, dunkle Augen, wirkte immer gebräunt, weshalb wohl ihre Zähne strahlend weiß blitzten. Auch wenn Sandra mit ihrem eigenen Aussehen zufrieden war, fand sie Birgit und Melanie viel hübscher. Allerdings war Birgit bei den Jungen der Klasse nicht unbedingt beliebt. Vielleicht, weil sie immer so cool tat.

Michael nahm das Gespräch wieder auf: „Ich meine, in der Schule sehen wir uns ja immer, aber sonst trifft man dich ja gar nicht mehr.“

„Ich hatte wenig Zeit. Der ganze Stress zwischen meinen Eltern. Ich musste mich um meine Mutter kümmern.“

„War es so hart für sie?“

„Na ja, es kam so plötzlich, dass mein Vater auszog, und dann zu einer, die erst 21 ist.“

Es entstand eine kleine Pause. Michael wirkte verlegen. Er räusperte sich:

„Sandra, weißt du eigentlich, dass das für mich eine echte Abschiedsparty ist?“

„Nein, wieso?“

„Hat dir Melanie nichts erzählt?“

„Nein.“

„Na ja, ich bin ihr wohl nicht wichtig genug.“ Michael schob verlegen das blonde Haar zur Seite. Seine blauen Augen trafen Sandra. Dann blickte er weg, ohne noch etwas zu sagen.

Sandra wurde neugierig. „Jetzt erzähl schon!“ „Ich gehe mit meinen Eltern für ein Jahr nach Schweden. Mein Vater übernimmt dort einen Job.“

„Und was hat Melanie gesagt? Ihr seid doch praktisch verheiratet.“

„Ach, wirklich? Gut, dass ich das weiß. Die wird sich schon trösten. Außerdem, in der letzten Zeit lief es nicht so gut zwischen Melanie und mir.“

Sandra verbiss sich zu sagen: „Das hat mir Melanie aber nicht erzählt.“

Es entstand eine verlegene Pause. Dann gab sich Michael einen Ruck: „Hast du Lust, zu tanzen?“ Sandra nickte.

Die kleine Tanzfläche war fast leer. Nur Lioba und Karin hüpften hin und her, zu dem alten Disco-Song „Saturday Night Fever“. Das Lied klang aus, die Musik wechselte. Katie Meluas „Nine Million Bicycles“ kam sanft aus den Boxen.

Einen Moment sahen sie sich ratlos an, dann nickte ihr Michael zu. Er drückte sich eng an sie. Für einen kurzen Augenblick gab Sandra nach. Sie spürte seine Wärme, seine Haut.

Ihr gefiel seine Nähe. Sehr. Sie lehnte sich noch enger an ihn. Doch dann erschrak sie über sich selbst. Michael war doch Melanies Freund. Der Freund ihrer besten Freundin. Heftig schob sie ihn von sich.

Und im gleichen Augenblick traf sich ihr Blick mit Melanies. Sandra zuckte zusammen.

So hatte sie Melanie noch nie gesehen.

Ihr Mund war ein schmaler Schlitz.

Die Augen funkelten böse, hasserfüllt.

Doch im nächsten Augenblick lächelte Melanie sie an. Aber Sandra hatte das Gefühl, dass die Freundlichkeit Melanies falsch war. Gefährlich falsch.

„Ich muss das schnell wieder in Ordnung bringen!“, schoss es ihr durch den Kopf.

Sie hörte kaum, wie Michael sagte: „Hör mal, was ist denn mit dir auf einmal los. Bin ich giftig oder was?“

„Nein, du bist Melanies Freund.“

„Ach Sandra!“, sagte er traurig. Mehr nicht.