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Es ist Nacht in Askir, der Stadt des Ewigen Herrschers. Der ewigen Stadt. Eine dunkle Nacht, mit schweren Wolken verhangen, die beiden Monde verdeckt, als ob selbst die Götter nicht hinsehen wollen.

Es ist ein ungleicher und aussichtsloser Kampf dort unten am Hafen der alten Stadt. Ein Mann, eher dürr denn kräftig, ringt um sein Leben und sein Gegner ist er selbst.

Er ist nicht alleine an diesem Ort. Wird es Nacht, finden sich in den dunklen Löchern die Ratten des Hafens, solche, die das Licht scheuen und dem Schneider dienen, der im Dunklen den Hafen für sich fordert. Zwei dieser düsteren Gesellen betrachten staunend den bizarren Kampf des Dieners.

Einen schweren Dolch mit scharfer Klinge hält er fest in seinen klammen Händen, die mit sich selber ringen, es ist ein Dolch wie ihn ein Krieger trägt und nicht ein Diener. Keuchend sinkt der Mann zu Boden. Der dunkle Stoff seiner kostbar bestickten Hose saugt das Wasser der Pfütze auf, in die er fiel.

Die Lippen des Mannes bewegen sich, er hält den Dolch mit beiden Händen, zitternd, aber unerbittlich bewegt sich die Spitze weiter noch voran, sie sucht seinen Hals. Flucht er? Oder ist es ein Gebet? Die Ratten in ihren Löchern sind zu weit entfernt, um es zu hören, sie können nur staunen, als der Dolch sich seinen Weg zum Hals des Mannes bahnt, als die Spitze eindringt und das Blut fließt. Und jetzt, mit einem langen Schnitt von Ohr zu Ohr, löst die Klinge einen Schwall von Blut, der sich über teuren Stoff ergießt. Das Röcheln hört man kaum, nur kurz sieht man die blutigen Blasen, der Dolch fällt. Die zwei Hände umgreifen nun den Hals des Mannes, als ob sie jetzt bewahren wollten, was sie eben noch zerstörten. Langsam fällt er auf den kalten Stein, schlägt hart auf und bleibt liegen, sein Blut nicht minder salzig als das Wasser, mit dem es sich mischt. Einmal zuckt er noch, dann liegt er still.

Wie Aasgetier lauern sie in ihrem dunklen Loch, warten mit verschlagenem Blick darauf, ob der Körper erneut zucken wird. Schon fragt sich der Leichenfledderer, ob ihm die Schuhe dieses Dieners wohl auch passen würden, als der Tote sich erneut bewegt, um mit beiden Händen an seinen Kopf zu greifen und ihn langsam nach hinten zu drehen. Ein schreckliches Knirschen und Knacken ist zu hören, dann erst liegt der Tote wieder still.

Hartgesotten und gebrüht, hat jeder dieser beiden Mordgesellen schon viel gesehen, mehr als andere Augen sehen wollen, doch dieser Anblick schreckt auch sie … So warten sie den Moment noch ab und den nächsten, aber dann, als der eine endlich seinen Mut zu finden scheint, hört er von Norden her schon den Schritt von vielen Sohlen, auch gibt ein Schein von Fackeln den Ratten eine Warnung, zu lange haben sie gezögert, diese Beute ist verloren.

Mit einem Fluch drückt sich der eine in den Schatten, der andere folgt ihm, nur flucht er nicht, er betet.

1.  Der Tote im Hafen

Schwertkorporal Fefre empfand den Hafen in dieser Nacht als besonders unheimlich. Die Masten der Schiffe, die hier vertäut waren, bewegten sich leicht in der Dunkelheit, wie ein Wald, durch den ein Wind fährt, dazu kam noch das unheilvolle Knarren von Holz und Seil auf Stein und Metall, das leise Gurgeln des schwarzen Hafenwassers, das nur wenige Schritt von ihm entfernt gegen die steinerne Mole schlug … Ein kalter Wind wehte vom Seetor her und wirbelte den Nebel auf dem Wasser auf und trieb ihn auf die Hafenmauer zu, ließ den Korporal seinen Umhang fester um sich ziehen.

In der Ferne sah Fefre die beiden großen Leuchtfeuer auf den mächtigen Türmen zu beiden Seiten der Hafeneinfahrt, die den Schiffen auch in der dunkelsten Nacht den Weg in den sicheren Hafen wiesen.

Nur, dass es kaum eine Nacht dunkler als diese geben konnte, mit tiefen Wolken, die den Himmel und die beiden Monde verbargen, als ob selbst die Götter nicht sehen wollten, was hier zu seinen Füßen auf den kalten Steinen der Hafenmole lag.

Wie alle Seeschlangen trug auch Fefre ein festes Hemd aus lindgrünem Leinen, dazu ein paar Hosen aus dem gleichen Material, die in weichen, halbhohen, mit Bändern festgeschnürten Lederstiefeln endeten. Anders als die legendären Bullen der Reichsstadt trugen die Seeschlangen, die Marinesoldaten des Alten Reichs, nur eine leichte Panzerung, ein geprägter Brustpanzer aus gehärtetem Leder, mit sechs Wurfdolchen daran, die über dem Herzen mit ihren Klingen einen zusätzlichen Schutz boten. Nur gegen den kalten Wind half es nicht viel. Ein leichtes Rapier auf der linken Seite, ein mit Leder umwickelter schwerer Knüppel auf der rechten, dazu an beiden Armen ein mit Stahl verstärkter Armschutz aus Leder. Ein langer Umhang gehörte noch dazu, wofür Korporal Fefre durchaus dankbar war, denn ohne diesen Umhang hätte er jetzt noch jämmerlicher gefroren, als er es ohnehin schon tat.

Abgesehen von dem Gurgeln des Wassers und dem Knarren der unzähligen Schiffe, war es still hier im Hafen, so still, dass Fefre die Atemzüge seiner Kameraden hören konnte und das Knistern und Zischen der Fackel in seiner Hand laut in seinen Ohren klang.

»Halte die Fackel höher, Fefre«, riss die tiefe Stimme des Stabsleutnants den Korporal aus seinen Gedanken. »Und achte darauf, wohin sie tropft.« Der Mann, der neben dem Leichnam auf dem kalten Stein der Hafenstraße kniete, war groß und bullig, fast zu groß für die geprägte Lederrüstung einer Seeschlange, deren Schnallen sich kaum um den massiven Brustkorb schließen lassen wollten, mit einem kantigen Gesicht, das wie aus Granit gemeißelt schien, und hellgrauen Augen, die nur selten ihre Ruhe verloren.

Stabsleutnant Sterin Santer war ein Mann, von dem die abenteuerlichsten Geschichten erzählt wurden. Manche von ihnen entsprachen sogar der Wahrheit. Wie die, dass er sich einmal vor Jahren, als er noch ein junger Rekrut war und es nicht besser wusste, mit einer ganzen Hafenbande angelegt hatte, und er zum Schluss als Einziger noch stand. Eine wahre Legende, das konnte Fefre selbst bestätigen, bis auf das Ende. Denn Santer stand nicht, sondern saß an eine Hauswand gelehnt, die Hand auf einem blutigen Einstich, als Fefre ihn fand.

Legenden gab es viele im Hafen dieser alten Stadt, so auch die von den Seeschlangen, den Meeresungeheuern, die den kaiserlichen Marineinfanteristen ihren Namen liehen, Ungeheuer, die man bei ruhiger See und Vollmond des Nachts tief im Hafenbecken kreisen sah, ein ferner Schimmer tief im Wasser, als ob die Kreaturen Laternen bei sich tragen würden. Im Hafen galt das Wort, dass man sich besser nicht mit Stabsleutnant Santer anlegen solle, ebenso gut könne man auch gleich mit den Seeschlangen um die Wette schwimmen.

Der Mann, der hier zu ihren Füßen lag, war niemand, der sich des Nachts hier hätte aufhalten sollen. Im Leben war er groß und schlank gewesen, fast schon dürr, und er trug die reich bestickte Livree eines vornehmen Dieners, jetzt, im Tod, war sein Gesicht eine Fratze, die Fefre nur ungern in seinen Träumen wiedersehen wollte.

»Na, Fefre, bist du noch immer sicher, dass es eine gute Idee war, den beiden Bullen Seife ins Bier zu werfen?«, fragte Santer, während er mit spitzen Fingern dem Toten eine blutige silberne Kette aus dem Kragen nestelte.

»Nun«, antwortete Fefre drollig. »So dreckig, wie deren Mundwerk war, konnte ich einfach nicht anders!« Ein paar der anderen Seeschlangen lachten, auch sie hatten von dem Streich gehört, den Fefre den Bullen gespielt hatte.

Santer lächelte in der Dunkelheit, als er einen der anderen Soldaten Fefre fragen hörte, was denn genau gestern Nacht in der Dunklen Laterne geschehen war. Die Antwort des Korporals ließ neues Gelächter folgen. Fefre und er waren vor elf langen Jahren zusammen zu den Seeschlangen gegangen. Von Anfang an waren die Bullen, die schwere Infanterie der Reichsstadt, Ziel von Fefres Schabernack und Späßen gewesen, was sicherlich dazu beigetragen hatte, dass Fefre immer noch nur ein Schwertkorporal war.

Jetzt war Santer das Gelächter, das der Korporal mit seiner drolligen Art herbeiführte, nur allzu recht, denn es war nicht gut für einen Soldaten, in einer schwarzen Nacht wortlos auf einen Toten zu starren und dunklen Gedanken nachzuhängen.

Endlich gelang es Santer, den Verschluss der Kette zu lösen. Das Lächeln erstarb ihm auf den Lippen, als er erkannte, was er hier in den Händen hielt.

Er fluchte leise und sah zu dem Korporal hoch. »Götter!«, sagte er. »Das wird eine lange Nacht, Fefre. Dafür bist du mir was schuldig.«

»Warum?«, fragte Fefre neugierig. Wortlos hielt Santer ihm den Anhänger hin, den er bei dem Toten gefunden hatte.

Fefre pfiff durch die Zähne, als er das Symbol erkannte.

»Vielleicht schicken sie uns die Eule«, sagte er und grinste breit. »Das wäre doch mal etwas! Das dürfte sie wohl interessieren!«

»Eine Eule? Es gibt wieder eine Eule?«, fragte Santer überrascht. Er musste sich wohl verhört haben. Seit fast siebenhundert Jahren hatte es keine Eulen mehr in Askir gegeben! »Wir haben wieder einen ausgebildeten Maestro? Jemand, der den Eid geschworen hat und in den Künsten der Magie ausgebildet ist? So jemanden?«

»Genau«, grinste Fefre. »Auch wenn ich nicht einmal weiß, von welchem Eid du sprichst!«

»Es ist ein ganz besonderer Eid«, antwortete Santer abwesend, während sich seine Gedanken überschlugen. »Ein Eid, der magisch bindet, ein Eid, der verlangt, dass man sein ganzes Leben dem Reich und seinen Bürgern widmen wird. Ein Eid, der nicht gebrochen werden kann. Er ist ewig, und es heißt, er bindet sogar über den Tod hinaus. Ich dachte immer, es muss ein besonders mutiger und entschlossener Mann sein, der diesen Eid schwört …« Er schüttelte den Kopf. »Woher kommt dieser Maestro? Wieso habe ich noch nie von ihm gehört?«

Fefre lachte. »Es ist kein Mann. Es ist eine junge Frau, gerade mal zwei Dutzend Jahre alt. Dass kaum jemand von ihr weiß, ist kein Wunder. Sie hat die letzten Jahre im Turm der Eulen verbracht, eingeschlossen in diesen weißen Mauern, wo sie nichts anderes tat, als die alten Bücher zu studieren, die dort verwahrt werden. Über zehn Jahre hat sie dort verbracht.«

»Und woher willst du das alles wissen?«, fragte Santer ungläubig.

»Da gibt es diese Schenkmagd, die in der Silbernen Schlange arbeitet. Sie sagte mir, sie habe sie schon selbst gesehen!« Fefre sah ihn mit strahlenden Augen an. »Ich wette, sie schicken uns die Eule!«

Santer schüttelte lächelnd den Kopf.

»Ich denke, du willst mich auf den Arm nehmen. Gut. Ich wette zwei Silber, dass sie uns keine Eule schicken.«

»Die Wette gilt, ich kann das Silber gut gebrauchen, wenn du es schon zu verschenken gedenkst.«

»Wenn sie uns die Eule schicken!«, sagte Santer erheitert. »Und jetzt, Korporal Fefre, wirst du das Signal zur Hafenwacht durchgeben.« Er wies auf einen nahen Holzstapel. »Dort oben wird man die Fackeln von der Wacht aus gut sehen.«

Fefre warf einen skeptischen Blick auf den Stapel, der feucht und rutschig aussah und sich hochtürmte.

»Warum ich?«, fragte er.

»Warum nicht?«, grinste Santer. »Und jetzt hinauf mit dir, Korporal!«

2.  Stabsobrist Orikes

Es war gut eine Kerze nach der letzten Glocke, als ein Lanzensergeant der Federn die breite Treppe vom Dach der Zitadelle heruntereilte, wo sich die Signalmasten befanden.

Er hoffte nur, dass der Schwertobrist noch nicht zu Bett gegangen war. Am nächsten Treppenabsatz standen vor einer schweren, reich verzierten Tür zwei Soldaten der fünften Bulle, deren Aufgabe es war, die Zitadelle zu schützen.

»Was gibt es, Sergeant?«, fragte der eine, während der andere schon die schwere Tür aufzog, ohne auf die Antwort zu warten. Er kannte den Mann, und es konnte nur einen Grund geben, weshalb dieser die Treppe heruntereilte.

»Nachricht für Stabsobrist Orikes, Ser«, antwortete der Sergeant hastig und eilte weiter, noch bevor sich die schwere Tür ganz geöffnet hatte.

Es war die sechste Tür auf der rechten Seite, eines der besseren Quartiere, zum Innenhof der Zitadelle hin gelegen, aber schließlich war Stabsobrist Orikes der Obrist der Federn, nur dem Lord Kommandanten selbst unterstellt und der höchste Vorgesetzte des Sergeanten, der nun tief Luft holte und klopfte. Zumindest, stellte der Mann erleichtert fest, gab es einen Lichtschein unter der Tür.

Fast war es, als ob der Obrist ihn erwartet hätte, so schnell öffnete sich die Tür.

»Was gibt es, Lanzensergeant«, fragte der Obrist freundlich. Er sah kaum aus, als ob er bereit wäre, zu Bett zu gehen. Mit seiner dunklen Tunika und der grauen Hose, den blank polierten Stiefeln und dem grauen Gürtel mit der Tasche, die das Wahrzeichen der Federn war, sah er aus, als ob er sofort eine Parade abnehmen könnte.

Orikes mochte vielleicht Mitte fünfzig sein, aber er war noch immer außerordentlich gut in Form, kein Wunder, dachte der Lanzensergeant. Schließlich trugen auch die Federn schwere Plattenrüstungen, und der Obrist hatte die seine über drei Dutzend Jahre lang getragen.

Stabsobrist Orikes war knapp über fünf Fuß groß, besaß kurze graue Haare und auffallend buschige graue Augenbrauen, unter denen ein paar blassgraue Augen den Lanzensergeant neugierig musterten. Es war ein freundliches Gesicht, ein Gesicht, das eher zu einem Priester gehörte, als zu einem Soldaten, auch wenn er eine Feder war.

»Signal von der Hafenwacht, Ser«, antwortete der Sergeant und salutierte, bevor er dem Obristen ein kleines Schreibbrett aushändigte, das mit einer eingehakten Lederklappe vor Wetter und allzu neugierigen Blicken geschützt war.

Der Obrist klappte das Deckleder zurück, las die Nachricht und runzelte die Stirn.

»Wartet hier«, sagte er zu dem Lanzensergeanten, der nicht im Traum daran gedacht hätte, einfach so zu gehen, und trat zur Seite an ein Schreibpult und tauchte seine Feder in das stets bereitstehende Tintenfass. Schnell schrieb er ein paar Zeilen und reichte dann das abgedeckte Schreibbrett an den Lanzensergeanten zurück. »Lasst dies zum Ständetor durchgeben. Sie sollen einen Läufer zur aldanischen Botschaft schicken. Danke, Sergeant.«

»Aye, Ser!«, antwortete dieser, salutierte erneut und eilte davon. Orikes sah ihm nach und schmunzelte. Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie er sich gefühlt hatte, als er zum ersten Male seinem obersten Vorgesetzten gegenübergestanden hatte … dafür hatte sich dieser Mann bewundernswert gehalten. Ihm war damals vor Nervosität das Schreibbrett aus der Hand gefallen!

Langsam schloss er die Tür, lehnte sich von innen gegen das Türblatt und das Schmunzeln verging. Nach Jahrhunderten gab es endlich wieder eine Eule in Askir … und obwohl er selbst wusste, wie viel harte Arbeit es gebraucht hatte, und obwohl sie ihn selbst darum gebeten hatte, zögerte er.

Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie er Desina das erste Mal gesehen hatte, ein kleines Mädchen mit feuerroten kurzen Haaren, Sommersprossen, und einem trotzigen Gesichtsausdruck. »Der da«, sagte sie und deutete mit dem Daumen auf den Lanzenleutnant der Bullen, dessen gepanzerte Hand schwer auf ihrer zierlichen Schulter lag. »Soll mich loslassen! Ich hab nichts getan!« Und mit diesen Worten hatte sie sich unter der Hand des Bullen weggewunden und ihm vors Schienbein getreten. Unter dem schweren Panzer hatte der Mann wahrscheinlich nicht einmal etwas davon gemerkt, aber auch damals war es ihr wohl schon um das Prinzip gegangen.

Von harten gepanzerten Händen in das große Arbeitszimmer eines Obristen geführt zu werden, und das auch noch in der Zitadelle, dem Herzen Askirs, hatte schon gestandenen Männern die Beine zittern lassen, sie jedoch hatte wenig beeindruckt gewirkt, als sie sich die Schulter rieb und neugierig umsah. Orikes hatte dem Mann ein Zeichen gegeben, dieser war daraufhin zurückgetreten, hatte salutiert, den Raum verlassen und leise die Tür geschlossen.

»Weißt du, wer ich bin?«, hatte Orikes gefragt.

»Ihr müsst eine Feder sein«, meinte sie. »Ihr habt viele Bücher. Wo bekommt man nur so viele Bücher her?«

»Weißt du, was eine Eule ist?«, fragte er sie schmunzelnd.

Sie sah ihn verwundert an. »Natürlich weiß ich das. Ihr meint ja nicht den Vogel. Aber ich habe nichts gestohlen. Die Würste lagen da so herum. Ehrlich«, sagte sie und sah ihn mit großen grünen Augen ganz unschuldig an.

»Du weißt auch von dem Eulentaler?«, fragte Orikes und nahm eine silberne Münze aus einer Schatulle. Er hielt sie hoch, sodass sie die Prägung der Eule sehen konnte.

»Ja«, sagte sie und sah ihn misstrauisch an. »Deshalb ging ich ja in den Turm hinein. Aber da war keine Tür!«

»Genau deshalb hat man dich hergebracht«, lächelte Orikes und kniete sich vor ihr hin. »Hast du Lust, eine Eule zu sein?«

»Nein!«, rief sie, und griff schneller nach dem Taler, als der Obrist ihn hatte wegziehen können. »Der Taler reicht mir!«

Der Blick in ihren grünen Augen war eine deutliche Warnung davor gewesen, auch nur den Versuch zu wagen, ihr den Taler wieder wegzunehmen.

Es waren Katzenaugen, hatte der Obrist damals gedacht, und das hatte sich auch heute nicht geändert … und auch dieser funkelnde Blick war manchmal noch in ihnen zu sehen. Vor allem, wenn sie ihn daran erinnerte, dass sie kein kleines Mädchen mehr war.

Also, gut. Es war ein wichtiger Fall … und vielleicht genau das Richtige für sie. Er zog an einem Klingelzug an der Wand, und nur wenige Augenblicke später stand ein Läufer der Federn vor seiner Tür und salutierte.

»Eine Nachricht für die Maestra vom Turm …«, begann Orikes.

3.  Desina, Maestra vom Turm und Prima der Eulen

Eulen jagen in der Nacht. Auch Desina, Maestra vom Turm und die Prima der Eulen, war auf der Jagd, nur jagte sie keine Mäuse. Sie war weit Wertvollerem als Nagetieren auf der Fährte. Wissen. Wissen, das seit Jahrhunderten verloren war.

Gut ein halbes Dutzend schwerer Folianten lagen aufgeschlagen auf den großen Lesetischen im Lesesaal im ersten Stock des Turms, und diesmal war sie sich fast sicher, dass sie sich auf der richtigen Spur befand. Das alte Buch, das vor ihr lag, enthielt die Pläne der großen Schmiede am Arsenalplatz, wenn es überhaupt möglich war, nach all den langen Jahren das zu finden, was Gildemeister Oldin von ihr wissen wollte, dann in diesen alten Texten.

Geistesabwesend schob sie mit einer Fingerspitze ein kleines Licht zur Seite, das schräg hinter ihr über ihrem Kopf schwebte. Die verblasste Schrift war anstrengend zu lesen, und so fiel nicht ihr eigener Schatten auf das vergilbte Papier.

Dunkel war es nicht in diesem Saal. Über vier eisernen Schalen, die in silbernen Ketten von der hohen, hell getäfelten Decke hingen, schwebten kopfgroße Kugeln, die den großen Raum in ein gleichmäßiges, milchig weißes Licht tauchten.

Überall in der Stadt, vor allem entlang der großen Ausfallstraßen, die die Zitadelle mit den Außenbezirken der riesigen Stadt verbanden, gab es noch immer die steinernen Obelisken, die an ihren Spitzen schmiedeeiserne Körbe trugen. Einst, so hieß es, schwebten über diesen Körben gläserne Kugeln von gut einem Schritt Durchmesser, die in der Nacht von diesen Körben aufstiegen und Licht spendeten. Die meisten dieser gläsernen Kugeln waren schon lange verschwunden, heruntergefallen und zersplittert, nur hier und da gab es noch eine, die ruhig und still in ihrem eisernen Korb lag. Doch geleuchtet hatten sie schon lange nicht mehr.

Nur hier im Turm der Maestros, im Eulenturm, wie man ihn landläufig nannte, wirkte noch die alte Magie … und Desina war dankbar dafür. Ohne diese magisch leuchtenden Globen hätte sie schon Hunderte von Kerzen verbraucht. Das Licht aber, das sie eben so gedankenverloren zur Seite geschoben hatte, war ihr eigenes. Und noch vor wenigen Wochen wäre es ihr nicht möglich gewesen, es zu erzeugen.

Einst floss der Weltenstrom durch diese Stadt, ein mächtiger Strom der Magie, doch dann, plötzlich, vor über sieben Jahrhunderten, war der mächtige Strom versiegt. Jetzt war nur mehr ein Rinnsal von dem übrig, was einst die mächtigen Werke Askannons, des Ewigen Herrschers, und seiner Baumeister angetrieben hatte.

Manche der alten Magien, einst gewirkt und in Stein und Stahl, Glas und Gold verankert, hatten die Zeiten überdauert, andere verbrauchten sich, wie diese gläsernen Globen, die nach und nach herabsanken, bis sie ausgebrannt und leer in ihren eisernen Körben lagen oder herabstürzten und zersplitterten.

Doch vor fünf Wochen war überraschend der Weltenstrom zur Reichsstadt zurückgekehrt, und jetzt regten sich hier und da die alten Magien wieder. Was geschehen war und wie, das vermochte sich auch Desina nicht zu erklären, und doch es war so … und so war es ihr auch endlich möglich gewesen, die dritte Prüfung des Wissens zu bestehen, an der sie so lange verzweifelt war, eben jene Prüfung, die ihr das Recht gab, die blaue Robe einer Maestra des Turms zu tragen.

In der alten Schmiede drüben am Arsenalplatz gab es ein großes Rad, das einst mächtige Walzstraßen und Hämmerwerke angetrieben hatte.

Sie hatte es selbst ausgiebig studiert, ein riesiges Rad, hoch wie ein Haus, kunstvoll aus Stahl, Kupfer und Gold geschmiedet, gut fünfunddreißig Schritt im Durchmesser und gute sechs Schritt breit, so schwer, dass es kaum vorstellbar war, wie es einst errichtet wurde, oder wie es gar möglich war, es mit seinen Lagerzapfen in den gewaltigen Rahmen aus Stahl einzuhängen, der es heute noch trug. Mit einem komplizierten Werk von breiten Lederriemen und Rädern und Stangen, die noch immer überall unter der Decke der alten Schmiede hingen, hatte dieses Rad einst die mächtigen Blasebälge, Hämmerwerke und Walzstraßen bedient.

Doch seit Jahrhunderten hatte es sich nicht mehr bewegt. Jetzt waren es Ochsen, die tagein, tagaus auf riesigen Tretmühlen die Bänder antrieben … und doch nur einen Teil der alten Werke bedienen konnten.

Jahrhundertelang hatte man sich damit abgefunden, doch jetzt, wo die Magie wieder floss, hier und da vereinzelt sogar die Globen auf den Obelisken emporstiegen, um die Straßen mit ihrem sanften Licht zu füllen, hatte Oldin, Gildemeister der Schmiede, Desina gebeten, herauszufinden, ob es nicht doch möglich wäre, dieses alte Rad wieder in Bewegung zu setzen.

Sie las weiter, las von den Fundamenten, einem mächtigen Kristall, der in den Tiefen der Schmiede eingesetzt worden war. Ein Gedanke kam ihr, eine Idee … Sie hatte von diesen Kristallen schon in alten Texten gelesen … wo nur hatte es gestanden? Sie spürte, dass sie nahe daran war, das Rätsel zu lüften 

Die Glocke läutete neben ihrem Ohr und ließ sie zusammenzucken!

Seit zwölf Jahren schon studierte sie die Magie der Eulen, manches verstand sie mittlerweile, das meiste blieb ihr noch immer verborgen, darunter eine besondere Eigenart des Turms. Zog man unten, neben dem Eingang, an der Glockenstange, läutete die Glocke dort, wo sie sich gerade in diesem Moment befand.

Sechsunddreißig Zimmer hatte sie zur Auswahl, unzählige Räume und Gänge, aber egal wo sie sich befand, und war es auch in den tiefsten Katakomben des Turms immer läutete diese Glocke einen Schritt von ihrem Ohr entfernt!

Vor knapp drei Jahren hatte sie ihr jetziges Zimmer für sich auserkoren, es war das Größte von allen und besaß sogar ein eigenes, sich magisch erhitzendes Bad. Es hatte dem letzten Primus der Eulen gehört und insgeheim hatte sie sich erhofft, dass wenigstens diese Räume vor der Glocke Schonung fanden, aber nein, sie läutete auch dort. Es war dieser Klang, der sie jetzt aus ihren Gedanken riss, ein hell tönender Glockenschlag, einen Schritt von ihrem Ohr entfernt, ein Läuten, das ihre Gedanken mit einem hellen Ton zerfaserte und zugleich das kleine Licht verlöschen ließ. Schwer ließ sie ihren Kopf auf das dicke Buch vor ihr fallen und seufzte. So nahe war sie der Lösung noch nie gewesen! Und wieder, wie schon so oft zuvor, nahm sie sich vor, als Nächstes herauszufinden, wie diese Glocke wirkte und, vor allem, wie sie diese endlich zum Schweigen bringen konnte!

Schon wieder läutete die Glocke! War sie bei der Arbeit, verlor sie oft jedes Gefühl für die Zeit, doch ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr nur finsterste Nacht und eine ferne Laterne irgendwo auf den Zinnen der Zitadelle, es war wohl schon spät. Also folgerte sie, dass es wichtig sein musste, denn jeder wusste, dass man die Maestra nicht leichtfertig stören sollte.

Mittlerweile erhielt sie nicht mehr oft Besuch, die meisten ihrer Lehrmeister wussten, dass sie ihr nicht mehr helfen konnten, sie hatte alles gelernt, was diese sie zu lehren in der Lage gewesen waren, den Rest des Weges musste sie alleine gehen.

Es war Stabsobrist Orikes, den sie am häufigsten sah, mindesten einmal jede Woche erstattete sie ihm persönlich Bericht. Wenn sie etwas herausfand, war es mittlerweile sie selbst, die ein Treffen mit den Handwerksmeistern einberief, um ihnen zu erklären, was sie gefunden hatte.

Also hatte sie meist ihre Ruhe.

Aber jetzt war sie eine Eule, konnte die Robe tragen und trug damit auch die Verpflichtung des Eids. Desina hoffte, dass sie trotzdem nur selten aus ihren Studien gerissen wurde.

Sie eilte nach unten. Für sie existierte diese massive Tür nicht, die ihr von anderen beschrieben wurde. So konnte sie einen Blick auf ihren Besucher werfen, herausfinden, wer der Störenfried war, ohne dass dieser sie wahrnahm.

Es war ein Läufer der Federn, der ein Schreibbrett in den Händen hielt. Sie zog sich die Kapuze ihrer blauen Robe tief ins Gesicht, bis nur noch Mund und Kinn zu sehen war, und trat hinaus.

»Nachricht vom Obristen der Federn«, teilte ihr der Läufer mit und salutierte. Sie nahm das Brett entgegen und löste das Leder. Sie brauchte nicht lange, um zu lesen, was dort stand. Ein erfreutes Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie verstand, was diese Nachricht bedeutete. Eine arme Seele hatte dort unten am Hafen ihr Schicksal ereilt, aber für sie bedeutete es, dass Stabsobrist Orikes sie endlich beim Wort nahm.

Jetzt erst war sie wahrlich eine Maestra des Turms!

»Danke, Korporal«, sagte sie und eilte nach oben, um ihr Schwert zu holen, das sie neben ihrem Bett vergessen hatte.

4.  Tarkan von Freise

Während oben auf dem Zitadellenhügel die Herrin des Turms erfreut über die Nachricht gewesen war, schätzte es der Botschafter des Königreichs Aldane ganz und gar nicht, mitten in der Nacht geweckt zu werden. Einen Moment hoffte er, dass sich Jenks der Sache annehmen würde, doch das Hämmern an der Tür ließ nicht nach, und so wälzte sich der Graf schwerfällig aus seinem Bett und griff nach seiner Nachtrobe.

»Was ist?«, bellte er, als er die Tür aufriss. »Und wo, bei Astartes Bart, ist dieser Nichtsnutz von einem Kammerdiener?«

Einer der Gardisten der Botschaft stand vor ihm. Der Mann hatte wohl Dienst, denn er war vollständig gerüstet und trug sein Schwert an der Seite. Mit einer Verbeugung überreichte er dem Grafen ein versiegeltes Kuvert. Ungeduldig brach der Graf das Siegel, ein kurzer Blick hatte gereicht, die Feder darauf zu erkennen … und noch während er das Pergament entfaltete, nahm er sich vor, sich darüber zu beschweren. Er war der Botschafter eines mächtigen Königreichs und er sah es nicht ein, von einem Lakaien der Kaiserstadt mitten in der Nacht geweckt zu werden!

Doch dann las er den ersten Satz, wurde bleich und hielt sich am Türrahmen fest, bevor er leise fluchte. »Von Freise!«, brüllte er den Gang entlang, und dort öffnete sich auf der linken Seite die letzte Tür und ein junger Mann trat heraus, nur mit einem Leinenschurz gekleidet, aber mit einem Schwert in der Hand.

Mit grimmiger Genugtuung stellte der Botschafter fest, dass er den Mann wohl aus dem tiefsten Schlaf gerissen hatte, so verschlafen sah er aus.

Er winkte den Baronet heran, der gerade noch rechtzeitig verhinderte, dass er den Botschafter herzhaft angähnte, und drückte ihm die aufgebrochene Botschaft in die Hand.

»Ich denke, von Freise, dass dies genau das ist, weshalb Ihr hergekommen seid. Fast wie für Euch gemacht, würde ich sagen!«, teilte er dem jungen Mann mit einem boshaft funkelnden Auge mit. »Also Baronet … tut etwas dagegen!«

Der junge Adelige blinzelte zweimal und rieb sich die Augen, zuerst verstand er nicht, was dort geschrieben stand, dann sah er überrascht auf.

»Was soll ich dagegen tun, Graf? Der Mann ist tot!« Im nächsten Moment hätte er alles dafür gegeben diese Worte zurückzunehmen, als einzige Entschuldigung mochte nur dienen, dass er soeben noch im tiefsten Schlaf gelegen hatte.

»Götter!«, knurrte der Botschafter. »Ihr seid sicher, dass Euch der Prinz nicht mit einem anderen verwechselt hat? Wenn Eure Dämlichkeit auch für andere Eures Schlages gilt, ist uns das Königreich schon lange verloren!« Er funkelte den jungen Mann mit seinem guten Auge an. »Wenn Ihr ihn nicht ins Leben zurückrufen könnt, was ich doch sehr vermute, begrabt ihn! Tut das eine oder andere, aber findet heraus, warum er sich dort unten im Hafen umbringen ließ, anstatt hier zu sein, wie es sich schließlich für einen Kammerdiener gehört!«

Mit diesen Worten schloss sich die Tür des Botschafters mit einem lauten Knall vor der Nase des jungen Adeligen. Der Gardist sah an ihm herab, nickte ihm mit einem erheiterten Lächeln zu und ging davon, während Baronet Tarkan von Freise, Cousin von Prinz Tamin, dem Erben der Krone von Aldane, auf sein Schwert und dann auf seinen Leinenschurz herabsah. Letzterer war gerade im Begriff, sich von seinen Lenden zu lösen!

Hastig hielt er ihn fest und eilte in sein Zimmer zurück … ein Blick aus dem Fenster offenbarte ihm nur, dass es die tiefste Nacht war. Er nahm den Kerzenständer von der Anrichte, eilte hinaus in den Flur, wo er die Kerzen an einer Wandlampe entzündete, und zurück in sein Zimmer.

Er warf die Tür hinter sich zu, riss den Schrank auf, trat mit der Kerze in der Hand zurück, um sich über das Ausmaß des Schadens ein Bild zu machen. Doch es hatte sich nichts getan, noch immer hatte sich niemand um seine Kleider gekümmert, sie hingen genauso zerknittert da, wie sie am Abend zuvor ein Diener aus den Seekisten genommen hatte!

Es half nichts, dachte Tarkan frustriert, das Wams von gestern musste wieder herhalten, den Göttern sei Dank sah man diesem wenigstens nicht an, dass er es schon einmal getragen hatte! Die Stiefel jedoch waren ein wahres Unglück … das Seewasser hatte einen weißen Rand auf ihnen zurückgelassen!

Er nahm Stiefel und Putzkiste aus dem Schrank, setzte sich auf sein Bett und nahm die Bürste heraus. Dann stockte er. Der Kammerdiener? Was hatte der Kammerdiener des Nachts im Hafen zu tun? Langsam stand er auf und ging hinüber zur Kommode, wo er eine Schublade aufzog, aus der er ein flaches, kunstvoll gefertigtes Kästchen entnahm, das auf dem Deckel das Wappen von Aldane trug. In dem Kästchen, auf einem Bett von Seide, lag ein Dolch, hervorragend gearbeitet, doch in der Ausführung überraschend schlicht.

»Für Euch, Tarkan«, hatte Prinz Tamin lächelnd gesagt, als er ihm vor wenigen Tagen das Kästchen gereicht hatte. »Eine Aufmerksamkeit Eures Prinzen, die Euch zeigen soll, wie sehr Er Euch schätzt!« Tarkan hatte ihn verblüfft angesehen, schließlich das Kästchen geöffnet.

»Eine gute Waffe«, hatte er dann gesagt und seinen Prinzen misstrauisch angesehen, als dieser sich in den besten Stuhl fallen ließ, den Tarkan besaß. »Es erklärt nur nicht, warum Ihr mitten in der Nacht durch Regen und Wind Euer warmes Bett in der Kronburg verlasst, um mich aufzusuchen.« Er warf einen bezeichnenden Blick auf das zerwühlte Bett, das er hatte verlassen müssen. Es war sicherlich noch warm und ganz gewiss roch es auch noch nach der schwarzhaarigen Schönheit, die ihm vor Kurzem noch geholfen hatte, die Kissen zu zerwühlen.

Das war, bevor Tarkans Adjutant an der Tür geklopft hatte, um ihn zu wecken … nicht, dass Tarkan geschlafen hätte, spätestens das Geräusch von donnernden Hufen, als der Prinz mit nur vier seiner Leibwachen in den Hof der Jagdhütte eingeritten war, hätte ihn auch aus tiefstem Schlaf gerissen.

Der Prinz folgte seinem Blick und lächelte, während er seine schweren Reithandschuhe auszog, den Umhang löste und sich an Tarkans Wein bediente. »Ist sie hübsch?«

»Sollten die Götter gnädig sein, werdet Ihr es nie erfahren, Prinz«, antwortete Tarkan mit einer leichten Verbeugung.

»Ich hoffe, Ihr habt noch andere Schönheiten hier, bevor wir uns diese teilen müssen, Tarkan«, sagte der Prinz mit einem seltsam bitteren Lächeln. »Ich habe es so eingerichtet, dass ein jeder denkt, ich wäre hier, um mich mit Euch zusammen der Wollust und dem Wein zu ergeben.« Er lachte leise. »Vielleicht wäre es besser gewesen, sie doch nicht hinauszuschicken?«

»Sucht Euch Eure eigene Beute, mein Prinz«, lachte Tarkan. »So schwer sollte es Euch nicht fallen!« Er wurde wieder ernst. »Und was ist der wahre Grund?«

»Wie vielen Menschen kann ich mich mit allem, was ich habe, mit Gedanken, Herz und Blut anvertrauen, Tarkan?«, sagte er dann bedächtig.

»Also ist es ernst«, sagte Tarkan und nahm dem Prinzen die Flasche aus der Hand, um sich selbst einen Becher zu füllen.

»Wo sonst kann ich mir selbst einfach so einen Wein einschenken und ihn trinken, ohne dass ein Vorkoster bereitstehen muss?«, fuhr der Prinz fort und nahm mit dem gleichen bitteren Lächeln einen ordentlichen Schluck.

»Besucht jemanden ohne Vorwarnung mitten in der Nacht und stehlt den Wein, den er am Bett stehen hat. Das sollte sicher sein!«, schlug Tarkan vor. »Wisst Ihr, wie teuer dieser Wein ist?«

»Ein aldanischer?«, fragte der Prinz.

»Selbstverständlich. Arensteiner Bergwacht!«

»Tut das, worum ich Euch bitte, seid erfolgreich darin, und lasst es uns beide überleben, und ich schenke Euch das ganze Weingut!«, sagte der Prinz und setzte den Becher hart ab. »Ihr habt meine Frage nicht beantwortet, Tarkan«, fuhr der Prinz fort. »Aber ich kann es Euch sagen: Eurem Vater, Euch und Eurer Schwester …« Er lachte leise. »Solange ich nicht den Fehler begehe, ihr einen Antrag zu machen!«

»Das dürft Ihr so nicht sagen«, antwortete Tarkan betroffen. »Was ist mit Sera Loisin? Es schien mir doch so, als habe Euer Herz dort Ruhe gefunden? Oh …«, fügte Tarkan hinzu, als er sah, wie der Prinz den goldenen Becher in seiner Hand zerquetschte. »Ich glaube, ich sprach zu hastig.«

Wortlos knöpfte der Prinz sein Wams auf und zeigte dem Baronet einen frischen Verband hoch an der linken Schulter. »Sie war nicht besonders geschickt«, sagte er. »Hätte ich tiefer geschlafen, säße ich jetzt nicht hier.«

»Sera Loisin? Die Tochter von Graf Balduir?«, fragte Tarkan entsetzt. Der Prinz zog sein Gewand zurecht, sein schmales Gesicht glich einer steinernen Maske.

»Sterbend beteuerte sie mir drei Dinge. Zum einen, dass sie mich wahrhaft lieben würde, und so meine Seele rein zu Soltar hätte schicken wollen, zum anderen, dass sie sich gewünscht hätte, dass es nicht so hätte kommen müssen, denn abgesehen von meinem Makel, wäre ich der gewesen, den sie auf dem Thron hätte sehen wollen. Denn jetzt, wo die Tage der Reichsstadt gezählt wären, bräuchte das Land einen starken König …«

»Sie gehörte der Weißen Flamme an?«, fragte Tarkan entsetzt, und der Prinz nickte langsam.

»Ja. Sie dachte, sie rettet meine Seele, wenn sie mich ersticht.«

»Götter!«, entfuhr es Tarkan. »Habt Ihr sie getötet?«

Der Prinz sah zu ihm hoch. »Ich hätte sie sogar foltern und hinrichten müssen! Nur wie hätte ich das tun können? Ich glaubte diese Frau zu lieben, ich wäre nicht imstande gewesen, ihr auch nur ein Haar zu krümmen! Ich hätte eine andere Lösung gesucht, die Verbannung vielleicht …«

»Warum ist sie dann …?«, begann Tarkan.

»Sie starb in meinen Armen, während sie immer wieder beteuerte, wie sehr sie mich lieben würde.« Der Prinz sah auf den zerdrückten Becher in seiner Hand herab und warf ihn mit einer Geste des Abscheus davon. »Sie nahm das Gift, bevor sie zustieß. Wäre sie nicht vom Lager aufgestanden, um das Gift mit dem Wein zu trinken, ich glaube, ich wäre gar nicht erwacht.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie sagte, sie habe nicht ohne mich leben wollen! Wisst Ihr was, mein Freund? Sie hätte das Gift mir geben sollen, es wirkte zuverlässig!« Er griff sich einen neuen Becher und Tarkan hielt ihm wortlos die Flasche hin.

»Auch deshalb bin ich hier. Ich muss an einem anderen Ort sein, wenn man sie findet. Ihr müsst wissen, sie wandelte im Schlaf … nur diesmal fiel sie eine steile Treppe herab.« Er sah mit gequälten Augen Tarkan an. »Es war der Gedanke Eures Vaters, mich hierherzuschicken, um mich der wüsten Völlerei und Wollust zu ergeben! Anderes erwartet man von uns beiden ja nicht! Man wird es mir dennoch zur Last legen, dass ich mich bei anderen Weibern aufhalte, während die Frau, von der jeder dachte, sie würde meine Königin werden, einsam und verlassen auf kalten Steinen stirbt!«

»Besser, als dass man die Wahrheit erführe. Es würde dem alten Grafen das Herz brechen.«

»Ihr meint, es ist noch nicht gebrochen, wenn er von ihrem Tod erfährt? Vielleicht bricht es ihm aber auch nur das Herz, weil sie versagte! Loisin gestand mir, der Weißen Flamme anzugehören.« Der Prinz nahm einen tiefen Schluck. »Sie verehrte ihren Vater, also …«

»Mag auch er dem Kult angehören«, beendete Tarkan den Satz des Prinzen. Er sah zu, als der Prinz den Becher leerte. »Wenn Ihr so weitermacht, mein Prinz, seid Ihr bald nicht mehr bei Sinnen.«

»Wer sagt, dass ich es im Moment noch bin? Ich fühle mich gewiss nicht so! Aber Ihr habt recht, das ist das Ziel, mein Freund«, lachte der Prinz bitter. »Das ist das Ziel. Doch vorher … nehmt den Dolch und reicht ihn mir.«

Tarkan tat wie geheißen, und achtete wohlweislich darauf, seinem Prinzen das Heft zu präsentieren.

»Seht, Freund, wenn Ihr die Parierstange etwas zur Seite drückt, und hier dreht …« Mit einem Klicken löste sich das Heft vom Stahl der Klinge und der Prinz zog es vom Dorn. Er klopfte mit dem Heft gegen die Stuhllehne und ein kleines goldenes Röhrchen fiel heraus. Er nahm es auf und löste den Verschluss. Ein kleines Stück Pergament fiel heraus, der Prinz reichte es an Tarkan weiter.

Dieser las den Text und seine Augen weiteten sich.

»Aber …«

»Hört gut zu«, unterbrach ihn der Prinz. »Der Tod meiner Mutter war kein Unfall, jeder vermutet es, aber Euer Vater sagt, man habe nun den Beweis gefunden. Es war der Kult, der sie ermorden ließ … doch seinen Anfang nahm es in Askir, als sie dort vor fast sieben Jahren dem Kronrat beiwohnte. Dort erhielt der Mörder den Auftrag … also schicke ich Euch dorthin. Eure Aufgabe wird es sein, ihn zu finden. Doch ich wäre Euch auch verbunden, wenn Ihr dafür sorgen würdet, dass ich die Sitzung des Kronrats überleben werde … und vielleicht sogar doch lange genug lebe, um die Krone zu tragen!«

Er hielt die Hand Tarkan entgegen und dieser gab dem Prinzen das Pergament zurück. Sorgfältig tat der Prinz es wieder in das Röhrchen und setzte den Dolch zusammen.

»Der Botschafter in Askir, Graf Altins, besaß das volle Vertrauen meiner Mutter«, sagte er dann leise. »Mehr als das, Euer Vater offenbarte mir, dass er ihr Liebhaber gewesen wäre. Der Botschafter war es selbst, der vorschlug, ihn nach Askir zu entsenden, damit diese Liebschaft nicht den Ruf meiner Mutter zerstörte. Ich kannte ihn ganz gut, ein ruhiger, freundlicher Mann, ein tapferer Ritter und ein außergewöhnlich geschickter Diplomat.«

Der Prinz reichte den Dolch an Tarkan weiter, der ihn wortlos in das Ebenholzkästchen legte.

»Doch was ich seit einiger Zeit aus der Reichsstadt höre, hat mit dem Mann, den ich kannte und den meine Mutter wohl in ihr Herz geschlossen hatte, kaum mehr noch etwas gemein. Euer Vater, der Regent, schlägt vor, ihn zügig auszutauschen, bevor er ein Unheil anrichten kann. Was es ist, das den Mann so veränderte, kann ich Euch nicht sagen, es ist nicht der Suff, oder anderes, was offensichtlich wäre. Ihr, mein Freund, müsst entscheiden, ob es so geschieht! Das ist das eine. Zum anderen gibt es in der Botschaft einen Mann. Euer Vater schickte ihn vor Jahren, um herauszufinden, was damals in der Kaiserstadt geschah … sein Auftrag lautete, den Kult zu unterwandern. Wenn die Botschaft frei von diesem Gezücht ist, umso besser, denn dann wird der Kult erst recht ein Interesse daran haben, ihn für sich zu gewinnen! Das zumindest war der Plan.«

»Wie heißt der Mann?«, fragte Tarkan und der Prinz schüttelte den Kopf. »Nur Euer Vater weiß es und er schwor, dass er sich bemüht hätte, den Namen zu vergessen. Ihr kennt ihn ja, so ist es auch möglich, dass er mir den Namen einfach nicht nennen wollte! Ihr wisst von den Praktiken des Kults … und was notwendig ist, damit jemand dort eine wichtigere Position erreicht … er wird mindestens einen Feuerbrand verursacht haben, bevor man ihm im Kult vertraut. Viel härter kann man einen Mann wohl kaum entscheiden lassen!«

Tarkan schluckte. »Ist der Mann denn vertrauenswürdig?«

»Der Kult ermordete seine ganze Familie. Er durfte zusehen, wie seine jüngere Schwester und sein Bruder in den Flammen starben, seiner Mutter Gewalt angetan und sein Vater erschlagen wurde«, sagte der Prinz bitter. »Das ist das wahre Gesicht des Kults … Mord und Schandtaten!« Er griff nach der Flasche, doch Tarkan zog sie ihm weg.

»Noch nicht, mein Prinz«, sagte er bestimmt. »Lasst uns das zu Ende bringen, dann helfe ich Euch gerne bei dem größten Rausch, den Ihr jemals hattet!«

»Gut«, sagte der Prinz. »Euer Wort war schon immer bindend. Ich werde mir besonders viel Mühe geben, Euch den Wein zu stehlen und Euch im Suff noch zu überbieten!« Er wies auf den Dolch, den Tarkan zur Seite gelegt hatte. »Ihr werdet den Mann daran erkennen können, dass er einen Dolch wie diesen hier besitzt. Er wird Euch sagen können, was wir wissen wollen! Euer Vater meint, Ihr könntet ihm vertrauen.« Der Prinz sah hoch zu Tarkan. »Das heißt schon etwas, denn es ist Euer Leben, um das es geht. Euer Vater liebt Euch.«

»Manchmal hat es nicht den Anschein«, sagte Tarkan. »Askir ist weit weg von unseren schönen Frauen, und ich hörte, es sei kälter dort … und der Wein wird schwerlich so gut sein!«

Der Prinz lachte, doch es war ein bitteres Lachen.

»Gesprochen wie ein wahrer Stutzer, mein Freund. Was meint Ihr, wie lange werden wir diese Scharade noch aufrechterhalten müssen?« Er wies mit einer Geste auf das Schwert, das neben Tarkans Bett an der Wand lehnte. »Wenigstens habt Ihr das. Wenigstens zum Teil muss man das ernst nehmen und Euch dafür respektieren.«

»Ihr habt auch eines«, erinnerte Tarkan den Prinzen leise.

»Ich habe es gewonnen, während ich Eure Rüstung trug, mein Freund«, sagte der Prinz. »Weil auch ich wissen wollte, ob ich den Stahl besitze oder nur das Mundwerk.« Er lächelte etwas und lachte. »Mal schauen, ob es uns irgendjemand glauben wird, wenn es so weit ist.« Er griff nach der Flasche und diesmal reichte Tarkan sie ihm.

»Wein ist eine Art, seinen Kummer zu ertränken«, sagte der Prinz. »Es gibt auch eine andere.« Er sah bedeutsam auf das zerwühlte Bett.

Tarkan seufzte. »Sie hat eine Schwester«, sagte er dann. »Und beide haben ein großes Herz. Wenn es einen Bastard gibt …«

Der Prinz nickte ernst. »Es wäre mein erster«, sagte er. »In solchen Dingen weiß ich, was sich gehört und ich bin nicht minder vorsichtig, als Ihr es seid, wie Ihr wohl wisst.«

Er sah Tarkan spekulierend an. »Ihr nascht an so vielen Blüten, mein Freund … doch irgendwie denke ich, dass Ihr sie alle liebt!«

Tarkan zuckte die Schultern. »Was ist nicht zu lieben an der Weiblichkeit?«

Jetzt stand Tarkan da und wog nachdenklich den Dolch in seiner Hand. So schnell würde er jene Nacht wohl nicht vergessen. Als damals ein Bote mit der Kunde von dem Unfall von der Kronburg kam, hätte wahrlich jeder denken können, man hätte den Baronet und den Prinzen bei einer Orgie gestört … großzügig wie der Prinz war, hatte er den beiden Schwestern einen Hof und Land gegeben und einen schweren Beutel Gold. Schweigegeld, aber nicht für lüsterne Geheimnisse, sondern dafür, dass sie auf Eid versprechen mussten, niemandem von den Tränen des Prinzen zu berichten.

Kurz vor seiner Abreise hatte Tarkan noch erfahren, dass Graf Balduir die ehrenvolle Aufgabe übernommen hatte, einen südlichen Grenzort aufzubauen und ihn gegen die Barbaren zu beschützen, die seit Jahrhunderten immer wieder versuchten, in das Land einzufallen.

Er kleidete sich hastig an, wischte sich doch nur kurz über die Stiefel, griff Schwert und Dolch und eilte davon.

5.  Keine leichte Beute

Es war schon lange her, dass sie das letzte Mal in der Nacht zum Hafen hinuntergegangen war, dachte Desina, als sie auf das Korntor zuging, vor allem wenn man bedachte, dass sie dort aufgewachsen war.

Eine hohe Mauer, die innere Hafenmauer genannt, trennte das Vier-Fünftel-Rund des Hafens von der eigentlichen Stadt. Drei Tore führten durch die innere Hafenmauer, das Tempeltor im Norden, das Korntor, und das Handwerkstor im Süden, hinter den Lagerhäusern und der ehemaligen südlichen Hafenwacht zu Füßen der alten verfallenen Seefeste. Von allen war das Korntor das größte, mit drei breiten hohen Durchfahrten, durch die auch der größte Handelswagen ohne Probleme passieren konnte, zwei Wiegestationen, dem Zollhaus und der Kornwache. Der Hafen war eine Freihandelszone, erst wenn man eines der drei Tore passierte, war es erforderlich, Zoll auf die Waren zu bezahlen, die man auf den Märkten am Hafen oder bei den Auktionen erstanden hatte.

Jetzt, in der Nacht, waren die großen Tore geschlossen, doch es würde nicht lange dauern, bis die ersten Händler mit ihren Karren hier zu finden waren, wo sie geduldig darauf warteten, dass sich die Tore öffneten. Der Hafen schlief nie, auch in der Nacht liefen hier Schiffe ein, geleitet von den großen Leuchtfeuern auf den Türmen der Seemauer. So war es oft die erste Auktion, kurz nach Sonnenaufgang, die für die Händler am interessantesten war, konnte man doch nie wissen, welche Ladung in der Nacht den Hafen erreicht hatte.

Als sie näher kam, sah sie, dass es jemanden gab, der nicht die Geduld besaß, bis zum Morgen zu warten und darauf bestand, dass man sogleich für ihn das Tor öffnen sollte.

Ein Schwertsergeant der Seeschlangen, der wohl heute Nacht das Kommando hier am Tor innehatte, versuchte, dem Mann zu erklären, warum dies nicht möglich war.

Zwei weitere Seeschlangen und drei Bullen von der Fünften Legion, gerüstet in ihren schweren Plattenrüstungen, betrachteten das Spektakel mit kaum verhohlenem Interesse, während sie sich auf das Parierstück ihres Zweihänders stützten, oder auf den Schaft einer schweren Hellebarde.

Der Mann, der so dringend in den Hafen wollte, war jung, mit blond gelocktem Haar, das ihm bis auf die Schultern reichte, glatt rasiert bis auf einen Oberlippen- und einen Spitzbart, ganz im Stil der herrschenden Mode. Reich gekleidet war er auch, er trug ein dunkles Wams aus Samt, mit Lederstreifen und Brokat versetzt, enge schwarze Leinenhosen betonten vorteilhaft die Form seiner Beine, und die hohen Lederstiefel waren mit ihren Absätzen wohl mehr fürs Reiten als fürs Gehen gedacht … mit glatten Sohlen, die hier auf den oft feuchten Pflastersteinen des Hafens keinen guten Halt bieten würden.

An seiner Seite trug er ein Langschwert, im Gürtel einen schweren Dolch. Ein Stutzer, seiner Kleidung nach, ein Sohn eines reichen Handelsherren, oder ein junger Adeliger aus den Reichen. Doch was wollte er hier?

»Ser, es tut mir leid«, sagte der Sergeant der Wache. »Ich kann Euch nicht passieren lassen.«

»Hat Er mich nicht verstanden, Soldat?«, antwortete der junge Mann gereizt. »Ich bin Baronet von Freise, Sondergesandter des Prinzen von Aldane! Einer meiner Landsleute liegt gemeuchelt im Hafen, und der Botschafter selbst hat mich angewiesen, mich um den Unglücklichen zu kümmern! Ich erwarte, Soldat, dass Er mir sofort das Tor öffnen wird!«

»Es tut mir leid, Ser«, antwortete der Sergeant geduldig. »Es ist auch nicht so, als ob ich Euch keinen Glauben schenken wollte. Doch wenn Ihr der seid, der Ihr behauptet zu sein, wird man Euch bei Eurer Ankunft eine Passiermünze gegeben haben. Das Tor zum Hafen bleibt in der Nacht geschlossen, bis kurz vor der zweiten Glocke, dann wird es geöffnet werden.« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Ser, ohne diese Münze darf ich Euch das Tor nicht öffnen!«

Mittlerweile war auch Desina näher getreten und hatte das Interesse der anderen Soldaten erweckt. Der Sergeant sah auf, sah sie in ihrer dunklen Robe näher kommen, schien zuerst ein wenig ungläubig, dann lächelte er erleichtert.

»Ser, einen Moment bitte«, bat er den Adeligen und wandte sich Desina zu. »Vielleicht …«, begann er, doch der Aldane warf nur einen Blick auf Desina und unterbrach den Sergeanten.