Über Gerhild Stoltenberg

Foto: Peter Heikenwälder/© VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Gerhild Stoltenberg, geboren 1979 in Hamburg, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Überall bist du ist ihr erster Roman. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

 

 

Meinem Mann und meinen Kindern

 

 

Manchmal scheint die ganze Welt entvölkert zu sein, wenn ein einziger Mensch fehlt.

 

Alphonse de Lamartine

Belgrad

Wenn mich jemand fragen würde, wie ich nach Belgrad gekommen bin, könnte ich wahrheitsgemäß antworten: »Mit dem Zug, zweiundzwanzig Stunden, zweimal umsteigen.«

Vielleicht würde ich bei weiteren Nachfragen, warum es ausgerechnet Belgrad sein musste, zuerst etwas drum herumreden. Dass Belgrad doch eine spannende Stadt sei, das Tor zum Balkan, mit dieser abwechslungsreichen Geschichte. Dass ich schon immer mal den Ostblock kennenlernen wollte. Dass mich die Lust auf Neues trieb, das reine Abenteuer. Aber eigentlich würde nichts davon stimmen. Es wäre eine dieser Lügen. Tatsächlich bin ich nur aus einem einzigen Grund hier: ihm. Weil ich auf der Suche nach etwas war, das mir dieses Gefühl nehmen könnte, beraubt worden zu sein. Um seine Liebe, mein Herz, die Luft zum Atmen, jede Hoffnung – und, ganz offensichtlich, auch um das Gespür für ein vernünftiges Maß an Pathos pro Gedanke.

Vielleicht würde ich, wenn mich jemand fragt, warum es ausgerechnet Belgrad sein musste, darum auch versuchen, eine ganz andere Geschichte zu erzählen. Eine, die nicht von ihm handelt, diesem einen, der nicht aufhört, mir zu fehlen. Womöglich würde ich in diesem Fall mit meiner Geburt beginnen oder mit der meiner Eltern oder irgendwo dazwischen, aber vielleicht auch viel weiter vorne. Jedenfalls würde ich vor allem wollen, dass man versteht, dass meine Flucht in Belgrad enden musste, dass ich nirgendwo sonst auf der Welt landen konnte. Obwohl ich streng genommen durch eine Verkettung von Zufällen hier gelandet bin.

Ich musste weg, denn egal in welche Richtung ich zu Hause auch hätte gehen können, überall wäre ich schon mit ihm gewesen – was bei einer Stadt mit einer Fläche von circa 892 Quadratkilometern natürlich rein faktisch nicht stimmen kann, nur interessieren Fakten den Verwundeten kaum.

Es fühlte sich an, als gäbe es keinen einzigen Ort, an dem ich nicht bereits mit ihm ein Eroberungsfähnchen in den Boden gerammt hatte. Ich kam mir in dieser Stadt vor, als sei ich in einem Klostergarten gefangen mit Kräuterbeeten, in denen diese weißen Porzellanschilder stecken, nur dass statt hypericum perforatum, herba absinthii oder levisticum officinale auf meinen Schildern Erster Ausflug, Zweiter Kuss, Lieblingserdbeereisladen oder Unser perfekter Picknickpark stand.

Alles war mit Erinnerungen vergiftet, und ich erkannte, dass es ein Fehler gewesen war, die Stadt gemeinsam mit dem Fahrrad zu erkunden. Zu Fuß hätte man höchstens ein Drittel der Strecke geschafft, und mit der U-Bahn wäre immerhin ein Großteil im Dunkeln verborgen geblieben. Wenn ich nun durch die Straßen ging, konnte ich das nicht tun, ohne dass mich alles an ihn erinnerte und ich überall nur ihn sah. In jeder Fensterscheibenspiegelung, jedem Café, im Schein des Ampellichts. Jeder Hinterkopf erinnerte mich an ihn – und das in einer Stadt mit über 2000 Ampeln und 3,5 Millionen Hinterköpfen, was fast 4000 Hinterköpfe pro Quadratkilometer und 1750 pro Ampel macht.

Ich fing langsam an, wahnsinnig zu werden, und verbrachte erst die Abende und dann auch die Tage damit, all die vertrauten Straßen, Cafés und Parkbänke nach ihm abzusuchen. Das machte mich unendlich müde und raubte mir gleichzeitig den Schlaf, bis ich irgendwann das Gefühl hatte, mein Hirn würde von all dem Sehnen und Suchen implodieren. Am Ende schien es deshalb die einzige Möglichkeit zu sein, einfach im Bett liegen zu bleiben und abzuwarten, ob man allein vom Daliegen sterben könne und wie lang das wohl dauere.

Aber dann habe ich mich stattdessen auf den Weg gemacht und bin in diesem mir so fernen Belgrad gelandet.

Und darum würde ich, wenn mich jemals jemand fragt, warum es unbedingt Belgrad sein musste, vor allem klarmachen, dass ich, obwohl Belgrad vielleicht anfangs nur eine Art Zufall war, trotzdem und unter gar keinen Umständen in – zum Beispiel – Australien gelandet wäre, was verlockender erscheinen könnte angesichts des bitterkalten Winters hier und des kuscheligen Sommers dort.

Ich würde deutlich machen, dass es so kommen musste, dass ich nun auf diesem unordentlich aufgeschlagenen Hotelbett liege, noch immer in Daunenjacke und mit meinen Fellstiefeln an den Füßen. In dem koffergroßen Zimmer, das nur vom Licht aus den gegenüberliegenden Fenstern beleuchtet ist. Im Hotel Moskva an der Terazije 20, das vor hundert Jahren auf dem geographischen Nullpunkt der Hauptstadt Jugoslawiens erbaut wurde und ein Dach hat, das von vorn aussieht, als habe man dem Gebäude ein Mützchen mit spitzen Ohren aufgesetzt wie die am Schlafanzug von Max, dem furchtlosen König der Wilden Kerle.

Hier liege ich im Halbdunkel und betrachte die goldglänzenden Streifen auf der beigen Stofftapete. Hin und wieder streiche ich behutsam mit dem Finger darüber. Die nickipulloverweiche Oberfläche erinnert mich an Kindheit und an die Sorte von Geschenken, die man nicht auszupacken wagte, weil man Sorge hatte, die Verpackung verspräche womöglich mehr, als der Inhalt halten könnte.

Wenn ich den Blick von der Tapete wende, kann ich gegenüber einem dicken Mann im Unterhemd dabei zusehen, wie er wütend durch sein Zimmer tigert, regelmäßig vom Kabel des Telefons zu Richtungswechseln gezwungen, was ihn noch mehr aufzuregen scheint. Immer wieder reißt er die Gardine zur Seite, öffnet das Fenster, beugt sich so weit raus, dass ihm die davon völlig unbeeindruckten Schneeflocken lautlos auf Kopf und Nacken rieseln, schließt das Fenster erneut, schiebt die Gardine ärgerlich zurück und telefoniert dabei wild gestikulierend. Vermutlich erklärt er gerade irgendjemandem, dass er unmöglich in diesem Zimmer bleiben kann. Weil es zu klein ist, der Ausblick dumpf gebremst von grauen Schachtwänden, und außerdem sei es furchtbar laut hier. Rund um die Uhr rattern die Propeller der Abluftanlage des Restaurants im Erdgeschoss. Ein endloses Brummen und Scheppern. Dabei hat der Krach auch etwas Beruhigendes, denke ich. Der Mann müsste nur endlich einmal stehen bleiben und lauschen. Dann würde er auch bemerken, dass da noch ein zweites Geräusch ist. Ein aufgebrachtes Rauschen, das der von der warmen Abzugsluft geschmolzene Schnee macht, während ihn ein unsichtbarer Verfolger durch die für diese Menge Wasser zu enge Regenrinne jagt.

 

Wenn man also all das zusammennähme, was war und was ist, bekäme die Zwangsläufigkeit all dessen unter Umständen etwas Tröstendes.

Vorher

1

Es ist nicht von Anfang an alles falsch gelaufen. Wir hatten nicht von Anfang an diese exorbitante Schieflage, die den Kahn letztlich zum Kentern brachte. Es hat ganz sicher eine Zeit gegeben, in der wir uns nahezu identisch doll liebten. Ich erinnere mich eben nur nicht genau an den Moment, an dem wir das dann nicht mehr taten. Müsste ich nun einen Zeitpunkt bestimmen, an dem die ersten fiesen Steinchen ganz leise im Tretlager zu knirschen begannen, dann war das wohl schon im letzten Frühling.

 

Ich hatte mehrfach versucht, Tom anzurufen. Die ersten Male konnte man noch am Rauschen in der Leitung hören, dass er im Ausland sein musste, aber beim letzten Mal sprang einfach sofort die Mailbox an. Es war Nachmittag gewesen, und ich hatte gedacht, dass wir uns am Abend sehen würden, wollte eigentlich nur kurz hallo sagen und fragen, wo wir uns treffen wollten. Aber nun war er offenbar weggefahren, einfach so. Ich wusste nicht, wohin. Tom machte in letzter Zeit öfter solche Sachen. Meistens nahm ich es hin und tat so, als mache es mir nichts aus, weil einem ständig alle sagen, dass man Männern in Beziehungen ihre Freiheit lassen müsse, unbedingt, sonst wäre man verloren. Aber diesmal war ich wütend, dass er mir auf diese eigenartig ignorante Art seine vollkommene und umfassende Unabhängigkeit demonstrieren musste.

Nun saß ich vor den Listen, die mich nervten, und ohne die Vorfreude darauf, ihn später zu sehen, konnte ich mich nicht motivieren, weiter daran zu arbeiten. Die ausländische Bandansage hatte mir meine ganze Energie und Zuversicht geraubt. Ich sah aus dem Fenster auf die Straße. Ein Pärchen, das Eis aß, ging vorbei. Sie teilten sich eine Waffel und gingen so eng umschlungen, dass sie immer wieder stehen bleiben mussten, um sich neu zu sortieren, wieder ineinander zu verknoten und den anderen vom Eis lecken zu lassen. Es war ein angenehm warmer Apriltag. Gut für die Eissaison.

»Der März und April entscheiden über die ganze Saison, glaub mir. Wenn du da zu wenig verkaufst, bist du verloren, das holst du das ganze Jahr nicht auf«, hatte mir Anna nach ihrem ersten Jahr in der Eisdiele erklärt. Aus irgendeinem Grund liebte sie wetterabhängige Saisonjobs, bei denen man nur auf »psychisch maximal beanspruchte Menschen« traf. Wobei ich mir nicht sicher war, ob »psychisch beansprucht« wirklich ein medizinischer Terminus ist. Es schien sie jedenfalls zu beflügeln, mit Leuten zu tun zu haben, die ständig nervös und kopfschüttelnd in den Himmel sahen und die im Grunde kein Wetter vollkommen zufriedenstellen konnte.

In der Eisdiele jobbte Anna nun schon das zweite Jahr. Es war eine dieser Eisdielen, in denen es statt Vanille, Stracciatella und Erdbeer Sorten wie Spicy Chai Sorbet und Banana Chock Chia-Pudding gab. Seit wir uns kennen, hat Anna die Jobs nach spätestens drei Jahren gewechselt, während ich bei diesem praktischen, aber etwas eintönigen Listen-Job hängengeblieben war. Jedes Jahr sagte ich mir, dieses eine Jahr mache ich die Listen noch, danach suche ich mir was anderes, was Richtiges, in diesem allerletzten Listenjahr finde ich heraus, was ich wirklich will. Dann machte ich die Listen und Kataloge, und am Ende des Jahres merkte ich, dass ich immer noch keine Ahnung hatte, was ich stattdessen machen könnte. Dieser Job war gefährlich, denn er war wunderbar zum Abwarten. Das Gehalt reichte für die Miete und für gerade so viel mehr als das Nötigste zum Leben, dass es keine zwingenden Gründe gab, ihn aufzugeben. Auch wenn ich inzwischen sehr gut darin geworden bin, überzeugende Erklärungen zu liefern, warum ich in dieser beruflichen Sackgasse steckte, ist es doch nicht so, dass es zwangsläufig so hatte kommen müssen. Wenn man in mein Abibuch guckt, hat man das Gefühl, eine Person vor sich zu sehen, die eine Ahnung hatte, wohin ihr Weg gehen wird. Jedenfalls dachten das offenbar die anderen, als sie die Frage nach meinem zukünftigen Job beantworten sollten: Modedesignerin oder Ärztin.

Wenn ich heute daran zurückdenke, fällt es mir schwer, mich zu erinnern, dass das mal möglich schien, weil es mir heute so abwegig vorkommt, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass jemand oder sogar ich daran geglaubt haben konnte. Ich hatte mich damals tatsächlich an einer Modedesign-Schule beworben und war auch angenommen worden. Aber als ich meinen Eltern davon erzählte, waren die außer sich, dass ich so naiv war, einen so unsicheren Künstlerberuf anstreben zu wollen. Da würden sie nicht mitmachen. Für Medizin reichte meine Abiturnote nicht, sodass ich nicht meinem Vater und Bruder folgen konnte. Darum solle ich erst mal etwas anderes Solides studieren, damit sei meine Schwester schließlich auch gut gefahren, erklärten sie. Danach könnte ich dann ja immer noch alles machen, was ich wollte. Wenn ich bis dahin hoffentlich wusste, was das war. Also studierte ich, wie meine Schwester, Marketing – und alle waren beruhigt. Und ich vergaß irgendwann, dass ich einmal eigene Pläne gehabt hatte. Irgendwie vergaß ich auch, neue Pläne zu schmieden. Bis heute. Und langsam hatte sich das Gefühl eingeschlichen, dass ich bald nicht mehr in dem Alter war, in dem einem die Welt versichert, man könne alles machen, alles werden und alles sein, wenn man es nur richtig wolle. Diese einst so unendliche Auswahl an Möglichkeiten schien unaufhörlich vor mir zu schrumpfen, und ich schaffte es nicht, mich aus der Schockstarre, die diese Erkenntnis ausgelöst hatte, zu befreien.

Ich beschloss, die Listen für heute liegen zu lassen und stattdessen zu Anna zur Eisdiele zu radeln, klappte den Computer zu, lief die Treppen runter und stand für einen Moment von der Sonne geblendet blinzelnd in der Haustür, bevor ich schließlich auf die Straße trat, einen Coffee-to-go-Becher und eine McDonald’s-Tüte aus meinem Fahrradkorb klaubte und das Fahrrad aufschloss. Ich entschied, nicht auf dem direkten Weg zu Anna zu fahren, sondern zuerst bei Tom zu klingeln und zu sehen, ob er nicht vielleicht doch zu Hause war. Vielleicht war sein Handy geklaut worden, und der Dieb hatte es ausgeschaltet, damit man es nicht mehr orten konnte, und es dann ins Ausland verfrachtet, um es zu verkaufen. Solche Sachen hörte man doch immer wieder. Ich klingelte ein paarmal, aber es machte niemand auf, sodass ich schließlich weiterfuhr.

 

Anna war nicht in der Eisdiele. Sie hätte mittwochs doch immer frei, erklärte mir ihr Chef, der gerade neue Schalen mit Eis im Kühltresen verstaute. Ich nuschelte ein »Ach ja« und bestellte aus Verlegenheit eine Kugel Vegan Vanilla meets Wasabi Nuts. Ich wollte weiterfahren und ärgerte mich, die Kugel im Becher und nicht in der Waffel bestellt zu haben. Ich löffelte das Eis etwas umständlich, während ich das Fahrrad mit den Unterarmen am Lenker schob und dabei die Wasabi-Erdnuss-Stücke aus dem Eis pickte, bevor ich den Becher mit dem wässrig-faden Rest in einen Mülleimer schmiss. Danach schob ich das Rad trotzdem weiter, weil beim Fahren die Zeit zu schnell vorüberginge und ich zu schnell wieder zu Hause wäre, wo mich nur das Warten auf Toms Rückkehr erwartete.

Vor mir gingen zwei Mädchen. Sie unterhielten sich auf diese Ich so, er so, sie so-Art, bei der Übergänge oder Pointen allein durch ein eingeschobenes Blablabla geschaffen werden, wo ursprünglich keine waren. Die eine erzählte der anderen schließlich von einem Traum.

»Komm ich drin vor? Nee, oder?!«, wollte die andere wissen.

»Doch, klar«, erwiderte die, wahrscheinlich nur, um das Interesse der anderen nicht zu verlieren.

Im Traum habe sie jedenfalls diesen Prominenten getroffen, den sie nach einem gemeinsamen Selfie gefragt hatte. Als sie wieder zu Hause gewesen sei, habe sie geguckt, und eins der Fotos sei zwar »nicht so cool gewesen«, das andere »aber dafür voll cool«.

Aber als sie dann wach war und auf ihr Handy geguckt habe, wären die Fotos alle weg gewesen.

»Nein! Das ist ja übelst schlimm.«

»Mega-übelst! Der totale Abturner.«

Da musste ich ihnen zustimmen, das war wirklich über-übelst.

 

Als ich um eine Kurve bog, sah ich einen Jungen mit seiner Mutter und seinen Brüdern. Ich mochte die vier sofort. Sie standen an einer Ampel, und der Junge reichte seiner Mutter Klebestreifen, mit denen sie einen Zettel am Pfosten befestigte. Die Klebestreifen zupfte er von den Fingerkuppen seines kleineren Bruders, der seine Hände angestrengt in die Luft streckte. Der Kleinste steckte in einem roten Drachenkostüm aus Polyester und saß in einer dieser Retrokarren aus beigem Cord. Während er den anderen zusah, tropfte aus seiner Nase langsam Schnodder auf den Stapel Blätter, der in seinem Schoß lag. Ein paar der Zettel hielt der Kleine immer wieder fuchtelnd hoch und pikste dazu mit dem Zeigefinger der anderen Hand »Da! Daa! Daaa«s in die Luft. Ich beobachtete sie eine Weile aus der Distanz und sah ihnen dabei zu, wie sie darüber debattierten, auf welcher Höhe der Zettel am besten anzubringen wäre.

Die Mutter der Jungen hatte mir den Rücken zugewandt, und erst als ich schon fast neben ihr stand, sah ich, wie schön sie war, wie hochschwanger und wie müde. Ich sah tatsächlich zuallererst ihre Schönheit, dann erst den riesigen Bauch und zuletzt ihre nur halb geöffneten Augen, die nach innen zu blicken schienen. Ihre Augenhöhlen waren so dunkel umrandet, dass ich zuerst dachte, sie hätte am Vorabend vergessen, sich abzuschminken. Obwohl es schon einigermaßen warm für April war, hatte sie einen grob gestrickten Kaschmir-Poncho einer Umarmung gleich um ihren Körper geschlungen. Ich dachte sofort, dass ich gern wüsste, wie sie heißt. Und hätte ich mir einen Namen aussuchen dürfen und jemand hätte Stella vorgeschlagen, wäre ich damit sofort einverstanden gewesen.

 

Obwohl ich schon eine Weile neben ihnen stand und sie gedankenverloren beobachtete, hatten sie mich nicht bemerkt. Zuerst entdeckte mich der Kleinste, der mich ankrähte und mir einen seiner Zettel hinhielt. Doch als ich danach greifen wollte, zog er ihn zurück. Ich sah seine Mutter an.

»Beppi kann einfach nicht loslassen«, erklärte sie lächelnd, und es klang, als meinte sie mehr als nur den Zettel.

Ihre Stimme war eher ein Flüstern, als dass sie richtig sprach.

Ich sah mir den roten Zettel an der Ampel an. Jemand hatte eine lustig lachende Frau mit Schirm und Köfferchen darauf gemalt und dazu geschrieben: »Wo bist du, Mary Poppins? – Beppi, Nippon und Oskar suchen dich. Bitte melde dich.«

»Da bin ich«, sagte ich, ohne nachzudenken.

Die Mutter schien zu erschöpft, um überrascht zu sein. Stattdessen sah sie nur ihren Ältesten an, der sich mir als Oskar vorstellte und bedeutungsvoll nickte.

»Gut, dann komm doch morgen um 11 Uhr bei uns vorbei.«

Sie riss den eben erst angebrachten Zettel wieder ab, schrieb neben die Telefonnummer eine Adresse und gab ihn mir. Dann schlang sie ihren Poncho fester um ihren Bauch, nahm den Mittleren, der Nippon hieß, an die Hand und ging, ohne sich zu verabschieden. Die Karre mit dem noch immer krähenden Beppi schob Oskar, der für einen Moment stehen blieb, um sich nach mir umzudrehen. Zuerst musterte er mich, dann hob er freundlich die Hand zum Abschied, und ich tat gedankenverloren dasselbe.

Dieser Zettel am Ampelpfeiler war der einzige, den sie überhaupt irgendwo angebracht hatten. Aber das erfuhr ich erst später. In diesem Augenblick sah ich nur verwundert hinter ihnen her, bis sie um eine Hausecke verschwunden waren. Und während ich den Zettel in meiner Hand betrachtete, fragte ich mich, warum ich das getan hatte. Ich hatte überhaupt keine Ahnung von Kindern, hatte noch nicht mal während der Schulzeit babygesittet. Ich war niemand, der solche Aus einer Laune raus-Sachen machte. Niemand, der in der Straßenbahn sitzen blieb, nur um mal zu sehen, wie es an der Endhaltestelle aussah. Ich schmückte keine Skulpturen im Park mit selbstgestrickten Pulswärmern oder Blumenkränzen. Ich badete noch nicht mal nackt im See, selbst wenn ich mir sicher sein konnte, ganz allein zu sein.

2

Ein paar Wochen nachdem Tom und ich uns das erste Mal geküsst und irgendwie beschlossen hatten, ein Paar zu sein, fand ich einen Zettel, der alles darüber aussagte, was er für ein Mensch war. Er hatte darauf notiert, wie und wo er ein Picknick für mich organisieren wollte. Als ich den Zettel fand, hatte dieses Picknick bereits stattgefunden, und ich war erstaunt, aber auch gerührt zu sehen, wie viel Akribie darin gesteckt hatte und wie viel Mühe er sich gemacht hatte, es möglichst leicht und zufällig aussehen zu lassen.

Picknickkorb vom Dachboden holen, ggf. entstauben

Brooks-Picknickdecke (checken: muffig? → ggf. waschen)

selbstgemachte Limonade (in Schraubkaraffe)

Törtchen, div. → kleiner Franzose

Kirschen o.Ä.

Cracker, Käse u. Wein für später

Kanaltour aus Schönste Kurz-Touren → Strecken i. jed. Fall vorh. abfahren

vormittags: Wetter-Radar checken

Ich fand es irgendwie romantisch, dass jemand wie ich, der einen Job hatte, der primär daraus bestand, Listen zu bearbeiten, sich in jemanden verliebt hatte, der wirklich alles in Listen ordnete – nicht nur Berufliches, sondern auch seinen gesamten Alltag. Mich beruhigte die Vorstellung, mein Leben mit jemandem zu verbringen, der alles ordnete und dadurch immer alles im Griff haben würde.

Er passte auf.

Ich glaube nicht, dass ich vorher schon einmal jemanden getroffen habe, der sich Dinge so gut merken konnte wie Tom. Wenn man in einem Nebensatz fallenließ, man möge eine bestimmte Band, konnte man sicher sein, dass er sich noch ein Jahr später daran erinnern konnte und wie selbstverständlich Tickets für das längst ausverkaufte Konzert aus der Tasche zog, auf das man wahnsinnig gern gegangen wäre, sich selbst aber viel zu spät gekümmert hatte.

Die meisten seiner Freunde kannte Tom noch aus der Schule, ein paar sogar aus dem Kindergarten, und ich hatte eigentlich nichts schlimm daran gefunden, dass er nicht fand, dass man ständig Neues erleben und entdecken musste. Bei ihm war alles organisiert, nichts dem Zufall überlassen. Aber auf eine gute Art.

Ich dagegen hatte diesen Listen-Job, in den ich nach dem Studium eher aus Versehen reingerutscht war. Ich hatte ihn von meiner Schwester übernommen, als sie befördert worden war und mich ihren Chefs empfohlen hatte. Sie hatte gedacht, dass ich mir, wie sie es getan hatte, nach zwei oder drei Jahren etwas Besseres suchen würde, aber den Zeitpunkt hatte ich irgendwie verpasst. Zum einen, weil mir gefiel, dass alles in diesem Job erwartbar war und sich nach dem immer gleichen Muster wiederholte, aber dennoch genügend Neues mit sich brachte, damit ich mich nicht vollkommen zu Tode langweilte. Zum anderen dachte ich tief und unausgesprochen in mir, dass es auch ein guter Job sein würde, wenn man irgendwann, hoffentlich bald, Kinder hätte. Dazu wohnte ich auch noch in der alten Wohnung meines Bruders, in die ich eigentlich nur übergangsweise gezogen war und die er mir am Ende überlassen hatte, als er zu seiner Freundin gezogen war. Ich weiß nicht, warum, aber es schien schon immer so gewesen zu sein, dass, bevor ich mich für oder gegen etwas entscheiden konnte, das schon andere für mich übernommen hatten. Ich trug in meiner Jugend nicht nur die alten Klamotten meiner Geschwister auf, ich bekam auch Freunde, Hobbys und Sportarten vererbt. Aber das machte mir nichts aus, ich dachte lange Zeit nie wirklich darüber nach, ob ich Tennis- oder Klavierspielen wirklich mochte. Meine ganze Familie spielte schließlich Tennis, und beim Klavierspielen hatten sich die anderen beiden auch schon gequält, warum sollte es mir anders gehen. Also fügte ich mich dem irgendwie.

Mit Tom hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, etwas Eigenes zu haben, eigene Dinge zu beginnen, die mir niemand aus meiner Familie geraten oder überlassen hatte. Er war der erste Freund, den meine Familie weder für gut noch für schlecht befinden konnte, weil sie ihn schlicht noch nie getroffen hatten. Ich war mir zwar sicher, dass er ihnen gefallen würde, mit seinen soliden Wertvorstellungen und tadellosen Manieren. Aber dass sie gleichzeitig derart im Unklaren darüber blieben, wer er war, was alle ganz nervös machte, war für mich neu und am Anfang auch ein bisschen aufregend. Auch wenn der Punkt der Geheimnistuerei später zum Problem wurde. Er gab mir dennoch immer das Gefühl, mit ihm auf eine gute Art erwachsen werden zu können, an seiner Seite anfangen zu können, gute Entscheidungen zu treffen.

3

Am nächsten Morgen fuhr ich zu Oskar und seiner Familie. Ich wollte ihnen sagen, dass ich den Job nicht annehmen konnte. Dass es mir leidtäte, dass ich am Tag zuvor solchen Quatsch erzählt hatte. Dass ich auch nicht wusste, was in mich gefahren war. Aber dann öffnete mir die Mutter der Jungs mit einem freundlichen »Hallo, ich bin Stella« die Tür, und ich hörte mir dabei zu, wie ich ihr erklärte, dass ich sehr gern auf ihre Söhne aufpassen wollte, obwohl ich wirklich keinerlei Erfahrung mit Kindern hätte. Sie lächelte nur und fragte mich‚ ob nicht jedes Kind sowieso eine Art unbekanntes, aber sich am Ende selbst erklärendes Universum sei, das seine individuelle Betriebsanleitung schon mitgeliefert bekäme. Ich schaute sie erstaunt an und entgegnete, dass ich davon noch nie gehört hätte. Sie erwiderte lächelnd, dass sie sich sicher sei, dass die Jungs mir zeigen würden, wie sie funktionierten.

»Das Baby kommt in fünfeinhalb Wochen«, begann sie zu erklären. »Bis dahin haben wir also noch ein bisschen Zeit, uns anzunähern. Du lernst die Abläufe, Vorlieben und den Alltag der Jungs kennen. Ich zeige dir alles Wichtige. Aber im Grunde soll Oskar für sich und seine Brüder sprechen, denn es war seine Idee, eine Kinderfrau zu engagieren, und ich nehme an, dass er damit wie immer recht haben wird. Also kannst du nach der Eingewöhnung die Gestaltung eurer gemeinsamen Zeit mit ihm besprechen.«

Ich musste zu Boden schauen, während sie das sagte, damit sie nicht sah, wie ich schmunzelte. Denn Oskar, der kerzengerade neben ihr stand, war zu diesem Zeitpunkt ziemlich genau fünf Jahre alt. Doch obwohl ich lachen musste, hatte ich gleichzeitig das Gefühl, dass er durchaus in der Lage war, seine Rolle zu erfüllen. Daran schien die Art, wie er mir jovial zunickte, keinen Zweifel zu lassen.

Ob ich nächste Woche schon anfangen könne?

Ich nickte.

Dann stand Stella auf, erklärte, dass wir uns jetzt einfach mal ein bisschen beschnuppern sollten, und verabschiedete sich. In der Tür drehte sie sich noch einmal um und sagte, dass ihr Mann mich krankenversichern könnte, wenn ich das wollte, sie würde mit ihm sprechen, wenn er wieder »im Land« wäre. Und dann ließ sie mich mit Oskar und Nippon allein.

 

Wir sahen uns eine Weile an, und während ich noch überlegte, wie ich auf die Jungs zugehen sollte, ergriff Oskar die Initiative. Er wollte gleich zu Beginn ein paar Dinge klarstellen:

»Ich möchte nicht, dass man mir ungebeten auf die Toilette folgt oder Creme in mein Gesicht schmiert, als wäre ich ein kleines Baby. Im Gegensatz zu Nippon und Beppi kann ich mir auch allein den Mund abwischen, und mein Essen darf keinesfalls in eine breiige Masse zerteilt werden.«

Das ginge auf jeden Fall klar, erwiderte ich.

»Außerdem möchten weder meine Brüder noch ich mit einem angespuckten Taschentuch Dreck aus dem Gesicht gewischt bekommen. Genauso wenig möchten wir unsere Namen oder die Telefonnummer unserer Eltern auf T-Shirts oder Arme gemalt bekommen.«

»Aha.«

»Und wir möchten niemals laut in der Öffentlichkeit ausgeschimpft werden.«

Er sagte das alles sehr ernst und sehr tapfer, sodass ich ihn eigentlich sofort umarmen wollte, aber ich war mir nicht sicher, ob er das nicht für ähnlich indiskutabel halten würde, wie Babycreme ins Gesicht geschmiert zu bekommen.

»Ach so … und Butternester auf Brötchen mögen wir auch nicht so gerne. Sie sind selbstverständlich kein Weltuntergang, weil es ja Kinder gibt, die hungern müssen, aber wenn du da trotzdem aufpassen könntest, wäre das wirklich nett«, fügte er seufzend hinzu.

»Ja, klar. Die mag doch niemand.«

4

Nach drei weiteren Tagen Ungewissheit stand Tom unangekündigt vor meiner Tür, schenkte mir eine Packung polnischer Kekse und sah mich an, als wäre nichts Besonderes gewesen. Er schien erstaunt über meine Frage, wo er gewesen sei.

»In Breslau. Zu diesem Vortrag. Davon hatte ich dir doch erzählt … Hatte ich nicht? Ach.«

Ich erzählte ihm von meinem neuen Job.

»Du hast doch einen Job.«

»Aber ich will doch nicht für immer diese Listen machen.«

Ob ich nun stattdessen Kindermädchen sein wolle, fragte er, als gäbe es darauf nur eine Antwort.

Ich zuckte mit den Schultern und sah in seinem Blick, wie wenig er das verstehen wollte.

»Wirst du jetzt wie deine Freundin, die immer mit dem Querschnittsgelähmten schwimmen geht?«

Er meinte Anna, die er noch nie gesehen hatte und deren Namen sich zu merken ihm irgendwie nie relevant genug zu sein schien.

Sie hatte mal einen Nebenjob, bei dem sie einmal in der Woche mit einem erblindeten Professor Tandem fuhr und ihm währenddessen erzählte, was sie sah. Ich hatte Tom mal davon erzählt und den Verdacht geäußert, dass sie dem Professor nie das erzählte, was sie wirklich sah, sondern sich ständig irgendwelche Dinge und Ereignisse ausdachte. Tom lenkte das Gespräch schnell zu der Frage, was Wahrheit ist und ob eine ausgedachte Wahrheit tatsächlich ähnlich wertig sein konnte wie eine erfundene. Er verurteilte Annas Verhalten und wollte mich auf seine Meinung festnageln. Ich wusste aber gar nicht, wie mein Standpunkt zu Wahrheit und Wahrhaftigkeit war, und darum war es mir auch überhaupt nicht gegangen. Ich hatte ihm einfach eine lustige Geschichte erzählen wollen und wollte seinen moralischen Verriss auf meine Freundin und die verdorbene Welt nicht hören. Ich ärgerte mich darüber, dass er nicht lockerließ, und hatte ihm irgendwann einfach ermüdet recht gegeben, als ich merkte, dass ihm seine Meinung so viel wichtiger war als mir meine.

 

In dieser Nacht lag ich lange wach und hörte Tom beim Atmen zu. Es klang schön. Ganz weich und leise, keine Spur einer Unregelmäßigkeit oder eines Schnarchens und so vollendet, dass man ihn keinesfalls stören wollte. Aber hätte ich gewusst, dass er mich, nicht mal ein halbes Jahr später, verlassen würde, hätte ich ihn vielleicht geweckt. Um ein bisschen auf Vorrat mit ihm zu plaudern. Um ihm in die Augen zu sehen und dabei vorsichtig mit den Fingerspitzen über seine Wimpern zu streicheln. Um ihm eine Wimper auszureißen, sie wegzupusten und mir zu wünschen, dass alles für immer so bleibt, wie es ist. Oder ihn am besten damit zu erstechen, damit er niemals fortgehen könnte. Aber so sah ich nur aus dem Fenster in diesen immerdämmrigen Großstadthimmel und auf den Baum vor dem Fenster, dessen Wipfel sich dunkel vor dem Himmel abzeichnete. Ich mochte diesen Baum, dessen Krone sich an Abenden wie diesem sanft hin und her wiegte und dessen leise rauschende Blätter man im Sommer bis ins Zimmer hören konnte, wenn man die Luft anhielt. Dann war es, als könne man in dem Muster, das die Blätterwand und die dazwischen durchscheinenden Flecken Himmel miteinander ergaben, Gesichter erkennen. Heute denke ich, ich hätte ihn in jedem Fall wecken sollen. Um ihm davon zu erzählen, um ihn zu fragen, ob er die Gesichter auch sieht. Aber ich dachte ja, wir hätten alle Zeit der Welt, dachte, das könnte ich genauso gut ein andermal tun. Ich dachte, wir seien auf eine grundsätzliche und gute Art glücklich miteinander, dachte, das mit uns sei mindestens für immer.

Denn seit ich Tom kannte, waren mir die Tage sonniger erschienen, und nachts hatte ich wieder das Gefühl, die Milchstraße am Himmel zu sehen, obwohl man das in der Stadt natürlich in Wahrheit nur bei Stromausfall kann. Er schien dafür zu sorgen, dass im Radio wirklich nur »das Beste von gestern und heute« lief und dass man im Supermarkt zwar immer noch jedes Mal an der langsamsten Schlange von allen stand, dass das aber nichts ausmachte, weil er ja dabei war. Seit ich Tom kannte, ging ich irgendwie aufrechter, hatte das Gefühl, zu einer besseren Version meiner selbst geworden zu sein, ein bisschen klüger, souveräner und kühner als vorher. Als wäre es möglich, nun doch noch Dinge zu lernen, von denen man bislang gedacht hatte, es sei dafür zu spät.

Ich war mir sicher, dass aus Tom und mir eins dieser Paare werden würde, mit denen meine Eltern befreundet waren, die wie Schwäne waren, die sich niemals trennten, die immer nur zusammen erwähnt wurden, so als gäbe es Astrid und Eberhard eben nur als AstridundEberhard. Außerdem habe ich bis zum Schluss gedacht, dass zwei Menschen, die sich so zwangsläufig ineinander verliebten, wie wir das getan hatten, auf einer gefühlten Autobahn ohne eine einzige Abfahrt, dass die sich eben nie trennen würden, weil sie das gar nicht konnten. Rein dramaturgisch schien mir das ausgeschlossen.

Denn die Geschichte, wie Tom und ich uns kennengelernt haben, ist eine besonders gute. Zumindest war sie es, solange man sie mit einem offenen Ende erzählen konnte. Eine, bei der andere ganz gerührt waren, wenn sie sie hörten, weil darin mehr als ein Abendessen bei gemeinsamen Freunden, irgendein Online-Portal oder eine durchzechte Partynacht vorkam. Stattdessen war sie voller Momente, in denen das Schicksal eingegriffen zu haben schien, weil es uns unbedingt zusammenbringen wollte. Unsere Geschichte war so schön, dass ich mir manchmal vorstellte, wie unsere Freunde daraus einen Film für unsere Hochzeit machen würden. Während des Abspanns würde man verzückte Seufzer hören, und Tom würde im Dunkeln ganz fest meine Hand drücken und mir etwas Bedeutungsvolles ins Ohr flüstern.

So hatte ich mir das immer vorgestellt und dabei übersehen, dass wir in Wahrheit gar keinen gemeinsamen Freundeskreis hatten. Dass wir eines dieser Paare waren, die immer Dinge zu zweit unternahmen. Keine Abendessen in großen Runden, keine gemeinsamen Einladungen zum Brunch, keine Völkerballturniere im Park mit der Clique, keine gemütlichen Wochenenden mit anderen Paaren in einer dieser »herrlich einfachen, aber wahnsinnig gemütlichen« Hütten in Dänemark. Ich dachte mir damals nichts dabei, dachte, das sei einfach eine besonders lange Wir sind uns eben selbst genug-Phase. Aber offenbar erzählten wir schon da unterschiedliche Geschichten.

Was machst du?-Was mach ich?-1989