Cover

Über dieses Buch:

Trödeln, träumen und bummeln … gibt’s was Schöneres?
Auf dem Nachhauseweg von der Schule lässt sich Marie immer ganz viel Zeit – denn es gibt ja auch einiges zu entdecken. Doch als sie diesmal im Rosenweg ankommt, traut sie ihren Augen nicht: ihr Zuhause mit der blauen Tür und den blauen Fensterrahmen ist einfach verschwunden! Und weg ist auch ihr Papa, der heute Schokoladenpudding kochen wollte. Wie kann das sein? Für Marie beginnt nun ein ganz besonderes Abenteuer voller kleiner und großer Überraschung – und mit jeder Menge neuer Freunde!

Eine kunterbunte Erzählung über die Kraft der Fantasie – nicht nur für alle Trödelliesen und -fritzen

Über die Autorin:

Regula Venske wurde 1955 in Minden geboren und wuchs in Münster auf. 1987 promovierte sie zum Doktor der Philosophie. Im selben Jahr erhielt sie den Oldenburger Jugendbuchpreis. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Kriminalromane, für die sie u. a. mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde. Regula Venske ist Mitglied im Autorenverband deutschsprachiger Kriminalschriftsteller SYNDIKAT (www.das-syndikat.com) und im PEN, dessen Generalsekretärin sie seit 2013 ist (www.pen-deutschland.de). Regula Venske lebt in ihrer Wahlheimatstadt Hamburg.

Die Website der Autorin: www.regulavenske.de

Bei dotbooks erscheint von der Autorin:

Als Papa den Mond abschoss
Lale und der goldene Brief
Der geklaute Heilige

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eBook-Neuausgabe Oktober 2016

Copyright © der Originalausgabe 2000 Gerstenberg Verlag, Hildesheim

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-731-4

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Regula Venske

Ein Haus auf Reisen

dotbooks.

Kapitel 1
Dreiundzwanzig Schornsteinfeger und ein Königsstift

»Marie trödelt wieder. Hey, träumst du? Huhu, Mariiiie!«

Das ist der freche Fritz, der sie in den Oberarm kneift. »Pass auf, du Trödel-Marie, sonst dreht sich die Erde noch ohne dich weiter!«

Das ist Lisaweta, diese langweilige Streberin. Kichernd sind die anderen Kinder verschwunden und Marie bleibt allein im Klassenzimmer zurück. In aller Ruhe packt sie ihre Bücher und Stifte zusammen. Ihr Lieblingsbleistift glitzert in silbernen und goldenen Spiralen. Er ist der König unter ihren Stiften. Mit ihm malt sie die allerschönsten Buchstaben und Zahlen. Aber o weh, seine Spitze ist ganz stumpf. So zerlumpt kann ein König wohl nicht auf Reisen gehen. Rasch kramt Marie ihren Anspitzer hervor.

Der Anspitzer hat die Form einer kleinen Kugel. Alle Länder der Erde sind in verschiedenen Farben auf ihm zu sehen. Heute hat die Lehrerin den Kindern erzählt, dass die Erde ein Ball ist, der sich um sich selber dreht. Einmal im Laufe eines jeden Tages.

»Die Sonne bleibt immer fest am Himmelszelt stehen, nur wir auf der Erde drehen uns um sie herum«, hat die Lehrerin erklärt.

Während Marie ihren Königsbleistift anspitzt, schließt sie die Augen. Mit der rechten Hand dreht sie den Bleistift, mit der linken bewegt sie den Anspitzer hin und her. Plötzlich kann sie richtig spüren, wie die Erde sich dreht. Fast wird ihr schwindelig davon.

Schnell reißt sie die Augen wieder auf. Das Schulzimmer, die verschmierte Tafel, die Tische und Bänke, der Kastanienbaum draußen vorm Fenster, alles ist zum Glück noch an seinem alten Platz. Und ihr Bleistift ist jetzt schön gespitzt und glänzt noch königlicher als zuvor. Sie steckt ihn und den Anspitzer zu den anderen Sachen in den Ranzen.

»Danke sehr, mein Fräulein«, hört sie den Bleistift flüstern.

Im Schulgebäude ist es ganz still. Marie liebt es, durch die leeren Flure zu schlendern. Kein Lärm und Geschrei, kein frecher Fritz, der sie anrempelt, keiner, der sie stößt oder pufft. In Ruhe kann sie die Bilder betrachten, die vor den Klassenzimmern hängen. Dreiundzwanzig Schornsteinfeger spazieren da entlang. Eine Schornsteinfegerin mit einem lustigen Pferdeschwanz ist auch dabei. Die hat Marie gemalt. So einen Pferdeschwanz hätte sie selbst auch zu gern, aber leider sind ihre Haare zu kurz und zu dünn dafür. Aber was ist das? Der dritte Schornsteinfeger von rechts zwinkert ihr zu und streckt ihr die Zunge raus. Marie hat es ganz deutlich gesehen.

»He, benimm dich mal!«, sagt Marie. »Das sieht man doch sofort, dass du vom Fritz gemalt bist. Genauso frech wie er! Außerdem sitzt dein Hut schief. Ich könnte dir ja einen besseren malen, aber ich denke gar nicht daran.«

Mit einem Mal merkt Marie, dass sie Hunger hat. Sicher wartet Papa schon mit dem Mittagessen. Heute hat sie sich Nudelsuppe gewünscht und zum Nachtisch Schokoladenpudding mit Mandarinenspalten. Sie muss sich jetzt wirklich beeilen, sonst schimpft Papa noch mit ihr. Er nennt sie auch manchmal »Trödel-Marie«. Oder »Bummel-Marie«. Und Mama nennt sie ihr »Träumerchen«, aber nur manchmal und ganz lieb. Mama kriegt von ihrem Trödeln nicht so viel mit, weil sie erst abends von der Arbeit nach Hause kommt. Dann muss Marie nur noch ins Bett trödeln und das geht ja fast wie von selbst. Aber Papa fürchtet, er werde sich ihretwegen noch mal die Haare ausraufen. Eine kahle Stelle auf dem Hinterkopf hat er jetzt schon davon. Und manchmal schimpft er: »Deinetwegen stehe ich mir hier die Beine in den Bauch, du Bummel-Marie!«