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Maria Geißler | Norina Lauer

Sprechapraxie

Ein Ratgeber
für Betroffene und Angehörige

 

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Die Informationen in diesem Ratgeber sind von den Verfasserinnen und dem Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Verfasserinnen bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Besuchen Sie uns im Internet: www.schulz-kirchner.de

3., vollständig überarb. Auflage 2015
ISBN 978-3-8248-1191-5
ISBN (PDF) 978-3-8248-0981-3
ISBN (ePub) 978-3-8248-1055-0

 

Die 1. Auflage 2005 sowie die 2. geringfüg. überarb. Auflage 2012 sind unter den ISBN 978-3-8248-0384-2 (kartoniert) und 978-3-8248-0663-8 (PDF) erschienen.

© Schulz-Kirchner Verlag GmbH, 2015
Mollweg 2, D-65510 Idstein
Vertretungsberechtigte Geschäftsführer:
Dr. Ullrich Schulz-Kirchner, Nicole Haberkamm
Titelfoto: © Alexander Raths · fotolia.com
Lektorat: Petra Schmidtmann, Doris Zimmermann
Umschlagentwurf und Layout: Petra Jeck
Druck und Bindung:
medienhaus PLUMP GmbH, Rolandsecker Weg 33, 53619 Rheinbreitbach
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur Reihe

Vorwort zur dritten Auflage

Einleitung

Sprechen bei gesunden Sprechern

Von der Idee zum Sprechen

Wie funktioniert das normale Planen einer Äußerung?

Sprechen bei Sprechapraxie

Was ist eine Sprechapraxie? Einige Definitionen

Was sind die Symptome einer Sprechapraxie?

Wie werden die Symptome festgestellt?

Störungen der Lautbildung

Störungen der Prosodie

Störungen des Sprechverhaltens

Sprechbeispiel

Andere Sprech- und Sprachstörungen, die von Sprechapraxie abzugrenzen sind

Aphasie

Dysarthrie

Bukkofaziale Apraxie

Kriterien zur Beurteilung des Vorliegens einer Sprechapraxie

Wodurch entsteht eine Sprechapraxie? – Ursachen von Sprechapraxie

Begleiterscheinungen von Sprechapraxie

Folgen einer Sprechapraxie im alltäglichen Leben

Kommunikationsprobleme

Psychosoziale Folgen

Sprechangst – Was ist das?

Sprechangst – Was kann ich dagegen tun?

Kommunikationstipps

Umgang mit Sprechapraxie im Alltag – Kommunikationstipps für Angehörige und Betroffene

Kommunikationstipps für die Angehörigen

Kommunikationstipps für die Betroffenen

Wie kann ich als Angehöriger im Alltag noch helfen?

Therapie der Sprechapraxie

Wer behandelt eigentlich Sprechapraxie?

Wer bezahlt die Therapie?

Welche Therapieansätze gibt es?

Selbsthilfegruppen

Übersicht über Behandlungsansätze

Wortstrukturelle Ansätze

Metrischer Ansatz nach Jaeger und Ziegler

Minimalpaartherapie

Schlüsselworttechnik

Segmentorientierte Ansätze

Phonetische Ableitung

Progressive Approximation

Sprechdrill

Therapieansatz von Luzzatti und Springer

Rhythmisch-melodische Ansätze

Melodische Intonationstherapie

Externe und interne Taktgeber

Kontrastive Akzentuierung

Cueing-Techniken

Gestische Reorganisation

PROMPT bzw. TAKTKIN

Kommunikationstraining mit Hilfsmitteln

Literatur und Material

Literatur

Internet – Informationen und Ratgeber

Therapiematerial

Nützliche Adressen für Selbsthilfe und Therapie

Glossar

Die Autorinnen

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Maria Geißler

Logopädin, MSc in Human Communication Science (GB), war mehrere Jahre in der neurologischen Rehabilitation und als Lehrlogopädin tätig. Danach war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Fresenius in Idstein im Taunus.

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Norina Lauer

Logopädin, Dipl.-Logopädin, war mehrere Jahre als Logopädin und Lehrlogopädin tätig. Seit 2009 leitet sie den Studiengang Logopädie an der Hochschule Fresenius in Idstein, wo sie 2011 als Professorin für Logopädie berufen wurde. Ihr fachlicher Schwerpunkt liegt im Bereich neurologisch bedingter Sprach- und Sprechstörungen.

| Vorwort zur Reihe und zur ersten Auflage

Die Ratgeber für „Angehörige, Betroffene und Fachleute“ vermitteln kurz und prägnant grundlegende Kenntnisse (auf wissenschaftlicher Basis) und Hilfestellungen zu ausgewählten Themen aus den Bereichen der Medizin, der Sprach- und der Ergotherapie. Die Autor(inn)en der Reihe sind ausgewiesene Fachleute mit langjähriger Erfahrung in Therapie, Beratung und Lehre.

Die Sprechapraxie ist innerhalb der Neurologie ein „ungeliebtes“, relativ unklares Thema. Umso mehr freut es mich, dass meine Kollegin Frau Geißler den aktuellen Sachstand zur Thematik allgemein verständlich darstellt. Ich hoffe, dass mit dem vorliegenden Band wieder ein kleiner Schritt getan ist, dass Menschen mit Sprechapraxie therapeutische Versorgung bekommen und dass Interessierte ein Verständnis für Sprechapraxie entwickeln.

Prof. Dr. Jürgen Tesak †
(Herausgeber)

| Vorwort zur dritten Auflage

Für die Überarbeitung der Neuauflage konnte Frau Norina Lauer als Koautorin gewonnen werden. Mit der dritten Auflage dieses Ratgebers steht eine komplett überarbeitete Version zur Verfügung, in der alle Kapitel aktualisiert wurden. Das Modell des Sprechens ist um eine Darstellung des Zusammensetzens von Wörtern ergänzt worden. Beispiele für Sprechbewegungen wurden auf der Basis aktueller Erkenntnisse überarbeitet. Die Kommunikationstipps, alle Informationsmaterialien und Adressen sind aktualisiert worden und mögliche Begleiterscheinungen finden sich jetzt in einer übersichtlichen Tabelle. Die Behandlungsmöglichkeiten wurden um weitere Methoden ergänzt, sodass ein umfassender Überblick gegeben wird. Viele Grafiken und Fotos sind überarbeitet worden, um z.B. aktuelle Kommunikationsgeräte darzustellen oder Artikulationsbewegungen besser zu veranschaulichen.

Norina Lauer und Maria Geißler

| Einleitung

Sprechen ist ein sehr komplexer Prozess. Viele fein abgestimmte Bewegungen sind notwendig, damit wir fehlerfrei sprechen. Außerdem läuft Sprechen in der Regel völlig automatisch ab. Im Alltag denken wir kaum über den Ablauf des Sprechens nach, es sei denn, Probleme treten auf.

Sprechen ist für Menschen einzigartig. Wir sprechen unter anderem, um uns mit unserer Umwelt verständigen zu können, Informationen auszutauschen oder soziale Kontakte zu pflegen. Wir sprechen im Berufsleben, in unserer Familie, mit Freunden und anderen. Somit führt eine Sprechstörung oft zu schwerwiegenden Kommunikationsschwierigkeiten und psychosozialen Einschränkungen im Alltag der Betroffenen.

Eine solche Sprechstörung ist die Sprechapraxie. Bei einer Sprechapraxie können die Betroffenen die Bewegungen zum Sprechen nicht mehr korrekt programmieren. Sie sprechen dann Laute häufig undeutlich aus und der Hörer hat den Eindruck, dass falsche Laute ausgesprochen werden oder Laute weggelassen oder hinzugefügt werden. Dazu kommen oft eine starke Anstrengung und Suchbewegungen beim Sprechen.

Dieser Ratgeber ist für die Betroffenen und die Angehörigen von Menschen mit Sprechapraxie geschrieben worden. Er soll über Symptome und Ursachen sowie Folgen im Alltag informieren und aufklären. Er gibt des Weiteren einen kurzen Überblick über gängige Behandlungsverfahren bei Sprechapraxie. Außerdem enthält er einige Tipps über sinnvolle Hilfen und weitere Literatur bzw. Möglichkeiten der Selbsthilfe. Ein Glossar am Ende des Ratgebers gibt einen Überblick über einige wesentliche Fachbegriffe.

Wenn für einzelne Begriffe die maskuline Form (Betroffener, Patient, Angehöriger etc.) und für andere die feminine Form (Sprachtherapeutin) verwendet wird, hat dies ausschließlich etwas mit der sprachlichen Vereinfachung zu tun. Selbstverständlich sind immer Personen beider Geschlechter gemeint.

| Sprechen bei gesunden Sprechern

Bevor wir uns mit der Frage beschäftigen, was Sprechapraxie ist, versuchen wir zuerst die Frage zu beantworten, wie gesundes Sprechen abläuft. Sie werden ein sehr vereinfachtes Modell zur Sprachverarbeitung kennenlernen, anhand dessen verdeutlicht wird, wie normales Sprechen funktioniert.

Von der Idee zum Sprechen

Stellen Sie sich vor, Sie möchten etwas sagen. Was müssen Sie dazu tun? Zuerst müssen Sie wissen, was Sie sagen wollen. Sie überlegen sich also, welchen Inhalt Ihre Äußerung haben soll.

Damit Ihre Idee für Ihre Gesprächspartner verständlich ist, werden Sie diese nun in „Sprache übersetzen“. Sie suchen zum Beispiel die geeigneten Wörter, denken nach, welchen Satzbau Sie nutzen oder in welcher Form Sie die gefundenen Wörter einsetzen, und Sie überlegen, welche Laute Sie in welcher Reihenfolge für Ihre Äußerung einsetzen.

Da Sie sprechen und nicht schreiben möchten, müssen Sie nun planen, wie Sie Ihre Äußerung sprechen. Sie müssen also „programmieren“, welche Bewegungen Sie einsetzen, damit eine verständliche Äußerung zustande kommt. Dazu gibt Ihr Gehirn Ihren Sprechorganen (z. B. Zunge und Lippen) Befehle, wie sie sich zu bewegen haben, um die geplante Äußerung umzusetzen.