Michael Wolffsohn

Deutschjüdische Glückskinder

Eine Weltgeschichte meiner Familie

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Mit Bildteil und einem Nachwort zur Taschenbuchausgabe

Über Michael Wolffsohn

Michael Wolffsohn, Prof. Dr., geb. 1947 in Tel Aviv, stammt aus einer deutschjüdischen Familie, die 1939 nach Palästina fliehen musste. Seine Eltern kehrten 1954 nach Deutschland zurück. Von 1981 bis 2012 war er Professor für Neuere Geschichte an der Bundeswehruniversität München. Er veröffentlicht regelmäßig in nationalen und internationalen Medien und hat über 30 Bücher vorgelegt, unter anderem ›Wem gehört das Heilige Land?‹ Zuletzt bei dtv: ›Zum Weltfrieden. Ein politischer Entwurf‹, ›Zivilcourage. Wie der Staat seine Bürger im Stich lässt‹, ›Friedenskanzler? Willy Brandt zwischen Krieg und Terror‹. 2017 wurde Michael Wolffsohn als »Hochschullehrer des Jahres« ausgezeichnet. 2018 erhielt er den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis des Zentrums gegen Vertreibungen.

Über das Buch

Weshalb Großvater Wolffsohn in Tel Aviv sozialistische Lehrer mit dem Gartenschlauch bespritzte, warum Hitlers Wirtschaftsaufschwung Juden wie Großvater Saalheimer benebelte, bis er ins KZ Dachau verschleppt wurde, wie deutsche Juden in Palästina den Holocaust erlebten, warum ihre Kinder Bauern wurden, welche Rolle Ovid in Israels Militär spielte und was Michael Wolffsohn selbst zu den jüdischen und nichtjüdischen Personen, Institutionen und »moralischen Instanzen« in Deutschland und der Welt zu sagen hat: Wenn ein Historiker wie er die Geschichte seiner Familie erzählt, die ihn auch zu grundsätzlichen Fragen wie der Zukunft des Judentums, von Vielvölkergesellschaften, Schuld, Sühne und Versöhnung führt, sei man auf Überraschungen gefasst.

Impressum

Ungekürzte Taschenbuchausgabe 2018

© 2017 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Das Werk wurde vermittelt durch die Literaturagentur Dirk Rumberg, Ultreya GmbH.

Soweit nicht anders vermerkt, stammen die Abbildungen aus dem Privatarchiv des Autors.

Umschlaggestaltung: dtv unter Verwendung von Fotos aus dem Privatbesitz des Autors. Oben links: Justus Saalheimer, Großvater mütterlicherseits, mit seinen Brüdern, um 1910. Oben rechts: Das Berliner Großkino Lichtburg bei Nacht. Unten links: Mutter Thea Wolffsohn mit Michael im Genossenschaftsdorf Schadmot Dwora. Unten rechts: Karl Wolffsohn, Grovater väterlicherseits, in den 1950er-Jahren in Berlin.

 

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkungen nicht erkennbar.

 

eBook-Herstellung im Verlag

 

eBook ISBN 978-3-423-43166-8 (epub)

ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-34941-3

 

Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website www.dtv.de/ebooks

ISBN (epub) 9783423431668

Endnoten

[1]

Vgl. die Biografie von Ulrich Döge, »Er hat eben das heiße Herz«. Der Verleger und Filmunternehmer Karl Wolffsohn, Berlin 2016.

[2]

Heinrich Heine, Aphorismen und Fragmente Nr. 74, in: Heinrich Heine, Säkularausgabe, Red. Hans Böhm, Berlin (DDR) 1988, S. 196.

[3]

Fabian Riedel, Arisierung und Wiedergutmachung. Das Beispiel Karl Wolffsohn, Dissertationsvorhaben, Universität Potsdam, Lehrstuhl für deutsch-jüdische Geschichte.

[4]

Amos Oz, Eine Geschichte von Liebe und Finsternis, Frankfurt am Main 2002, S. 105.

[5]

Belege in Wolffsohn/Brechenmacher, Die Deutschen und ihre Vornamen. 200 Jahre Politik und öffentliche Meinung, München 1999.

[6]

http://www.konrad-adenauer.de/dokumente/briefe/brief-pro-palaestina1 (Abruf 22.11.2015, 14:58h). Vgl. besonders Hans-Peter Schwarz, Adenauer. Der Aufstieg 18761952, 3. Auflage München 1986, S. 327 ff.

[7]

Michael Wolffsohn, Ewige Schuld? 4o Jahre deutsch-jüdisch-israelische Beziehungen, München/Zürich 1988; M. Wolffsohn: Das deutsch-israelische Wiedergutmachungsabkommen von 1952 im internationalen Zusammenhang. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 36. Jg. Heft 4, (1988).

[8]

Wer genauere Begründungen erfahren möchte, sei auf mein Buch ›Keine Angst vor Deutschland‹, Erlangen 1990, verwiesen oder auf meine Textsammlung ›Verwirrtes Deutschland‹, München 1991. Dem gleichen Gericht eine neue Sauce zu übergießen empfinde ich als Zumutung an andere und mich.

[9]

http://www.gerhildkomander.de/frauen-in-berlin-themen/101-frauen-themen-frauen-abitur.html

[10]

Vgl. dazu Michael Wolffsohn/Thomas Brechenmacher, Die Deutschen und ihre Vornamen. Politik und öffentliche Meinung, München 1999.

[11]

Belege im Nachlass Karl Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München, ED 0230-0070.

[12]

Ausführlich belegt ist alles in denselben Archivunterlagen, a. a. O.

[13]

A. a. O.

[14]

Karl Wolffsohn an Rechtsanwalt Helmut Lass, Berlin, 14.4.1950, a. a. O.

[15]

Hans Neumann an Recha Wolffsohn, Berlin, 18.5.1950, a. a. O.

[16]

Rechtsanwalt Lass an Karl Wolffsohn, Berlin, 18.7.1950, a. a. O.

[17]

Karl Wolffsohn an Hans Neumann, Berlin, 10.11.1950, a. a. O.

[18]

Dieser Abschnitt ist eine umgearbeitete Fassung der Passage über Thomas Brasch in meinem Buch ›Meine Juden – Eure Juden‹, München 1997, S. 103 ff. Das Gedicht »Meine Großmutter« ist entnommen aus: Thomas Brasch ›Die nennen das Schrei. Gesammelte Gedichte‹. © Suhrkamp Verlag Berlin 2013.

[19]

Michael Wolffsohn/Uwe Puschner, Geschichte der Juden in Deutschland, München 1992, S. 209. Für Preußen: Monika Richarz, Die Entwicklung der jüdischen Bevölkerung, in: Deutsch-Jüdische Geschichte in der Neuzeit, Band III, 18711918, hrsg. von Steven M. Lowenstein u. a., München 1997, S. 19 f.

[20]

Michael Wolffsohn, Israel – Geschichte, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, 7. Auflage Wiesbaden 2007, S. 381.

[21]

Pew-Umfrage, http://www.nytimes.com/2013/10/01/us/poll-shows-major-shift-in-identity-of-us-jews.html?ref=us&_r=0 (Abruf 29.12. 2016, 11:23).

[22]

T. W. Adorno an M. Horkheimer, in: Theodor W. Adorno/Max Horkheimer, Briefwechsel 19271969, Band IV: 19501969, hrsg. von C. Gödde und H. Lonitz, Frankfurt am Main 2006, S. 55.

[23]

Vorsicht, Diebstahl. Die Überschrift habe ich von John Updikes Roman ›In the Beauty of the Lilies‹, deutsch: ›Gott und die Wilmots‹ gestohlen.

[24]

Demnächst im Nachlass Karl Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München. Dort ist der gesamte Karl-Wolffsohn-Nachlass, ebenso wie mein Vorlass, auf Antrag allgemein zugänglich. Es gelten die üblichen Sperrfristen und Genehmigungsregeln.

[25]

Ricarda Huch, Lebenslauf des heiligen Wonnebald Pück, Wiesbaden 1956, S. 75.

[26]

Zuletzt hierzu telefonisch am 18. Juli 2016, 21:35 Uhr.

[27]

Der Babylonische Talmud, neu übertragen durch Lazarus Goldschmidt, Neuausgabe Frankfurt am Main 1996, S. 634. Ich habe das angestaubte Deutsch etwas poliert.

[28]

Rafael Plaut, Jeschiwa Ateret Kohanim, Jerusalem, an Arno S. Hamburger, 25.8.1993. Die Kopie ist in meinem Privatbesitz und kann demnächst im Vorlass Michael Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München, eingesehen werden.

[29]

Ebd.

[30]

Karl Wolffsohn, Reisetagebuch 1949 ff., Institut für Zeitgeschichte, München, ED 230/10.

[31]

Jean-Marie Lustiger, Gotteswahl, München 1992.

[32]

Tagebuch, 15.6.1942, S. 18.

[33]

Tagebuch, 7.12.1942, S. 82.

[34]

Vgl. dazu die klassische Schrift Erich Fromms, You shall be as Gods. A Radical Interpretation of the Old Testament and its Tradition, New York 1966.

[35]

Reisetagebuch Karl Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München, Archiv, ED 230/10.

[36]

Michael Wolffsohn, Meine Juden – Eure Juden, München/Zürich 1997, S. 168 ff.

[37]

Reisetagebuch Karl Wolffsohn, S. 15.

[38]

Henry Leide, NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR, Göttingen 2005.

[39]

Vgl. Michael Wolffsohn, Die Deutschland-Akte. Juden und Deutsche in Ost und West. Tatsachen und Legenden, München 1995, S. 88 ff.

[40]

Gábor T. Szántó, In Schuld verstrickt. Tagebuch eines ungarischen Rabbiners, Berlin 1997.

[41]

Heinz Galinski an Michael Wolffsohn, Berlin, 31.1.1990, Vorlass Michael Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte München, Archiv.

[42]

Michael Wolffsohn an Heinz Galinski, München, 28.10.1991, Institit für Zeitgeschichte, Archiv, Vorlass Michael Wolffsohn.

[43]

Notarurkunde, Hubertus Schlenzig, 7. Mai 1965. Die notarielle Urkunde für den Verkauf bzw. Kauf am 7. Mai 1965 befindet sich im Amtsgericht Schöneberg, Berlin, S. 6. Hubertus Schlenzig, Berlin, Uhlandstr. 15, war der unterzeichnende Notar.

[44]

Fabian Riedel, Universität Potsdam 2017. Notarurkunde, 7.5.1965, a. a. O.

[45]

Notarurkunde, 7. 5.1965, S. 10.

[46]

Siehe die Notarurkunde vom 7.5.1965. Die Einsichtnahme in das Grundbuch war am 12. April 1965 erfolgt, a. a. O., S. 4.

[47]

Notarurkunde, 7.5.1965, a. a. O., S. 12 f.

[48]

Interview Ignatz Bubis, Frankfurter Rundschau, 15.10.1992.

[49]

Ein gewisser Jonathan Morse hatte in einer US-Postille behauptet, ich sei ein (zum Christentum) »konvertierter Jude« (»converted Jew«). Ich hatte geklagt. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wertete in seiner Entscheidung vom 10.2.1997 jene Behauptung als legitime Meinungsäußerung. Die Faktenlage kümmerte das OLG offensichtlich nicht.

[50]

Roland Timm, Süddeutsche Zeitung, 17.11.1992.

[51]

Michael Wolffsohn, Meine Juden – Eure Juden, München/Zürich 1997, S. 69 ff.

[52]

Ignatz Bubis, Ich bin ein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Ein autobiographisches Gespräch mit Edith Kohn, Köln, 4. Auflage 1997, S. 97 (1. Auflage 1993).

[53]

Ignatz Bubis mit Peter Sichrovsky, »Damit bin ich noch längst nicht fertig«, Die Autobiographie, Frankfurt – New York 1996, S. 73.

[54]

Bubis, a. a. O., S. 74.

[55]

Bubis, a. a. O., S. 75.

[56]

Hans Leyendecker, Das Echo der Vergangenheit, Süddeutsche Zeitung, 13.11.2003, S. 3.

[57]

Dr. Mechthild Wolf, Degussa-Archiv, Frankfurt, an Michael Wolffsohn, 13.11.2000, Vorlass M. Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte München, Archiv.

[58]

Dr. Andrea Hohmeyer, Degussa-Archiv, Frankfurt, an Michael Wolffsohn, 9.5.2011, Vorlass M. Wolffsohn, a. a. O.

[59]

Christian Hiller von Gaertringen, FAZ, an Andrea Hohmeyer, Degussa-Archiv, 10.5.2011, Vorlass M. Wolffsohn, a. a. O.

[60]

Peter Hays, Die Degussa im Dritten Reich, München 2004.

[61]

Ausführlich dazu Jonathan Zatlin, »Repetition and Loss: Jewish Refugees and German Communists after the Holocaust, 19451951«, The Leo Baeck Institute Yearbook 59 (2014): 197230

[62]

M. Wolffsohn, München, an Staatsminister Steffen Heitmann, 3.2.1995, Vorlass M. Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München, Archiv. Der Präsident des Landgerichts Dresden, Georgi, an M. Wolffsohn, Dresden, 28.3.1995, a. a. O.

[63]

Präsident Georgi an M. Wolffsohn, 28.3.1995, a. a. O.

[64]

Aktennotiz M. Wolffsohn nach einem Telefonat mit Minister Heitmann, München, 16.6.1999, Vorlass M. Wolffsohn, a. a. O.

[65]

Der Präsident des Landgerichts Desden, Scheffold, an Rechtsanwalt Peter-Michael Diestel, Dresden, 19.9.1999, Vorlass M. Wolffsohn, a. a. O.

[66]

Vgl. Andreas Wassermann, Der Spiegel, 2.8.2004, S. 50 (Online 12.7.2004).

[67]

Hier und im Folgenden eigene Recherchen sowie Nachforschungen des Journalisten Andreas Born, 1999.

[68]

http://www.hagalil.com/deutschland/bubis/presse/stern.htm (Abruf 28.2. 2016; 18:13)

[69]

Michael Wolffsohn/Thomas Brechenmacher, Die Deutschen und ihre Vornamen. 200 Jahre Politik und Öffentliche Meinung, München 1999, und Michael Wolffsohn/Thomas Brechenmacher, Deutschland, jüdisch Heimatland. Die Geschichte der deutschen Juden vom Kaiserreich bis heute, München/Zürich 2008.

[70]

Vgl. Michael Wolffsohn, München, an Bernhard Walter, Vorstandssprecher Dresdner Bank, Frankfurt am Main, 18.9.1999, »Unser Gespräch am 13.9.1999«, S. 2, Vorlass Michael Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München. Darin weiteres Material.

[71]

M. Wolffsohn an B. Walter, ebd.; B. Walter an M. Wolffsohn, 6.10.1999; auch B. Walter an M. Wolffsohn, 30.9.1999. Hier nennt B. Walter meine schriftliche Zusammenfassung unseres Gesprächs »etwas verkürzt und teilweise nicht zutreffend«. Ein Dementi liest sich anders. Alles im Vorlass M. Wolffsohn, a. a. O. Vgl. auch Focus 4/2000, 24.1.2000, S. 70.

[72]

M. Wolffsohn an B. Walter, 5.10.1999, Vorlass M. Wolffsohn, a. a. O.

[73]

Fax Prof. Dr. Hans Günther Hockerts, München, an Michael Wolffsohn, 21.12.1999, Vorlass Michael Wolffsohn, a. a. O.

[74]

Vgl. M. Wolffsohn, München, an Jürgen Sarrazin, Vorstandssprecher Dresdner Bank, 14.7.1997; M. Wolffsohn an Volkmar W. Kübler, München 3. und 6.7.1997, Vorlass M. Wolffsohn, a. a. O.

[75]

Notizen M. Wolffsohn, in: Spiegel, 5/1999, S. 70. Focus, 31/1999, S. 12; Christian von Hiller, in: Frankfurter Rundschau, 10.6.1999, S. 3; Focus, 2.8.1999.

[76]

Die Dokumente sind im Nachlass Karl Wolffsohn einsehbar. Archiv, Institut für Zeitgeschichte, München.

[77]

Christian von Hiller, Betrügerischer Bankrott oder getarnte Arisierung?, in: Frankfurter Rundschau, 10.6.1999, S. 3.

[78]

Jens Schnauber, Die Arisierung der Scala und Plaza. Variété und Dresdner Bank in der NS-Zeit, Berlin 2002; Fabian Riedel, Arisierung und Wiedergutmachung: Die Scala und Plaza, Universität Potsdam, wahrscheinlich 2017.

[79]

Klaus-Dietmar Henke (Hrsg.), Die Dresdner Bank im Dritten Reich, München 2006. Ralf Ahrens, Die Dresdner Bank 19451957. Konsequenzen und Kontinuitäten nach dem Ende des NS-Regimes, München 2007. Zu Karl Wolffsohn Band 3 und 5.

[80]

http://www.spiegel.de/wirtschaft/dresdner-bank-spitzel-affaere-hat-folgen-a 109071.html (abgerufen 23.2.2016; 16:18).

[81]

Michael Wolffsohn, Die Deutschland-Akte, München 1995, S. 339 ff.

[82]

John Tagliabue, New York Times, 28.3.1992, siehe http://www.nytimes.com/1992/03/28/world/waldheim-is-given-welcome-by-kohl.html (Abruf 28.2.2016, 21:18).

[83]

Gunter Hofmann, Das Schwanken als historische Linie, Die Zeit, 3.4.1992, siehe http://www.zeit.de/1992/15/das-schwanken-als-historische-linie (Abruf 28.2.2016, 21:24).

[84]

Mordecai Richler, Solomon Gursky Was Here, New York 1989.

[85]

American Jewish Year Book 1997, New York 1997, S. 333.

[86]

Aktennotiz Michael Wolffsohn über ein Telefonat mit Paul Spiegel am 27.10.2000, Vorlass Michael Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München, Archiv.

[87]

Landtag Nordrhein-Westfalen, Ausschuss für Wissenschaft und Forschung, 14.9.2000, 2. Sitzung (nichtöffentlich), Protokoll 13/47.

[88]

Michael Wolffsohn, München, an Ministerpräsident Wolfgang Clement, 28.11.2000, Vorlass Michael Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München, Archiv.

[89]

München 2009.

[90]

Sprüche der Väter, Kap. 1, 2.

[91]

A. a. O., 1, 18.

[92]

A. a. O., 2, 1.

[93]

Israelischer Ministerpräsident 19771983.

[94]

Ausführlich dargestellt und durch Dokumente belegt in M. Wolffsohn, Verwirrtes Deutschland. Provokative Zwischenrufe eines deutschjüdischen Patrioten, München 1993, S. 193 ff.

[95]

Für eine Zusammenfassung aus meiner Sicht »J’accuse«: in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, »Gegenwart«, 25. Juni 2004. Auch das Interview von Roger Köppel und Jacques Schuster mit mir »Die Welt, 26. Juni 2004.

[96]

Ich muss hier den Quellenschutz beachten, habe aber diese Information aus erster Hand.

[97]

Vgl. bei Wikipedia »Heuschreckendebatte«.

[98]

In zahlreichen vertraulichen Hintergrundgesprächen ergab sich dieses eindeutige Bild. Auch hier gilt Quellenschutz.

[99]

Ralf Ahrens, Die Dresdner Bank 19451957. Konsequenzen und Kontinuitäten nach dem Ende des NS-Regimes, München 2007, S. 383.

[100]

Christoph Wilmer, Karl Wolffsohn und Lichtburg, Die Geschichte einer Arisierung, Essen 2006.

[101]

Zur Gartenstadt Atlantic siehe Gerwin Zohlen, Hg., Rudolf Fränkel, die Gartenstadt Atlantic und Berlin, Zürich 2006.

[102]

Vgl. Reisenotizen Karl Wolffsohn, 12.1.1950, Nachlass Karl Wolffsohn, Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, München, ED 230, Mappe 10. Ausführlicher in: Michael Wolffsohn, Meine Juden – Eure Juden, München/Zürich 1997, S. 33 ff.

[103]

Karl Wolffsohn, a. a. O., ohne Datum, aber Anfang 1950.

[104]

Ebd.

[105]

Karl Wolffsohn, Reisenotizen II, (Mai) 1950.

[106]

Karl Wolffsohn, Reisenotizen II, (Mai) 1950.

[107]

Karl Wolffsohn, Reisenotizen II, Juli 1950.

[108]

Karl Wolffsohn an den Regierungsbeamten J. Nussbaum (Jerusalem), Berlin, 22.9.1955, Israelisches Staatsarchiv, ISA, 2526/3.

[109]

Karl Wolffsohn, Reisenotizen II, Juli 1950.

[110]

Karl Wolffsohn, a. a. O., ohne Datum, aber eindeutig Anfang 1950.

[111]

All diese und noch viel mehr Einzelheiten sind im Nachlass Karl Wolffsohn, Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, München, Bestand ED 230, einsehbar.

[112]

Fabian Riedel, »Braun« und »Rot« – Akteur in zwei deutschen Welten. Der Jurist Dr. Walter Neye (19011989), in: Deutschland-Archiv, Heft 1/2012; auch unter dem Suchbefehl »Fabian Riedel, Neye«. http://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/132929/braun-und-rot-akteur-in-zwei-deutschen-welten?p=all.

[113]

Einzelheiten und Belege im Nachlass Karl Wolffsohn, Institut für Zeitgeschichte, München, besonders Band 58.

[114]

Karl Wolffsohn an Massenbach, 12.9.1946, Nachlass Karl Wolffsohn, IfZ ED 230, Band 58.

[115]

K. Wolffsohn an Massenbach, Tel Aviv, 12.9.1946, a. a. O.

[116]

K. Wolffsohn an Massenbach, Tel Aviv, 2.10.1946, a. a. O.

[117]

Massenbach, Landeskrankenhaus Neustadt Holstein, an K. Wolffsohn, 7.11.1946, a. a. O.

[118]

Massenbach an K. Wolffsohn, 7.11.1946, a. a. O.

[119]

Massenbach an K. Wolffsohn, Berlin, 2.3.1947, Nachlass K. Wolffsohn, IfZ München.

[120]

Karl Wolffsohn an Massenbach, Tel Aviv, 17.8.1947, a. a. O.

[121]

Massenbach an Karl Wolffsohn, Berlin, 1.12.1947, Nachlass Karl Wolffsohn, IfZ, München.

[122]

KW an das Zentralamt für Wiedergutmachung, Bad Nenndorf, Berlin, 112.1950, IfZ, ED 230, Band 35. Eine noch ausführlichere Liste mit 20 Adressaten für Erstattung oder Entschädigung siehe a. a. O., Band 91, Blätter 17 ff.

[123]

K. Wolffsohn an Massenbach, Tel Aviv, 15.9.1949, Nachlass K. Wolffsohn, IfZ, ED 230, Band 58.

[124]

Freiherr von Massenbach an RA Dr. Wolfgang Fischer, Berlin, 1, Juni 1952, IfZ, Nachlass Karl Wolffsohn, Band 34.

[125]

K. Wolffsohn an Massenbach, Berlin, 6.2.1950, Nachlass K. Wolffsohn, IfZ, ED 230, Band 58.

[126]

K. Wolffsohn an Massenbach, Berlin, 10.2.1950, a. a. O. Zunächst war nur von 15 % der Fischer-Wienholz-Aktien die Rede, dann verpflichtete sich K. Wolffsohn zu 15% seines ihm zugesprochenen Aktenpaketes; K. Wolffsohn an Massenbach, Berlin, 23.4.1951, a. a. O.

[127]

Massenbach an Karl Wolffsohn, Berlin, 11.5.1951, Nachlass K. Wolffsohn, a. a. O.

[128]

Karl Wolffsohn, Notizen in Sachen von Massenbach, Berlin, 9.3.1954, Nachlass K. Wolffsohn, Band 58, a. a. O.

[129]

Vertrag zwischen von Massenbach und Karl Wolffsohn, Berlin, 11.3.1954, Nachlass K. Wolffsohn, Band 58, a. a. O. Nach Karl Wolffsohns »Übersicht« habe sich Massenbach 3- oder 4 Mal Autos (auf Kosten der Gartenstadt Atlantic; Michael Wolffsohn) gekauft (Notizen, K. Wolffsohn, ohne Datum), K. Wolffsohn Nachlass, ED 230, Band, 58, Blatt 211, a. a. O.

[130]

Notizen, K. Wolffsohn, ohne Datum, K. Wolffsohn Nachlass, ED 230, Band, 58, Blatt 211f, a. a. O.

[131]

»Vorwürfe, die Herrn von Massenbach als Vorstand der Gartenstadt Atlantic AG in seiner Geschäftsführung gemacht werden«, ohne Datum, wahrscheinlich Februar 1954, Nachlass K. Wolffsohn, IfZ, ED 230, Band 58, Blätter 218 ff.

[132]

Z. B. Trabener Str. 47 im Grunewald, Aktennotiz Rechtsanwalt Dr. Jodidio (für K. Wolffsohn) nach einer Rücksprache mit von Massenbach im Hotel Kempinski, Berlin, 10.2.1954, a. a. O., 12.2.1954, Blatt 221.

[133]

Massenbach an Karl Wolffsohn, Berlin, 5. Juli 1954, Nachlass Karl Wolffsohn, IfZ, München, ED 230, Band 58, Blätter 234 ff.

[134]

A. a. O., Blatt 234.

[135]

K. Wolffsohn an Massenbach, Berlin, 8.7.1954, a. a. O., Blatt 243.

[136]

Massenbach an K. Wolffsohn, Berlin, 17.7.1954, Nachlass Karl Wolffsohn, a. a. O., Blatt 247.

[137]

In den 1960ern hat die IRSO alle Einzelfallakten vernichtet, und im Nachlass Karl Wolffsohn oder woanders waren keine Detailakten auffindbar. Die Auskunft über die IRSO-Akten verdanke ich über den Direktor der Claims Conference (CC), Herrn Roman Haller, einer E-Mail von Herrn Jürgen Roth, Claims Conference, Frankfurt am Main, 20. April 2016.

[138]

Steuerberater Willi Schulz an Hauptfinanzamt für Körperschaften, Berlin, 17.1.1963, IfZ, München, ED 230, Band 35.

[139]

Massenbach an Karl Wolffsohn, Belin, 5.7.1954, IfZ, ED 230, 58, Blatt 235.

[140]

Karl Wolffsohn an Massenbach, Berlin, 8.7.1954, a. a. O., Blatt 245.

[141]

Michael Wolffsohn, Ewige Schuld, 40 Jahre deutsch-jüdisch-israelische Beziehungen, München/Zürich 1988, S. 24.

[142]

Aus der familiären Zitatensammlung.

[143]

Zeew Wolffsohn an Max und Thea Wolffsohn, Schadmot Dworah, 5.9.1977

[144]

Aus der familiären Zitatensammlung

[145]

Die Arbeit erschien dann als einfache Studie: Zeew Wolffsohn, Wirtschaftliche und soziale Entwicklungen in Brandenburg, Preußen, Schlesien und Oberschlesien in den Jahren 16401853, Frankfurt am Main 1985.

[146]

Dokumentiert in: Michael Wolffsohn, Keine Angst vor Deutschland, Erstauflage Erlangen 1993.

[147]

Michael Brauns, Pressesprecher Bundeswehruniversität München, an Michael Wolffsohn, 11.5.2016 15:11.

[148]

Meine Sicht, Michael Wolffsohn, J’accuse, in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Juni 2004 und Die Welt, 28./29.6.2004.

[149]

Professor Dr. Horst Möller, langjähriger Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München und Berlin. Seine wissenschaftliche Bandbreite ist imposant. Sie reicht vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

[150]

Simone Heller, Präsidialamt Bundeswehruniversität München, 7.2.2012.

[151]

Heinrich Heine: Gedanken und Einfälle – Kapitel 6, Spiegel Online, Kultur, Projekt Gutenberg.

[152]

Niklas Zaboji, FAZ, 17.8.2016.

GEDANKEN ZU ERINNERUNGEN

Weltgeschichte einer Familie?

Bin ich mit diesem Anspruch vermessen? Ich denke nein und kann es begründen. Wie jede Familie in der Welt ist auch Familie Wolffsohn Teil der Welt. Wie nicht gar so viele Familien, doch besonders jüdische und noch mehr deutschjüdische, ist sie über die ganze Welt verstreut. Eher unfreiwillig als freiwillig.

Und so ist die Wolffsohn’sche Familiengeschichte tatsächlich auch Weltgeschichte. Nicht »die« Weltgeschichte, aber doch – wenn auch nur ein kleiner – Teil »der« Weltgeschichte. Wir haben keine Weltgeschichte gestaltet oder geprägt. Vielmehr hat die Geschichte uns geprägt.

Wolffsöhne haben, wie Abermillionen Menschen, Geschichte erlebt, erliebt, erlitten. In diesem Buch versuche ich das Wechselspiel von großer Welt, kleiner Welt, Außenwelt und Innenwelt nachvollziehbar zu machen. Diese Geschichte, liebe Leser, hätte auch Ihre Geschichte sein können. Wir alle werden ins Zufällige hineingeboren. Jeder wird in diese oder jene Nation, in diese oder jene Geburtsraumgemeinschaft hineingeboren. Nation kommt von »natus«, geboren. Viele verwechseln dieses Teil- und So-Sein, ihre Welt, mit dem Ganzen.

Glückskinder?

Dies ist keine Opfer- und Unglücks-, sondern eine Glücksgeschichte. Oder sagen wir lieber: fast eine Glücksgeschichte. Nicht einmal fast alle werden diese Geschichte und Geschichten »glücklich« nennen. Sie werden jedoch vielleicht nicht umhin können, den einen oder anderen neuen Gedanken oder Eindruck über Glück und Unglück sowie, o ja, Deutsche und Juden, überhaupt Kollektiv und Individuum nachzuvollziehen oder gar selbst zu entwickeln.

Auch von guten Deutschen wird hier erzählt. Sogar von dem einen oder anderen jüdischen Schlitzohr, um keine gröberen Ausdrücke zu gebrauchen. Selig- und Heiligsprechungen kann ich nicht versprechen.

Während Millionen anderer Juden ermordet wurden, auch Angehörige, Geliebte, Freunde und Bekannte, ging das Alltagsleben der Wolffsohns und anderer jüdischer Flüchtlinge, die sich nach Palästina retten konnten, sozusagen normal weiter. Üppig war es nicht, meist arg karg, aber trotzdem oft sehr schön. Nicht nur in der Erinnerung. Die Sonne strahlte, der Strand lockte, es wurde gelebt und geliebt. Ja, so sagte mir meine Mutter vor einigen Jahren, wir »hatten gehört, was da Schreckliches an den Juden Europas verbrochen wurde, aber so genau wollten wir es, ehrlich gesagt, gar nicht wissen. Wir waren, so grausam und unmoralisch es klingt und ist, glücklich.«

In gut deutschjüdischer Tradition hatte sie ein Zitat »zur Hand«, Prediger Salomonis (8, 15), das sie sogar als »Resümee« ihres Lebens bezeichnete: »Wer ist glücklich? ›Der, der sich über seinen Teil freut.‹ Und da habe ich allen Grund, zufrieden und glücklich zu sein.«

Ganz korrekt zitiert hat meine Ima (= Mutter) nicht. Der vermeintliche Autor, König Salomon, pries an jener Stelle als einzig wahre (Lebens-)Freude (gutes) »Essen, Trinken und Freude«. »Freude« (Simcha) wird durch »Freude« erklärt, was die Interpretation nicht gerade erleichtert. Raschi (10401105), der bis heute einflussreichste Kommentator, erklärt es so: Glücklich sei, wer mit seinem Teil zufrieden. Meine Mutter liefert automatisch den Kommentar mit. Von wem ich das wohl habe? »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamme.«

 

Wie für die Überlebenden im »Volk der Täter« ging es nach der Katastrophe auch für die Überlebenden im »Volk der Opfer« aufwärts. Langsam, aber eben doch aufwärts. Glückskinder?

Ja und nein. Die Dialektik ist so alt wie das Nachdenken und Nacherzählen der Menschen über die Menschheit. Sie entspricht der Schöpfungslogik: Heiliges neben Profanem, Gutes neben Schlechtem, Helles neben Dunklem, Sabbatruhe einerseits und Hektik der Werktage andererseits. Sind deutsche Juden, wie die Wolffsohns, Holocaust-Überlebende? Ja und nein. Dazu wieder meine, wenngleich nicht intellektuelle, doch selbstkritische und (manchmal) selbstironische Mutter in ihrem Lebensherbst, im Februar 2015: »Ich fühlte mich eigentlich nie als Überlebende der Schoah, sondern als Israelin und in Berlin als Deutsch-Israelin. Ehrlich gesagt hab ich mich bis jetzt nie mit dieser Frage beschäftigt. Das ist sicher ein Zeichen meiner Oberflächlichkeit.« Ist das wirklich oberflächlich? Es ist ihre subjektive Wahrheit.

Objektiv ist meine Mutter sehr wohl Holocaust-Überlebende, denn sie hat den Holocaust überlebt; nicht in Auschwitz oder einer anderen Hölle, sondern in der Hitze Palästinas. Das Wo besagt viel über das Wie, es ändert nichts am Dass.

Bekannt, relevant und umstritten ist der Begriff »zweite Generation Holocaust-Überlebender«. Hier sollte ebenfalls zwischen der subjektiven und objektiven Wirklichkeit (nicht zu verwechseln mit Wahrheit) der Einzelnen unterschieden werden. Subjektiv fühle ich mich, meiner Mutter in der ersten Generation vergleichbar, nicht als zweite Generation der Opfernachfahren. Objektiv ist an dieser Wirklichkeit nicht zu rütteln. In manchen Situationen führte meine subjektive Sicht zu grotesken Reaktionen. Im April 2015, in einer Fernsehgesprächsrunde des Ersten Deutschen Fernsehens, wollte mich Bundesjustizminister Heiko Maas, dritte Generation der Täternachfahren und individuell so wenig Täter wie ich Opfer, belehren, wie ich die ns-deutsche Geschichte aus der Opferperspektive zu betrachten hätte. Dass sich der damals fürs Recht zuständige Minister Maas dieses Recht anmaßte, ging nach meinem unmaßgebenden Geschmack einen Schritt zu weit. Geschichtsmoralisch hatte der Rechtsminister ein krummes Ding gedreht. Ich habe, etwas heftig, seine schiefe Sicht begradigt. Wie gesagt, ich bin nur objektiv und nicht subjektiv Holocaust-Überlebender der zweiten Generation. Ganz anders meine gleichaltrige Freundin R. und mein etwas jüngerer Freund J. Ihre Eltern hatten die NS-Höllen im NS-Machtbereich überlebt. Sie blieben ihr Leben lang hiervon seelisch und körperlich schwerstverwundet, schwerstkrank. Nachts hatten sie oft Albträume und schreckten ihre Kinder auf, tagsüber war ihr Nachleid jedermann erkennbar. An den leidvollen Leidfolgen ihrer Eltern leiden R. und J. noch heute. Das Leid ihrer Eltern ist ihr Leid. Beide sind subjektiv und objektiv Holocaust-Überlebende der zweiten Generation.

Gibt es eine »dritte Generation von Holocaust-Überlebenden«? In schwersttraumatisierten Familien gewiss, wenngleich diesbezügliche Studien aus meiner Sicht noch kein wissenschaftlich schlüssiges Gesamtbild ermöglichen. Und sonst? Die »dritte Generation von HolocaustÜberlebenden« trifft man eher in der deutsch-amerikanisch-jüdischen Wirklichkeit. Erfunden wurde der Begriff nicht von jüdischer, sondern deutscher Seite. Die Erfinder hatten eine auf dem wirtschaftlichen und politischen US-Markt hochwerbewirksame Formel gefunden, eine weltliche Monstranz, mit der sie ihr deutsches Gutsein demonstrieren und ihre Produkte bestens platzieren können. Nach der dritten Generation von Holocaust-Überlebenden dürfte sich der Effekt der Inflation bemerkbar machen.

Die Fast-Glücksgeschichte der erweiterten Familie Wolffsohn endet nicht 1945. Sie führt in die Gegenwart und in eine Zukunft, die – wer weiß? – vielleicht jüdisch ist und vielleicht auch nicht. Ihre deutsch-jüdische oder deutsch-nichtjüdische oder deutsch-teiljüdische Zukunft ist offen. So offen wie die Offene Gesellschaft, denn inzwischen ist die Familie Wolffsohn durch zahlreiche sogenannte Mischehen sowie ihre Lebensweise und Weltsicht längst nicht mehr »rein« jüdisch. Wahrscheinlich, hoffentlich, wird sie bei aller Weltoffenheit inhaltlich nie »judenrein«.

Jüdisch?

Meine Enkelin Anna ist nicht jüdisch. Als sie zwei Jahre alt war – ihr Wortschatz war noch begrenzt – wünschte sie mir zum Pessachfest in reinstem Hebräisch »chag sameach«, ein frohes Fest. Sollte, konnte, durfte das für mich weniger beglückend sein als wenn es eine jüdische Anna gesagt hätte?

Hat es mich provoziert, dass mir, dreijährig, mein ebenfalls nichtjüdischer Enkel Noah, am ersten Weihnachtsfeiertag begeistert erzählte, am Abend zuvor sei »der echte Weihnachtsmann« gekommen? Beglückt hat mich das Kinderglück.

Zu unserer engsten Familie gehört ein Atheist, der politisch links steht. Er ist ein offener Mensch. Das gilt auch für ein anderes Mitglied unserer Kernfamilie. Sie ist praktizierende Katholikin mit großem Interesse am Judentum und breiten Kenntnissen darüber.

Beide sind, jiddisch gesagt, »a Mentsch« und mir als Menschen lieb. Unter Menschen zählt die Menschlichkeit, nicht ihre politische oder konfessionelle Verortung.

Kein schlechtes Gewissen

Im doppelten Sinne gibt es auch die deutsch-jüdische Familie Wolffsohn eigentlich nicht mehr. Sie ist längst untergegangen. Das deutsche Judentum ist, die deutschen Juden sind tot. Geflohen, gestorben oder ermordet. Kaum jemand kehrte zurück. Die deutsch-jüdische Familie Wolffsohn ähnelt überlebenden Dinosauriern. Freilich, es gibt heute wieder rund zweihunderttausend Juden in Deutschland. Nur die Hälfte ist zur Mitgliedschaft in den jüdischen Gemeinden bereit.

Es ist kein Werturteil, doch eine geografisch-kulturelle Tatsache: Die heute in Deutschland lebenden Juden haben mit dem traditionellen deutschen Judentum nichts mehr gemein. Der Großteil stammt aus Polen und der Sowjetunion. Sie hatten die nationalsozialistisch-deutschen Vernichtungshöllen überlebt und waren am östlichsten Punkt des Westens gestrandet. Meist mit schlechtem Gewissen vor sich selbst und der jüdischen Mitwelt außerhalb Deutschlands. Dieses schlechte Gewissen hatte keiner der aus Israel zurückkehrenden Wolffsohns.

Die Mehrheit der Juden der frühen Bundesrepublik hatte ein ausschließlich jüdisches Wir-Gefühl, kein deutsches. Das ist aufgrund ihrer Biografie und Kulturgeografie verständlich. Das Wir-Gefühl der Wolffsohns war atypisch. Es war zugleich deutsch und jüdisch und nicht nur diasporajüdisch, sondern nicht zuletzt israelgeprägt jüdisch, aber nicht (mehr) israelisch. Nie klebte es nur am Juden- oder Deutschtum. Offen und offensiv war es.

Einer meiner jüdischen Klassenkameraden in der Westberliner Grundschule (die ich von 1954 bis 1959 besuchte) war Hans, ein anderer Dieter. Jahrzehnte später erfuhr ich ihren richtigen Namen: Oded der eine, David der andere. Der jüdische Pressesprecher einer großen deutschen Bank – wie ich nach 1945 geboren und in der Bundesrepublik aufgewachsen – heißt Siegfried. In allen drei Fällen (es gibt freilich viel mehr) handelten die namensgebenden Eltern defensiv, weil sie, historisch und psychologisch durchaus verständlich, »den« Deutschen misstrauten. Siegfried hieß wirklich Siegfried, weil der Vorname sein jüdisches Sein tarnen sollte. Hans und Dieter trugen eine doppelte Tarnkappe. Ihr Nenn-Vorname sollte sowohl ihren wahren Vornamen als auch ihr wahres Sein verdecken und überdecken. Kein möglicher Judenfeind sollte ihr Judentum entdecken. Der Schein-Vorname der Kinder war Tarnkappe und Schutzpanzer zugleich, weil die traumatisierten Eltern Angst vor Deutschland, genauer: vor »den« Deutschen hatten. Bei den Wolffsohns galt Misstrauen keinem Kollektiv, sondern Individuen. Das eigene Sein und Dasein, ob jüdisch oder nicht, vertrat man offensiv. Wer die Nazizeit in Vernichtungshöllen überlebt hatte, war individuell und kollektiv misstrauischer als die Wolffsohns oder andere Juden, die sich ins relativ sichere Britisch-Palästina oder in echte Schutzburgen retten konnten. Aber auch da hatte es keine »Willkommenskultur« gegeben.

Seit 1990/91 besteht der Großteil der hiesigen Juden aus Zuwanderern. Sie sind oft hochgebildet, doch jüdisch betrachtet meistens Analphabeten und manchmal auch Scheinjuden. Sie kamen freiwillig und gerne aus der zerfallenden Sowjetunion ins wiedervereinigte Deutschland. Ironie der Geschichte. Das »Land der Mörder« war und blieb für sie so etwas wie das Gelobte Land.

Ins biblisch-jüdisch »Gelobte Land«, nach Israel, wollten sie nicht. Höchstens zu Besuch. Dieser Teil des neubundesdeutschen Judentums blüht und gedeiht. Er entwickelt hoffentlich ein ganz neues, eigenständiges deutsch-jüdisches Sein. Sicher ist das nicht. Und wenn es dazu kommt, wird dieses neue deutschjüdische Sein zwangsläufig ganz anders – egal, ob besser oder schlechter – als das einstige deutsch-jüdische Sein der Wolffsohns und anderer Deutschjuden von »damals«. Morgen gibt es mehr Puschkin, Dostojewski und Tolstoi als vorgestern Goethe und vor allem Schiller. Wir Wolffsohns, auch die jungen und quicklebendig in die Zukunft schauenden, sind überlebende oder nachgeborene Tote. Unsere Epoche ist vorbei. Auch wo und wenn deutsch-jüdische Individuen leben, das Kollektiv ist ausgestorben (worden).

Das Deutschland-Verständnis und -Verhältnis der Wolffsohn-Rückkehrer fasst die Grabinschrift meines Vaters Max Wolffsohn (1919 bis 2000) zusammen: »Von Berlin nach Israel und trotz allem zurück nach Berlin.« Unsere Geschichte ist nicht einzigartig, aber, weil atypisch, doch quasi einzig. Sie zeigt den Lesern hoffentlich, dass nach allem und trotz allem im Mikrobereich ein deutsch-jüdisches Wir möglich war und ist.

 

Die Offene Gesellschaft gibt uns die menschheitsgeschichtlich erstmalige (auch einmalige?) Gelegenheit, die Fesseln der Herkunft zu sprengen – oder sie nicht als Fesseln, sondern als Stützen zu betrachten. Es liegt an uns. Es ist unser Recht auf Selbstbestimmung. Ein Recht, das uns in die Pflicht nimmt, wir selbst zu sein. Der Weg zu uns selbst, individuell und kollektiv, ist eine schwer zu lösende Aufgabe. Kein Schüler, Rabbi, Pfarrer oder Imam kann sie uns abnehmen. Sie kann unser Glück oder Unglück sein.

I PERSONEN-BILDER