Inhaltsverzeichnis

Personen

Erster Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt

Zweiter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt

Dritter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt

Vierter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt

Fünfter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter und letzter Auftritt
Jean Baptiste Racine

Phedre

Klassiker der französischen Literatur übersetzt von Friedrich Schiller

Übersetzer: Friedrich Schiller

e-artnow, 2018
Kontakt: info@e-artnow.org

ISBN 978-80-268-7220-7

Siebenter und letzter Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Theseus.
Phädra.
Theramen.
Panope.


Theseus.
Nun wohl, du hast gesiegt, mein Sohn ist todt.
Ach, wie gerechten Grund hab' ich, zu fürchten!
Welch grausamer Verdacht erhebt sich furchtbar
In mir und spricht ihn frei in meinem Herzen!
Doch – er ist todt! Unschuldig oder schuldig!
Nimm hin dein Opfer! Freu dich seines Falls!
Ich will'ge drein, mich ewig zu betrügen!
Du klagst ihn an, so sei er ein Verbrecher!
Schon gnug der Thränen kostet mir sein Tod;
Nicht brauch' ich's, ein verhaßtes Licht zu suchen,
Das meinem Schmerz ihn doch nicht wieder gibt,
Vielleicht das Maß nur meines Unglücks füllt.
Laß mich, weit, weit von dir und diesem Ufer
Das Schreckbild fliehen des zerrißnen Sohns!
Heraus fliehn möcht' ich aus der ganzen Welt,
Um dieser Qual Erinnrung zu entweichen.
Was mich umgibt, rückt mir mein Unrecht vor;
Zur Strafe wird mir jetzt mein großer Name,
Minder bekannt, verbarg' ich mich so mehr;
Die Huld sogar der Götter muß ich hassen,
Beweinen will ich ihre blut'ge Gunst,
Mein eitles Flehn soll sie nicht mehr bestürmen.
Was sie auch für mich thun, ihr traur'ger Eifer
Ersetzt mir nie mehr, was er mir geraubt!


Phädra.
Es sei genug des ungerechten Schweigens,
Theseus! Recht widerfahre deinem Sohn!
Er war nicht schuldig.


Theseus.
O ich unglücksel'ger Vater.
Weh mir, und auf dein Wort verdammt' ich ihn!
Grausame, damit glaubst du dich entschuldigt?


Phädra.
Die Zeit ist kostbar. Theseus, höre mich!
Ich selbst war's, die ein lasterhaftes Auge
Auf deinen keuschen Sohn zu richten wagte.
Der Himmel zündete die Unglücksflamme
In meinem Busen an – Was nun geschah,
Vollführte die verdammliche Oenone.
Sie fürchtete, daß Hippolyt, empört
Von meiner Schuld, sie dir entdecken möchte,
Und eilte, die Verräterin! weil ich
Nur schwach ihr widerstand, ihn anzuklagen.
Sie hat sich selbst gerichtet und, verbannt
Aus meinem Angesicht, im Schooß des Meers
Allzu gelinden Untergang gefunden.
Mein Schicksal würde längst ein schneller Stahl
Geendigt haben; doch dann schmachtete
Noch unter schimpflichem Verdacht die Tugend.
Um meine Schuld dir reuend zu gestehn,
Wählt' ich den langsameren Weg zum Grabe.
Ein Gift flößt' ich in meine glühenden Adern,
Das einst Medea nach Athen gebracht.
Schon fühl' ich es zu meinem Herzen steigen,
Mich faßt ein fremder, nie gefühlter Frost,
Schon seh' ich nur durch einer Wolke Flor
Den Himmel und das Angesicht des Gatten,
Den meine Gegenwart entehrt. Der Tod
Raubt meinem Aug das Licht und gibt dem Tag,
Den ich befleckte, seinen Glanz zurück.


Panope.
Ach, Herr, sie stirbt!


Theseus.
O stürbe doch mit ihr
Auch die Erinnerung so schwarzer That!
Kommt, laßt uns nunmehr, da wir unser Unrecht,
Ach, nur zu hell erkennen, mit dem Blut
Des lieben Sohnes unsre Thränen mischen!
Kommt, seine theuren Reste zu umfassen
Und unsers Wunsches Wahnsinn abzubüßen!
Wie er's verdiente, soll ihm Ehre werden,
Und kann es seine aufgebrachten Manen
Besänftigen, sie, die er liebte, nehm' ich
Zur Tochter an, was auch ihr Stamm verschuldet.

Personen

Inhaltsverzeichnis

Theseus, König von Athen.

Phädra, seine Gemahlin, Tochter des Minos und der Pasiphaë

Hippolyt, Sohn des Theseus und der Antiope, Königin der Amazonen

Aricia, aus dem königlichen Geschlechte der Pallantiden zu Athen.

Theramen, Erzieher des Hippolyt.

Oenone, Amme und Vertraute der Phädra.

Ismene, Vertraute der Aricia.

Panope, vom Gefolge der Phädra.

Erster Auftritt

Inhaltsverzeichnis

Hippolyt.
Theramen.


Hippolyt.
Beschlossen ist's, ich gehe Theramen,
Ich scheide von dem lieblichen Trözene;
Nichtiger länger trag' ich's, müßig hier zu weilen,
In diesen Zweifeln, die mich ängstigen.
Sechs Monde weilt mein Vater schon entfernt;
Nichts will von seinem theuren Haupt verlauten,
Nichts von dem Orte selbst, der ihn verbirgt.


Theramen.
Wohin, o Herr, willst du ihn suchen gehn?
Dich zu beruhigen, durchkreuzt' ich schon
Die beiden Meere, die der Isthmus trennt,
Nach Theseus fragt' ich an den Ufern, wo
Der Acheron im Todtenreiche schwindet;
Elis hab' ich durchsucht, den Tänarus
Ließ ich im Rücken, ja ans Meer sogar
Bin ich gedrungen, welchem Ikarus
Den Namen gab – Was hoffst du ferner noch?
In welchen glücklicheren Himmelsstrichen
Gedenkst du seine Spuren aufzufinden?
Ja, wissen wir, ob uns der König nicht
Vorsätzlich seinen Aufenthalt verbirgt
Und, während daß wir für sein Leben zittern,
Sich still vergnügt in neuen Liebesbanden?


Hippolyt.
Halt, Freund, und sprich mit Ehrfurcht von dem König!
Unwürd'ge Ursach hält ihn nicht zurück;
Entsagt hat er dem wilden Recht der Jugend,
Phädra hat seinen flücht'gen Sinn gefesselt
Und fürchtet keine Nebenbuhlerin mehr.
Genug, ich such' ihn, folge meiner Pflicht
Und fliehe diesen Ort, der mich beängstigt.


Theramen.
Wie, Herr, seit wann denn fürchtest du Gefahr
In diesem stillen Land, das deiner Kindheit
So theuer war, wohin du dich so gern
Geflüchtet aus dem rauschenden Athen?
Was kann dich hier bedrohen oder kränken?


Hippolyt.
Freund, jene sel'gen Tage sind dahin;
Ein ganz verändert Ansehn hat jetzt alles,
Seitdem die Götter uns des Minos Tochter
Und der Pasiphaë hieher gesandt.


Theramen.
Herr, ich versteh', ich fühle, was dich drückt.
Dein Kummer ist es, Phädra hier zu sehen –
Stiefmütterlich gesinnt, sah sie dich kaum,
Gleich übte sie verderblich ihre Macht;
Dich zu verbannen, war ihr erstes Werk.
Doch dieser Haß, den sie dir sonst geschworen,
Ist sehr geschwächt, wenn er nicht ganz verschwand.
Und welches Unheil kann ein Weib dir bringen,
Das stirbt und das entschlossen ist, zu sterben?
Die Unglückselige wird einem Schmerz
Zum Raub, den sie mit Eigensinn verbirgt;
Sie ist der Sonne müd und ihres Lebens,
Wie kann sie gegen dich Verderben spinnen?


Hippolyt.
Nicht ihr ohnmächt'ger Haß ist's, was ich fürchte
Ganz eine andre Feindin will ich fliehn;
Es ist Aricia, ich will's gestehn,
Die letzte jenes unglücksel'gen Stamms,
Der gegen uns feindselig sich verschworen.


Theramen.
Auch du verfolgst sie, Herr? Die holde Schwester
Der wilden Pallantiden, hat sie je
Der Brüder schwarze Meuterei getheilt?
Und könntest du die schöne Unschuld hassen?


Hippolyt.
Wenn ich sie haßte, würd' ich sie nicht fliehn.


Theramen.
Herr, wag' ich's, deine Flucht mir zu erklären?
Wärst du vielleicht der strenge Hippolyt
Nicht mehr, der stolze Feind der schönen Liebe,
Der muthige Verächter eines Jochs,
Dem Theseus sich so oft, so gern gebeugt
So lang von dir verachtet, hätte Venus
Des Vaters Ehre nun an dir gerächet?
Sie hätt' in eine Reihe dich gestellt
Mit Andern, dich gezwungen, ihr zu opfern? –
Du liebtest, Herr?


Hippolyt.
Freund, welche Rede wagst du?
Du, der mein Innres kennt, seitdem ich athme,