Das Ehebuch für Führungskräfte
Ein Buch für Paare, die Verantwortung tragen:
•für Familienfrauen, die gerade den Anruf bekommen haben: „Schatz, es wird später; fangt doch mit dem Essen schon mal an!“;
•für Geschäftsleute, die sich soeben mit schlechtem Gewissen vom Abendessen abgemeldet haben;
•für Pastoren, Verkaufsleiterinnen, Schulleiter, Politikerinnen, Vereinspräsidenten, Pflegedienstleiterinnen, Haus- und Jugendkreisleiter ...
Unsere Ehe ist ein Trainingscamp für Führungsaufgaben. Und wer Leitungsverantwortung so wahrnimmt, wie Gott es sich gedacht hat, erwirbt sich Haltungen, die auch der Ehe zugute kommen. Wie aber werden wir zu Paaren, die ihre Aufgaben lustvoll miteinander gestalten; deren gemeinsame Verantwortung ihre Liebe vertieft und deren Paarkraft und Ausstrahlung andere inspiriert?
Kompetent und ehrlich schildern Daniel und Käthi Zindel-Weber die Chancen und Risiken von „Führungsehen“ und geben dabei auch Anteil an ihren eigenen Erfahrungen. Die Mischung aus praktischen Impulsen und tiefen Inspirationen fasziniert; verbunden mit der steten Einladung, Gott mit ins Boot zu nehmen.
Käthi Zindel-Weber, geboren 1959, ist Lehrerin/Seelsorgerin und leitet das Rhynerhus, eine Erziehungs- und Lebensberatungsstelle in Zizers/Graubünden. Sie ist verheiratet mit Daniel Zindel, geboren 1958. Er ist Theologe und leitet die Stiftung „Gott hilft“, ein christliches Sozialwerk in Graubünden, Schweiz. Daneben ist Daniel Zindel Autor von Büchern und Zeitschriften-Artikeln.
Zindels sind Eltern von vier erwachsenen Kindern und auch in der Beratung von Ehepaaren tätig.
Weitere Bücher von Daniel Zindel:
•Daniel Zindel, Gestillt – Nachtgespräche mit David (2. Auflage)
•Daniel Zindel, Geistesgegenwärtig führen – Spiritualität und Management (3. Auflage)
www.stiftung-gotthilft.ch
Dieses Buch als E-Book:
ISBN 978-3-86256-715-7, Bestell-Nummer 588 789E
Dieses Buch in gedruckter Form:
ISBN 978-3-937896-89-2, Bestell-Nummer 588 789
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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Daten sind im Internet über www.d-nb.de abrufbar
Bibelzitate sind, sofern nicht anders angegeben, der Zürcher Bibel entnommen. Zürcher Bibel 2007 © 2007 Verlag der Zürcher Bibel beim Theologischen Verlag Zürich. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Verlages
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Satz: Neufeld Verlag
2., überarbeitete Auflage 2012
© 2010 Neufeld Verlag Schwarzenfeld
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Zu diesem Buch
Über die Autoren
Impressum
Einleitung
Unser Weg
Keine Ideologie, sondern Gottes liebevolles Design für Ihre Ehe
Was dem Leben letztlich Sinn gibt
Trialog
Lösungen auf der Ebene der Haltungen
Ein Ehe-ABC und ein Führungsbuch
Für und vor wem lese ich dieses Buch?
Teil I: Ein Ehe-ABC
Abhängigkeit
Der Mythos der Unabhängigkeit
Auf Gott und den Mitmenschen bezogen
Dreierbeziehung
Beten
Beten stärkt die Selbstwahrnehmung
Beten ist Psychohygiene
Göttliche Supervision und Stillung im Gebet
Negative Gefühle abfließen lassen
Als Ehepaar gemeinsam beten
Konstruktiver Umgang mit Führungsfrust
Charakter
Ko-Evolution
Der Punkt der Anziehung wird zum Punkt des Konflikts
Tri-Evolution
Charakterentwicklung durch Leitungsverantwortung
Dialog
Mehr als Kommunikationstraining
Trialog: Gott öffnet uns das Herz und löst unsere Zunge
Keine Konfliktvermeidung
Führen ist Kommunizieren
Ehe
Dies Geheimnis ist groß
Das Geheimnis der Partnerwahl
Zwei unabhängige Jas
Entscheiden – eine Grundfertigkeit im Wahrnehmen der Führungsverantwortung
Einheit durch Ergänzung
Teamfähigkeit
Familie
Familiensystem – ein lebendiger, fragiler Organismus
Familie und Führungsverantwortung – gesteigerter Bedarf an Verfügbarkeit und Präsenz
Familie – Ort der Geborgenheit und Erholung
Familien- und Hausarbeit
Gesinnung
Veränderung vollzieht sich in unserer Grundhaltung
Unsere Gesinnungen bestimmen unser Tun
Halt
Grenzen setzt mein Herz im Zwiegespräch mit Gott
Unser Partner ist Wächter vor unserem Abgrund
Du stellst meine Füße auf weiten Raum – göttliche Grenzerweiterungen
Führen heißt strukturieren
Intimität
Intimität als göttliches Geschenk
Die Hingabe einer Liebenden
Übertriebene Selbst- und Fremdkontrolle verleiten zum Pharisäismus
Wachstum unserer Fähigkeit zur Intimität in der Hingabe an Gott
Behandle Persönliches sachlich und Sachliches persönlich
Jesus
Wahrer Mensch
Wahrer Gott
Der Weg zu Gott
Gemeinde – Großfamilie Gottes
Kinder
Was wir an unseren Kindern lernen
Dem eigenen Hause gut vorstehen
Liebe
Eros – lichterlohes Reisigfeuer
Agape – stille Glut
Gott – die Quelle der Agapeliebe
Und wenn ich keine Liebe mehr habe?
Euer Einfluss reicht so weit, wie eure Liebe reicht
Lieben Sie Ihre Mitarbeitenden?
Mutter
Ein Weg des Dankens und des Vergebens
Neu
Opfer
Opfer bringen als Wahl
Opfer bringen, ohne Opfer zu sein
Portemonnaie
Gott kann mehr Verantwortungsbewusstsein und mehr Unbekümmertheit schenken
Familiengeldbeutelkultur
Geld und Geist
Quelle
Die Qualität einer Quelle
Für Paare in Führungsverantwortung wird die Ressourcenfrage zur Schlüsselfrage
Regeln
Regulierungen im Unternehmen
Der Sinn von Abmachungen
Sexualität
Eins werden in der Ergänzung
Sexualität – unser ganz persönliches Projekt
Sex und Führungsverantwortung
Treue
Spiritualität und Treue
Ehebruch ist Lebensbruch
Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren nach dem Prinzip »Treu und Glauben«
Unterordnung
Wer ist in einer Ehe der Boss?
Wie lösen wir Meinungsverschiedenheiten?
Vater
Vaterschaft – eine Investition, die sich lohnt
Wir
Schatten spendende Terebinthe
Xylon
Wachstumsringe
Gottes Ressource in uns
Ysop
Vergebung gewähren
Vergebung empfangen
Vertrauen muss neu geschenkt, kann nicht verdient werden
Zusammenarbeit
Was geschieht in der Zusammenarbeit?
Zusammenarbeit – wir stellen uns Gott als Mitarbeitende zur Verfügung
Einheit und Freiheit
Nicht entweder oder, sondern sowohl als auch: unser Ringen um einen gemeinsamen Stil
Vertrauen als Grundlage der Zusammenarbeit
Ehepaare in Verantwortung
Teil II: Ehepaare in Führungsverantwortung
1. Zwei unabhängige Jas zur Aufgabe
Zwei unabhängige Jas zu einer Verantwortung
Halbherzige Entscheidungen
Opfer – Täter – Verfolger
Wer Ja gesagt hat, übernimmt Verantwortung
Vier vertiefende Fragen
Wie kommt jeder von uns zu seiner Stellungnahme?
Was ist, wenn ich mich nie entschieden habe?
Muss eine Entscheidung erneuert werden?
Was, wenn ein Auftrag ausläuft?
Wachstum in der Entscheidungskompetenz als Ehepaar
Und wenn ich gar keine andere Wahl habe?
2. Ehe im Spannungsfeld von Liebesehe und Auftrag
Die Streiterehe des Grafen mit seiner Gräfin
ICHTHUS – Ich tu’s
Ehe im Horizont des Reiches Gottes
Die Verschiebung vom Geber zur Aufgabe
Wenn das christliche Projekt Christus ersetzt
Die »Eheperson« erleidet einen Burn-out
Totale Abgrenzung
Beide fühlen sich im Stich gelassen
Wege zu einem gesunden Gleichgewicht
Zurück zur Quelle
Ideale loslassen und sich von Gott ein Zielbild für die Ehe schenken lassen
Sich abgrenzen lernen – wie Gott es will
Zurück zu den Anfängen
Segensspuren der Vergangenheit als Wegweiser für die Zukunft entdecken
Machen Sie Feierabend
Gottes Gnade macht unsere Identität als Paar aus
»Dass wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit« (Epheser 1,12)
3. Seinen Platz einnehmen – das Ehe-Lebensstil-Modell
Seinen Familien-, Arbeits- und Lebensstil erkennen und planen
Gott
Identität/Kindschaft
Ehe
Elternschaft
Ein Einschub: Unterstützung und Abgrenzung
Gegenseitige Unterstützung und Abgrenzung in unseren Berufen
Weitere Plätze
Arbeit mit dem Ehe- und Lebensstil-Modell
4. Gelassenheit und Vertrauen – Leiterehepaare unter Belastung
Druck von außen
Mangelnde Ressourcen
Konflikte
Konflikte meines Ehepartners
Tragen von Geschäftsrisiken
Erwartungsdruck
Projektionsfläche
Kapazitätsgrenzen
Ratlosigkeit
Schweigen müssen – innere Spannungen aushalten
Geistlich angefochten
Druck von innen
Reaktivierung innerer Stressmuster
Wie Ehepartner mit Druck umgehen
Der Ehepartner als Druckventil
Zwei subjektive Realitäten
Wirken aus dem Hintergrund
Entlastende Angebote
Zwei unabhängige Jas
Keine Überidentifikation mit unserer Verantwortung
Inneren Druck abbauen
Trialogischer Druckabbau
Unsere Hilflosigkeit Gott hinhalten
Drucksituationen singularisieren
Gelassenheit empfangen
Gottes konkrete Ratschläge erbitten
Belastbarkeit als Frucht des Heiligen Geistes
Entlastung durch den Ehepartner
Entlastung durch andere Menschen
5. Flexibilität und Verlässlichkeit
Flexibilität
Verlässlichkeit
Schalom für Paare in Verantwortung
Von Gott Impulse für Flexibilität bzw. Verlässlichkeit empfangen
Flexibilität und Verlässlichkeit als Lebensstil
Als Paar Ergänzung leben
6. Autorität und Dienstbereitschaft
Autorität ausüben
Zepter oder Hirtenstab
Paarkraft verdoppelt die Autorität, ungelöste Ehekonflikte schwächen sie
Ungelöste Ehekonflikte untergraben Autorität
Heilung für das Ehepaar – Heilung für das Unternehmen
Was die Macht mit einem macht, wenn man nichts macht
Dienen
Der gute Hirte
Ergänzung als Paar
7. Genuss- und Leidensfähigkeit
Ganzheitlich genießen
Genuss für Leib und Seele
Verzweiflung hinter der Ästhetik
Wachsen in der Leidensfähigkeit
Das Beste aus der Realität machen
Genuss- und leidensfähige Leiterpaare
Genießende Leitende sind genießbare Vorgesetzte
Leidensfähige Leiterpaare
8. Segensreich scheitern
In allem versucht wie wir – doch ohne Sünde
Wir scheitern
Wie aus Scheitern Segen entsteht
»Weide meine Schafe«
Ehescheidung: Transparenz und Konsequenz
»Ich lasse sie in die Wüste gehen, und dann werde ich ihr zu Herzen reden«
Schluss: Da sein, wo Christus ist
Über den Verlag
Wir schreiben dieses Buch für Ehepaare, die in irgendeiner Form Verantwortung tragen: für Familienfrauen, die eben einen Telefonanruf bekommen haben: »Schatz, es wird heute wieder später, fangt doch mit dem Essen schon mal an«, und für Geschäftsleute, die sich gerade mit schlechtem Gewissen vom Abendessen abgemeldet haben.1
In unserem Blickfeld sind Pastoren, Verkaufsleiterinnen, Schulleiter, Politikerinnen, Vereinspräsidenten, Pflegedienstleiterinnen, Haus- und Jugendkreisleiter.
Wir denken an Mütter, deren Ehemänner nach Hause kommen, sich in den Sessel fläzen und sich wie ein defekter Lastwagenreifen gebärden, dessen Luft mit lautem Zischen ausströmt. Zum Beispiel Karin: Mit der Firma ihres Mannes, der eine Druckerei mit vierzehn Angestellten führt, will sie auf jeden Fall nichts mehr zu tun haben: »Ich grenze mich konsequent ab«, sagt sie überaus bestimmt, »ich will nicht einmal wissen, was dort läuft. Sonst werde ich wieder in alles hineingezogen.« Karin ist permanent bemüht, zwischen sich und dem Geschäft ihres Mannes eine Brandmauer hochzuziehen, und sie baut an ihrer eigenen Welt. Doch was kühlt sich dabei in ihrer Beziehung noch weiter ab?
Wir denken an ausgepumpte Geschäftsführer, die, spätabends heimkommend, in den Kühlschrank langen, sich nach dem zweiten Bierchen ins Schlafzimmer schleichen, die Ehefrau eindeutig zweideutig berühren und darauf unmissverständlich zu verstehen bekommen, dass heute nichts mehr geht.
In den Sinn kommt uns auch Bea, die lange auf einen Termin in ihrem Unternehmen hingearbeitet hat, um ein ausgereiftes Projekt zu präsentieren. Ausgerechnet jetzt ist der Jüngste krank und ihr Mann kann seine Praxis unmöglich verlassen.
Und dann sehen wir eindrückliche Paare vor uns, die ihre Aufgaben lustvoll miteinander gestalten, deren gemeinsame Verantwortung ihre Liebe vertieft und verfeinert, deren Paarkraft und Ausstrahlung andere Menschen ebenso wie ein gesegnetes Projekt inspiriert. – Dies ist ein Ehe- und zugleich ein Führungsbuch.
Ich (Käthi) war ursprünglich Lehrerin, dann Familien- und Pfarrfrau. Nach einer persönlichen Klärungs- und Ausbildungsphase, wo ich in einem schmerzlichen Prozess immer wieder meinen Platz suchte, habe ich die Leitung einer Erziehungs- und Lebensberatungsstelle übernommen. Ich (Daniel) war ursprünglich Gemeindepfarrer und leite jetzt ein christliches Sozialunternehmen mit 300 Mitarbeitenden.
Am Anfang unserer Ehe kämpften wir mit manchen Schwierigkeiten. Das hat uns dazu bewegt, professionelle Hilfe zu suchen. Zuerst psychologische: Hier lernten wir, fair zu streiten, Vereinbarungen auszuhandeln und unsere Bedürfnisse zu erkennen. Mehrere Jahre später entdeckten wir für unsere Ehe einen seelsorgerlichen Ansatz: Hier erfuhren wir, wie Gott unsere große Unterschiedlichkeit zu einem neuen Ganzen koordinierte. Wir erlebten uns immer mehr als »Einheit in der Ergänzung«.2
Unser Fokus liegt heute nicht mehr so sehr auf zwei unabhängigen Persönlichkeiten, sondern auf dem Geheimnis des Miteinanders in der Ehe. (Gerade diese Haltung trug zur weiteren Entfaltung unserer eigenen Persönlichkeiten bei.) Wir lernten zudem, unsere Bedürfnisse immer besser bei Gott stillen zu lassen und das Gegenüber aus unseren Forderungen zu entlassen. Das hatte zur Folge, dass wir unsere inneren Buchhaltungen abschafften, wo wir gegenseitig Liebesdienste aufgerechnet hatten. Das hat uns eine große Freiheit gegeben. Damit ist auch unsere Liebe zueinander weiter gewachsen. In der Verantwortung vor Gott können wir beide auch immer besser unseren eigenen Platz ausfüllen. Heute sind wir nebenberuflich gemeinsam in der Eheseelsorge tätig.
Wir sind beide berufstätig und tragen Führungsverantwortung. Dieses Arbeitsmodell ist für uns in unserer jetzigen Lebensphase richtig. Kopieren Sie es bitte nicht! Lassen Sie sich auch nicht von einer progressiven oder konservativen Ehe- und Familienideologie leiten: Gott hält sein liebevoll einmaliges Projekt Ihrer Ehe in Führungsverantwortung bereit und wird Sie dabei mit Ihren Ideen und Fragen mit einbeziehen. Dazu soll dieses Buch eine Hilfestellung sein.
Unser Eheleben, wie Gott es sich gedacht hat, ist ein Trainingscamp für unsere Führungsaufgaben. Umgekehrt gilt: Wer Führungsverantwortung so wahrnimmt, wie Gott es sich gedacht hat, erwirbt sich Haltungen, die auch der Ehe zugute kommen. Das war bei Reinhold so: In seinem Betrieb war für ihn Durchsetzungsfähigkeit kein Problem; er sagte klar, wo es lang ging. Zuhause war er eine Mischung aus Giftzwerg und Pantoffelheld. »Sagen Sie mir, warum es überall funktioniert, nur nicht zuhause in meiner Familie!«, meinte er einmal verzweifelt. Wir schauten zusammen genau hin, ob es in seinem Führungsalltag denn wirklich so gut funktionierte. Reinhold erkannte, dass er sich als Führungskraft durch seine Weisungsbefugnis zwar »Autorität« verschaffte. Diese war aber rein formaler Natur, leitete sich bloß von seiner hierarchischen Machtposition ab. Allmählich lernte er dann, sein Führungsmandat als Mensch mit Stärken und Schwächen in der Autorität, die ihm von Gott zugesprochen wurde, wahrzunehmen. Seine wachsende natürliche Autorität veränderte dann nicht nur seinen Führungsstil im Beruf, sondern zunehmend auch seine Ehebeziehung. Er nahm seinen Platz als Vater und Ehemann bewusster, profilierter ein. Reinhold wurde zugleich kantiger, stärker und zärtlicher, weicher. Zunächst gab es mehr Konflikte, aber aus dem Zusammenstoß von ehelichen Gegnern wurde zunehmend echte Begegnung, die die Ehe markant vertiefte.
Wir schreiben auf einem christlichen Hintergrund. Unser Ehe- und Führungsverständnis wurzelt in der Bibel; seine Mitte ist Jesus Christus. Allerdings ist persönlicher Glaube nicht Voraussetzung dafür, dass man dieses Buch mit Gewinn liest. Jeder Mensch trägt ja in sich die Sehnsucht nach dem, was dem Leben letztlich Sinn gibt. Wenn Sie nicht von Gott sprechen können, setzen Sie an dessen Stelle das, was Ihnen absolut heilig ist, etwa die Quelle allen Lebens, möglicherweise die Liebe, der Sie sich verpflichtet wissen.
Wir werden Ehe- und Führungsthemen immer wieder in ihrer Beziehung zu dieser übergeordneten, geistlichen Ebene bewegen. Wie kann die Ressource »Gott« für Führung und Ehe fruchtbar gemacht werden?
Wir weisen dabei konsequent darauf hin, dass heilsame Veränderungen und Lösungen immer zuerst im Herzen geschehen. Gott verändert uns von innen her. Der Ansatz zu Veränderungen in unserer Ehe geschieht in unseren Gesinnungen und nicht in der Veränderung äußerer Faktoren. So war es bei Björn: Wie hat er sich doch mit seinem Zeitmanagement abgemüht! Doch selbst ein Seminar zum Thema und die Umstellung auf einen digitalen Kalender, der mit seinem Laptop verknüpft war, hat kaum etwas gebracht. Eines Tages hat er sich gefragt: Wem gehört eigentlich meine Zeit? Meinem Unternehmen? Mir selbst? Meinen Kindern? Meiner Frau? »Ich verfüge über meine Zeit, sie gehört mir«, war sein Schluss. Diese Sichtweise wurde ihm mit der Zeit jedoch immer fragwürdiger. Welchem Teil von mir gehört die Zeit? Meinem Ehrgeiz, meiner genießerischen Ader, meinem schlechten Gewissen, meinem Verantwortungsgefühl, meiner Angst vor den Mitbewerbern, meiner Bequemlichkeit? »Können sie sich vorstellen, dass ihre ganze Zeit Gott gehört?«, fragte ich ihn im Gespräch. »›Meine Zeit steht in deinen Händen‹, meinen sie das so?« »Ungefähr«, sagte ich. »Aber dann würde ja Gott mitmischen, wenn es darum geht, wie ich meine Zeit einsetze.« »Was wäre dabei so schlimm? Er liebt sowohl sie als auch ihre Frau, sogar ihr Unternehmen ist ihm nicht egal.« »Also gut, meine Zeit gehört Gott und er darf mir Impulse geben, wie ich diese einteile«, Björn wirkte dabei entschlossen und neugierig zugleich. »Das ist eine neue Überzeugung.« »Ja, das will ich, aber was heißt das konkret?« »Wichtig ist, dass sie erst einmal in diese neue Gesinnung eintreten. Und dann werden wir sehen, wie sie darin laufen können.« – Erstaunlich war, dass sich sein verändertes Zeitmanagement nicht nur auf seinen Berufsalltag, sondern auch auf die Paarbeziehung auswirkte. Nein, es ist eigentlich nicht verwunderlich: Veränderungen in unserer Gesinnung wirken sich auch auf andere Lebensbereiche aus.
Ehepaare, die Verantwortung tragen, sind ganz gewöhnliche Paare. Sie müssen alle Herausforderungen durchbuchstabieren und können alle Wachstumsschritte vollziehen wie jedes andere Paar auch. (Unsere Grundkonflikte als Paar liegen nie in der Tatsache begründet, dass wir Leitungsverantwortung wahrnehmen. Sie werden aber durch den Druck und die Herausforderungen, die mit diesen Aufgaben verbunden sind, manifest und verstärkt.) Deshalb bildet ein Ehe-ABC den ersten Teil dieses Buches. Immer wieder weisen wir dabei darauf hin, wie diese Erfahrungen auch für den Führungsalltag fruchtbar gemacht werden können.
Im zweiten Teil beschreiben wir Wachstumsschritte, die jedes Paar in Führungsverantwortung lernen kann. Dieses Buch ist aus der Beratung von Paaren entstanden. Wir berichten darin auch von unserem eigenen Weg. Die anderen Beispiele sind im Kern wahr, wir haben sie aber so abgeändert, dass die jeweiligen Personen nicht erkennbar sind.
Noch etwas zu Ihrer Haltung beim Lesen: Sie können das Buch gewissermaßen für Ihren Ehepartner lesen und dabei für alles eine Bestätigung finden, was Sie Ihrem Mann, Ihrer Frau schon immer vorgeworfen haben. Endlich bringt es jemand auf den Punkt!
Wir schlagen Ihnen eine etwas andere Haltung vor. Fragen Sie sich beim Lesen immer wieder betend: Gott, wo redest du zu mir? Welches Angebot machst du mir damit? Wie kommst du mir zur Hilfe? Was nimmst du mir damit ab? Wo möchtest du es uns leicht machen? Wo stellst du mich heilsam in Frage? Sie merken, aus der Lektüre dieses Buches sollen weder Waffen geschmiedet werden, noch soll es Ihnen (neue) Lasten auflegen. Stattdessen möchten wir Ihnen auf jeder Seite die große Einladung unseres ehe- und unternehmerfreundlichen Gottes mitteilen:
»Kommt zu mir, all ihr Geplagten und Beladenen: Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin sanft und demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele« (Matthäus 11,28/29).
Wir danken für die unkomplizierte, zielführende Zusammenarbeit mit David Neufeld, der uns als Verleger ermutigt hat, ein Buch zum Thema Ehe und Verantwortung zu schreiben. Er hat auch, zusammen mit Dr. Walter Lerch (Schiers/Schweiz), das Lektorat übernommen. Wir danken dem Kirchenrat der Evangelischen Landeskirche Graubünden und der Stiftung Jacques Bischofberger für die Druckkostenzuschüsse.
Daniel Zindel und Käthi Zindel-Weber
1Wir haben die Themen dieses Buches Abschnitt um Abschnitt durchdiskutiert und dabei miteinander gerungen, gelegentlich gestritten, gelacht und auch für das werdende Buch gebetet. Ich (Daniel) habe das Manuskript im Entwurf aufgesetzt, gemeinsam sind wir es nochmals durchgegangen, und zwar während eines Sommermonats in Südwestengland. Einigen cornischen Impressionen werden Sie im Verlauf der Lektüre begegnen.
2Manfred Engeli, Finale Eheseelsorge – Konzepte und Praxis, Scesaplana, Seewis 32011. Dr. Manfred Engeli ist Ehe- und Familientherapeut, sein Eheverständnis und der von ihm entwickelte Ansatz der Finalen Eheseelsorge haben uns maßgeblich geprägt.
Es war für mich (Daniel) eine der größten Entlastungen, als mir bewusst wurde, dass ich nicht für das Glück meiner Frau zuständig bin. Unabhängigkeit von Menschen lässt einen atmen. Freiheit in der Ehe ist eine Voraussetzung, damit die Liebe gedeiht. Fehlt die Freiheit, wird die Ehe zum Gefängnis. Anfangs fühlte ich mich für das Wohlergehen meiner Frau verantwortlich. Ich hatte ein inneres Pflichtgefühl, sie zufrieden stellen zu müssen. Wenn ihr eine Wanderung, die ich geplant hatte, nicht gefiel, fühlte ich mich schuldig. Wenn sie mir ein Problem präsentierte, meinte ich, es sofort lösen zu müssen. Die große Erleichterung trat dann ein, als ich merkte: Ich bin in erster Linie Gott gegenüber für mein eigenes Tun und Ergehen verantwortlich. Die Beziehung zu ihm hat erste Priorität. Er stillt letztlich meine Bedürfnisse und auch die meiner Frau. Ihr Job ist es nicht, mich zu befriedigen. Wunderschön, wenn sie es tut, aber ein Anrecht darauf habe ich nicht.
Das war auch meine (Käthis) Entdeckung, dass mein Mann letztlich nicht für mein Glück zuständig ist. Wir lernten Schritt für Schritt, die durch den Partner unbeantworteten Wünsche und Sehnsüchte zwar weiter wach zu halten, sie aber bei Gott zu deponieren und uns von ihm beschenken zu lassen oder auch eine gewisse Zeit der Leere auszuhalten. Wir wurden so abhängig von Gott und in einer guten Art unabhängig voneinander. Gerade aus dieser neu gewonnenen Freiheit heraus konnten wir uns einander echt zuwenden.
Abhängig zu sein, ist für uns moderne Menschen sehr herausfordernd. Seit dem Zeitalter der Aufklärung heißt es: Wage es doch, aus deiner selbstverschuldeten Unmündigkeit auszusteigen. Gebrauche dazu deine Vernunft! Was leierst du bei einem heraufziehenden Gewitter zu deinem Schutz den Rosenkranz herunter oder liest im Bibelbuch? Lies das Buch der Natur und ziehe daraus die richtigen Schlüsse. Entdecke das Naturphänomen der Elektrizität und baue einen Blitzableiter. – Der autonome Mensch, der sich so von »Gott« befreit, wird säkular und mündig. Was hat seine »Mündigkeit« hervorgebracht? An der Oberfläche enorm viel. Wir Menschen haben auf der Ebene der Naturwissenschaften und der Technik Erstaunliches geleistet, im Bereich des Machbaren (des Verhaltens) ist uns viel gelungen.
In der Beziehung zu uns selbst, in Paar-und Familienbeziehungen, als Gemeinschaft sind wir nicht weiter gekommen. Im Gegenteil. Hier, wo es um tiefere Schichten unseres Seins geht, um das, was sich in unserer Gesinnung abspielt, scheinen wir aufgeklärten Menschen zu verkümmern: Nachhaltige, verlässliche und glückliche Beziehungen sind selten geworden und die Emanzipation von der vertrauenden Abhängigkeit von Gott hat uns in neue Verstrickungen geführt: Entweder ist an ihre Stelle die Abhängigkeit von Menschen getreten oder wir leben ganz auf uns selbst fixiert. Unser Gott sind jetzt die eigenen Lust- und Unlustimpulse: Sie steuern unser Verhalten. Die zwölf Gebote sind auf zwei reduziert worden: Lustgewinn und Schmerzvermeidung. Damit wird das Individuum, losgelöst von Gott und der Gemeinschaft, Sklave seiner selbst.