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Westend Verlag

Ebook Edition

Rolf Verleger

Hundert Jahre Heimatland?

Judentum und Israel zwischen Nächstenliebe und Nationalismus

Westend Verlag

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Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-86489-684-2

© Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2017

Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin

Satz und Datenkonvertierung: Publikations Atelier, Dreieich

Inhalt

Vorwort
Eine Laudatio auf Daniel Barenboim
Morgensonnenlicht
West-östlicher Divan
Israelis, Palästinenser, Deutsche
Eine jüdische Laudatio
Boykottiert vom Bürgermeister
Der Vize-Laudator
Der Vize-Preisverleiher
Vorauseilender Gehorsam
Meine Eltern: Scheite, aus dem Feuer gerettet
Mein Vater
Meine Mutter
Meine Eltern, meine Heimat
Im Zentralrat
Aufbauarbeit in Lübeck
Der Zentralrat der Juden in Deutschland?
Eine privilegierte Minderheit
Mehrerlei Maß für Menschenrechte
Ein Brief und seine Folgen
Judentum und jüdischer Staat – ein Rückblick in Vorgeschichte und Geschichte
Die biblische Vorgeschichte
Jüdischer Staat und jüdische Religion
Auserwählt? Selbstbezogenheit und Universalismus in jüdischer Tradition
Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst
Geh und lerne
Jüdisches Stiefvaterland Zarenreich
Jüdische Heimstätte Polen-Litauen bis 1795
Juden im Zarenreich zwischen 1000 und 1795
Das Zarenreich und die Juden ab 1795: Reformversuche in verkrusteten Strukturen
Explosion, Restauration, Revolution, Bürgerkrieg
Die Endphase bis 1916
Das Judentum im Zarenreich an der Wende zum 20. Jahrhundert
Chassidismus
Deutsche Aufklärung
Russische Aufklärung
Gesellschaftlicher Aufstieg
Integration mit der polnisch-russischen Revolte
National und religiös motivierter Zionismus: Emanzipation und Erlösung in einem anderen Land
Die Anfänge bis 1881
Bürgerlich-religiöse Koalition 1882 bis 1890
Jüdischer Nationalismus ab 1890: Zionismus
Religiöser Zionismus: das nationalreligiöse MiSRaChi
Exkurs außerhalb des Zarenreichs: Theodor Herzls Zionismus als Weltpolitik
Alternativen zum Zionismus: Amerika, Bund, Sozialismus, Aguda
Auswanderung in die USA
Jüdische Emanzipation im eigenen Land: der Bund
Sozialistische Reform und Revolution
Konservative Religiöse: die Aguda
Weltmacht Großbritannien und die Juden aus dem Zarenreich
Geopolitische Gründe für die Balfour-Deklaration119
Politische Einwirkung auf das Judentum als Motiv für die Balfour-Deklaration
Anglikanischer Fundamentalismus
Jüdischer Widerstand gegen die Balfour-Deklaration
Antisemitismus und Zionismus
Zwei Seiten einer Medaille?
Das Transfer-Abkommen
Zionismus versus Internationalismus
Rückgang des Antisemitismus in Europa
Antisemitismus heute
Doppelte Loyalität
Deutsche Staatsräson
Mitverantwortung des Zionismus für Antisemitismus?
Bevorzugung von Juden gegenüber Einheimischen in Palästina
Eine Heimstätte light?
Was sollte mit den arabischen Einwohnern geschehen?
Eine Geschichte von Unrecht und Unrecht
Das Wesen des Judentums
Zwischen Religion und Nation
Judentum im heutigen Israel
Judentum in den USA
Der spirituelle Wert des Judentums
Anmerkungen

Anmerkungen

Vorwort

1 Rolf Verleger (2007): Israels Irrweg. Eine jüdische Sicht, PapyRossa, Köln (3. Auflage 2010).

2 https://he.wikipedia.org/wiki/[ben_asa’i]. Siehe auf Deutsch http://samm lungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/pageview/3616872 (Der Midrasch Bereschit Rabba, Otto Schulze, Leipzig,1881). Hier wie im Folgenden: Alle Referenzen auf Internet-Quellen beziehen sich auf Versionen im Zeitraum März bis Juni 2017.

3 Deswegen nennt sich die wichtige israelische Menschenrechtsorganisation »B’Tselem« (englische Umschrift für B’Zellem), »Im Ebenbild«.

Teil I: Ein Judentum im heutigen Deutschland

1 Deutsche Übersetzung dieser Zitate aus: Isaac Deutscher (1988) Der nichtjüdische Jude. Essays, Rotbuch-Verlag, Berlin.

2 Wolf Biermann (1977) Das geht sein’ sozialistischen Gang. Dokumentation Köln, 13. November 1976. Seite 1 der LP, CBS Schallplatten GmbH, Germany.

3 Als »israelitisch« bezeichneten viele bürgerliche deutsche Juden im 19. und frühen 20. Jahrhundert ihre Religion, da sie sich vom damals als abwertend empfundenen Begriff »jüdisch« absetzten und auch klarmachen wollten, dass es hier um eine Religionsgemeinschaft geht, nicht um einen anderen Volksstamm oder eine andere »Rasse«. Das Wort hatte damals natürlich nichts mit dem Staat Israel zu tun, denn diesen gab es noch gar nicht. Der Stuttgarter Gemeinde blieb dieser Name bis heute erhalten.

4 Dank an Frau Petra Schurenhofer (Dublin) für die Zusammenstellung einiger dieser Fakten, die alle in der Presse standen; sie hat daraus einen schönen Leserbrief an die Irish Times gemacht (25.1.2017).

5 Bdzin (Bendzin) liegt 15 Kilometer nordöstlich von Kattowitz. Die Grenze zwischen russischem Zarenreich und deutschem Kaiserreich lag zwischen Kattowitz und Bdzin. (Polen existierte nicht, bis 1918.)

6 Zwölf Jahre später, 1957, klagte dieser dagegen und wollte einen Teil des Geldes zurückerhalten. Die Klage wurde vom Landgericht Auerbach i. V. abgewiesen.

7 Möglicherweise anstatt Steuern zu zahlen. Spätere Forderungen des Finanzamts Auerbach brachten ihm eine beträchtliche Hypothek auf sein Haus ein.

8 Dankschreiben des Landrats des Kreises Auerbach, 21.1.1946. Ähnlich das Dankschreiben der Volkssolidarität des Örtchens Brunn i. V.: »Es freut uns, dass Sie trotz des vielen schweren Leides, das Sie in den letzten Jahren durchkosten mussten, den Glauben und die Liebe zu unserem deutschen Volke und vor allem zu unseren Kindern nicht verloren haben und nicht Gleiches mit Gleichem vergelten wollen.«

9 Ich lese in Wikipedia zu meiner Verblüffung (21.2.2017), dass Dr. Martin Riesenburger vielleicht gar keine Ordination zum Rabbiner besaß. Das macht aber die Heirat meiner Eltern nicht ungültig. Denn die Trauung besteht nicht darin, dass ein Rabbiner das Paar zusammenfügt, sondern darin, dass der Mann der Frau den Ehering überstreift und ihr vor Zeugen sagt (in der osteuropäischen Aussprache des Hebräischen meines Vaters): »Harei as mekidesches li, kedas Moische weJisruel.« (»Hiermit bist Du mir angeheiligt, nach Moses’ und Israels Glauben.«) Vor einigen Jahren – so stand es jedenfalls in der Zeitung – sagte dies in Israel auf dem Pausenhof ein Schüler einer Schülerin und steckte ihr einen Ring auf den Finger, und das dortige Oberrabbinat war der Ansicht, damit habe er gültig die Ehe geschlossen.

10 »Sohn des (göttlichen) Auftrags«, das heißt religiös voll verantwortlicher Mann mit dem 13. Geburtstag.

11 Rabbi Schlomo Jizchaki lebte 1040 bis 1105 in Troyes (Frankreich), lernte und wirkte auch in Mainz und Worms und ist der bedeutendste Bibel- und Talmudkommentator.

12 Die dicken Bände des Talmud (»das zu Lernende«) bilden die traditionelle Schule jüdischer Gelehrsamkeit. Sie dokumentieren den Austausch von Argumenten der Lehrmeister vor 1 600 bis 2 000 Jahren darüber, wie die Gebote richtig auszuführen sind.

13 Tallis Kuten (»kleiner Tallit«) oder Arbe Kanfes (»vier Zipfel«) ist ein Westchen aus Leinen mit acht Fäden an jeder der vier Ecken. Es zu tragen schreibt die Torah vor, sozusagen als Knoten im Taschentuch: »und Ihr werdet sie (die Fäden) sehen und werdet euch erinnern an all die Gebote Gottes und werdet sie ausführen und nicht abweichen.«

14 Siehe dazu ausführlich Gerschom Scholem (1967): Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen, Suhrkamp, Frankfurt a. M.

15 In den meisten deutschen Synagogen gab es diese Gebetsbücher mit jiddischer Übersetzung, nach 1945 aus den USA importiert. Denn nach der Ausrottung des deutschen Judentums waren die meisten Juden in Deutschland versprengte Menschen aus Osteuropa mit jiddischer Muttersprache (wie mein Vater).

16 Adaptiert aus dem Gebet »Höre Israel«, das morgens und abends gesprochen wird; siehe 5. Buch Mose, Kapitel 5 und Kapitel 11.

17 »Anzahl«. Gemeint ist die Anzahl von zehn Männern, um das Gebet in Gemeinschaft sagen zu können.

18 »Liberal« bezieht sich auf religiöse Angelegenheiten: Das orthodoxe strenge Befolgen aller biblischen Ge- und Verbote in ihrer talmudischen Auslegung wird aufgegeben zugunsten einer der heutigen Zeit zugewandten Pflege jüdischen Brauchtums. Wie uns seinerzeit der von mir hoch geschätzte Rabbiner William Wolff bei seinem Besuch in Lübeck bei unserer Gemeindegründung erklärte: Für das Leben in der Synagoge macht sich der Gegensatz orthodox-liberal an drei Fragen fest: Gebetssprache (nur Hebräisch oder Deutsch und Russisch), Rolle der Frauen im Gottesdienst (passiv oder aktiv), Rolle nichtjüdischer Ehepartner und Kinder (abtrennen oder einbeziehen). Unsere aktiven Mitglieder in Lübeck entschieden sich nach Rabbiner Wolffs Besuch für eine orthodoxe Ausrichtung (gegen u. a. meine Stimme): Wenn denn schon keiner bei sich zu Hause gemäß den jüdischen Vorschriften lebe, so solle es wenigstens in der Synagoge so sein. »Liberal« bedeutet hingegen keineswegs zwingend, auch in politischen Dingen liberal zu sein.

19 http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Palaestinenser-und-Juden-erzaehlen-sich-ihre-Lebensgeschichten.

20 Siehe eindrücklich Riad Sattoufs Autobiographie (2015): Der Araber von morgen. Eine Kindheit im Nahen Osten.

21 Angeblich alles nur, um einen kriegsgefangenen israelischen Soldaten zu befreien. Seinen Namen kannten viele, denn er stand oft in der Zeitung: Gil’ad Schalit. Tatsächlich wurde er 2011 nach fünf Jahren Gefangenschaft befreit, aber selbstverständlich nicht durch Bomben und Militäraktionen, sondern durch Verhandlungen und einen Gefangenenaustausch. Die Namen der 2006 von Israel in Gefangenschaft genommenen Mitglieder der nach freien, geheimen und gleichen Wahlen von der Hamas geführten Autonomiebehörde kenne ich nicht; sie stehen nicht oft in der Zeitung.

Teil II: Nationalismus und Nächstenliebe in jüdischer Tradition

1 Siehe ausführlich bei Marek Halter (2002): Alles beginnt mit Abraham. Das Judentum, mit einfachen Worten erzählt, Zsolnay, Wien. ’iwri hat den gleichen Wortstamm ’wr wie »jenseits« des Flusses (»me’ewer ha-nahar«) und wie »überquerte« (’awar).

2 Laut der amüsanten Theorie von Kamal Salibi (Die Bibel kam aus dem Land Asir. Rowohlt, Reinbek, 1985) soll sich allerdings die ganze Vorgeschichte bis zur babylonischen Gefangenschaft im heutigen Saudi-Arabien abgespielt haben.

3 Diese ganze Geschichte hat Thomas Mann kunstvoll in Josef und seine Brüder beschrieben, unter Verwendung vieler traditioneller jüdischer Legenden, die die biblische Geschichte umranken.

4 Diese Einsicht verdanke ich Allan J. Tobins (unveröffentlichter) Auslegung des Torah-Wochenabschnitts waJischlach (1. Buch Mose, Kapitel 32–36).

5 »Ja’akow«, der »Ferser«, war auch wirklich kein schöner Name. Er war so genannt worden, weil er bei der Geburt seinem Zwilling Ejssaw, »Esau«, gefolgt war, ihn an der Ferse haltend.

6 Es ist einigermaßen absurd, in einer Beschreibung der jüdischen Geschichte sich an »Christi Geburt« auszurichten. »Christos« ist die griechische Übersetzung von »Maschiach«, der »Gesalbte«, des künftigen Sohns aus dem Königshause Dawids, der den alten Glanz wiederaufrichten soll. Für das Judentum war Jesus aber nicht der Maschiach. Das Judentum wartet noch immer auf den Maschiach. Ich behelfe mir, indem ich Jesus bei seinem Namen nenne anstatt bei seinem nach jüdischer Meinung unrechtmäßigen Titel. Nichts gegen die Person Jesus, ein bedeutender Jude in der geistigen Tradition der Propheten, wahrscheinlich vom Volk geliebt und als Märtyrer für seine Religion und sein von den Römern unterdrücktes Volk gestorben – siehe Schalom Ben-Chorin (1992): Bruder Jesus, dtv, München; Chaim Kohn (1997): Der Prozess und Tod Jesu aus jüdischer Sicht, Jüdischer Verlag, Frankfurt a. M. –, aber der Weg, der Jahrhunderte und Jahrtausende lang in seinem Namen gegangen wurde, ähnelt zu sehr dem Weg, gegen den ich mich für das Judentum in diesem Buch wehre: Religion als Herrschaftsinstrument, mit Unterdrückung gegen diejenigen, die nicht dazu gehören. An diesen Folgen ist offensichtlich: Das kann nicht der Maschiach gewesen sein.

7 Buch der Könige, Kapitel 22; siehe kritische Diskussion bei Joseph Campbell (1996): Die Masken Gottes, Band 1: Mythologie des Westens. Originalausgabe 1964, dtv, München.

8 Siehe ausführlich bei Halter (2002), a. a. O.

9 So auch der Name des Fests: »Chanukka« bedeutet »Einweihung«, nicht etwa »Sieg im Volkskrieg« .

10 Siehe nächstes Kapitel.

11 Zitiert aus Hans Kohn (1958): Zion and the Jewish National Idea. Abgedruckt in Michael Selzer (1970): Zionism Reconsidered. The Rejection of Jewish Normalcy, Macmillan, New York, S.175–212.

12 Israel Shahak (1994): Jewish History, Jewish Religion. The Weight of Three Thousand Years, Pluto Press, London; auf Deutsch (2009): Jüdische Geschichte, jüdische Religion. Israel – ein Utopia für Auserwählte?, Melzer, Neu-Isenburg.

13 Avraham Burg (2009): Hitler besiegen. Warum Israel sich endlich vom Holocaust lösen muss, Campus, Frankfurt a. M.

14 »Baruch« heißt »der Gesegnete«. Für mich heißt er Arur Goldstein, der Verfluchte Goldstein.

15 »Entweihung des (göttlichen) Namens«. Er meint damit: Dadurch, dass ein Jude, ein Angehöriger des von Gott auserwählten Volkes, eine solche schwere Untat wie einen Mord begeht, besudelt er den Namen Gottes: Denn wie kann Gott gut und gerecht sein, wenn er sich ein Volk auswählt, das solche Verbrechen an anderen Menschen begeht?

16 »Altes Testament« ist ein christlicher Ausdruck, für die Juden ist es einfach die Bibel. Denn die Überlieferungen vom Leben und Sterben Jesu, das christliche »Neue Testament«, gehören für die Juden nicht zur Bibel.

17 Wörtlich: »und-lieb-Du dem-Nächsten-Dein wie-Du«. Es ist völlig unklar, warum es »dem« Nächsten heißt anstatt »den« Nächsten (hebräisch »le-« anstatt »et«); die Kommentatoren, die dazu Stellung nehmen, können dieser grammatikalischen Variante keinen Sinn abgewinnen.

18 Leopold Zunz (1794–1886); unter seiner Leitung entstand eine Neuübersetzung der Bibel ins Deutsche.

19 Die Torah – die »Weisung« – sind die »Fünf Bücher Moses«, der erste und wichtigste Teil der Bibel.

20 Siehe Shlomo Sand (2010): Die Erfindung des jüdischen Volkes, Propyläen, Berlin.

21 Laut www.juedisches-recht.de/rechtsgeschichte-solidaritaet.htm ist dieses Zitat aus dem jerusalemischen Talmud, Abhandlung »Nedarim« (Gelübde), Blatt 41. Siehe auch die dortigen Ausführungen. Ebenso die ausführliche Stellungnahme aus traditioneller Sicht von Rabbiner Bernhard Salomon Jacobson, aus Jacobson (1987), publiziert auf www.hagalil.com/judentum/torah/bina/naechstenliebe.htm.

22 RaSchiJ ist die Abkürzung für Rabbi Schlomo Jizchaki (1040–1105) aus Troyes, der lange in Worms und Mainz lebte.

23 Abgedruckt in: Der Chumasch mit 26 Kommentierungen (auf Hebräisch), Epstein Brothers, Jerusalem (1960).

24 Leo Baeck (1905): Das Wesen des Judentums; hier zitiert nach 6. Auflage, Fourier, Wiesbaden (1995).

25 https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Baeck.

Teil III: Das Judentum aus dem Osten und das Empire aus dem Westen

1 Angaben nach Alexander Solschenizyn (2002): Zweihundert Jahre zusammen. Die russisch-jüdische Geschichte 1795–1916. Herbig, München, S. 146.

2 Die folgenden Eckdaten sind den Wikipedia-Einträgen »Sassaniden«, »Chasaren«, »Geschichte der Juden in Polen«, »Erster Kreuzzug«, »Polen-Litauen«, »Liste der polnischen Herrscher«, »Statut von Kalisch« sowie »Saul Wahl« entnommen.

3 Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Radhaniten.

4 Was ich hier als Summe zweier Wanderungen darstelle, ist Gegenstand heftiger Kontroversen, die aktuell auch auf den Feldern der Genetik und Linguistik geführt werden. Jeweils eine Partei der Debatte bestreitet die Realität – oder zumindest die Relevanz – einer der beiden Wanderungsbewegungen für das Entstehen des polnisch-litauischen Judentums. Einen schönen Einstieg in diese Debatte bietet die Arbeit von Ranajit Das (2016) auf https://arxiv.org/abs/1608.02038; denn von dem interdisziplinären Autorenteam werden sowohl genetische als auch linguistische Argumente ins Feld geführt.

5 Die folgenden Eckdaten sind den Wikipedia-Einträgen »Geschichte der Juden in Russland« , »Kiewer Rus« , »Russisches Kaiserreich«, »Russland«, »Wladimir I.«, »Iwan III.« entnommen sowie Solschenizyn (2002), a. a. O.

6 Solschenizyn (2002) zitiert einen entsprechenden Erlass des Kiewer Herrschers, gibt aber zu bedenken, dass einige Jahre später bei einem großen Brand darüber berichtet wurde, dass hierbei auch Juden umgekommen seien, die also noch bis dahin in Kiew wohnten.

7 Solschenizyn (2002), S. 146.

8 Daten aus den Wikipedia-Einträgen »Geschichte der Juden in Russland«, »Alexander I.«, »Nikolaus I.«, »Alexander II«, »Kaiserlich-Russische Armee«, »Alexander III«, »Maigesetze«, »Konstantin Pobedonoszew« sowie www.bessarabia.altervista.org/deu/5_ethnien/juden/5.0_bessarabische_juden.html, http://www.newworldencyclopedia.org/p/index.php?title=Pogrom.

9 Für einen meiner Ururgroßväter mütterlicherseits mit dem schönen Namen Wolf Wolke (1829–1862, aus Samter, 20 km nordwestlich von Posen, also im deutschen Teil Polens) fand sich tatsächlich die Berufsangabe »Schänker«. »Verleger« – namensgebend für die väterliche Linie des Autors – waren (laut Karl Marx, Das Kapital III) Händler, die die Bauern auf ihre Rechnung arbeiten ließen, ihnen also zum Beispiel Flachsfasern zum Spinnen brachten.

10 Einige Linguisten sind anderer Ansicht: Jiddisch sei im Grundsatz eine slawische Sprache mit einem großen deutschen Wortschatz. Siehe beispielsweise Arbeiten von Paul Wexler, Co-Autor der weiter oben zitierten genetisch-linguistischen Studie von Das (2016), https://arxiv.org/abs/1608.02038.

11 Dies war kein Auftragswerk für die neuen bolschewistischen Herrscher, sondern in einem Sammelband, der 1924 auf Russisch in Berlin erschien, herausgegeben von der »Vaterländischen Vereinigung russischer Juden im Ausland«.

12 Zitate nach Solschenizyn (2002).

13 Solschenizyn (2002).

14 Ich folge hier und im Folgenden den Einschätzungen Solschenizyns (2002), da dieser – klarer als die einschlägigen Wikipedia-Artikel – Widersprüche zwischen den Quellen benennt und diese diskutiert.

15 Solschenizyn (2002), S. 191.

16 Dieses Pogrom von 1871 entstand laut Solschenizyn (2002) vor allem aus der griechischen Bevölkerungsgruppe von Odessa, was nicht unwahrscheinlich klingt, da es in Smyrna/Izmir nur wenig später, 1872, ebenfalls zu Zusammenrottungen gegen Juden von griechischer Seite aus kam.

17 Solschenizyn (2002), a. a. O., S. 285

18 Hier wie stets sind die genauen Zahlen umstritten. Diese Zahlen zitiert Solschenizyn (2002) aus der Anklageschrift des städtischen Staatsanwalts, der nur Christen anklagte und sie auch zur Verurteilung brachte, also keine offensichtlichen antijüdischen Vorurteile pflegte.

19 Zitiert von Solschenizyn (2002).

20 Solschenizyn (2002).

21 https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Heinrich_Schiff.

22 Siehe Scholem (1967, a. a. O.); Martin Buber (1949): Die Erzählungen der Chassidim, Manesse, Zürich.

23 »Rebbe« (Plural »Rebbes«) ist die jiddische Variante von hebräisch »Raw« (»Meister«), dem Wort, von dem sich auch das deutsche »Rabbiner« ableitet.

24 Solschenizyn (2002), S. 166. Auch die folgenden Ausführungen im ganzen Abschnitt stützen sich wesentlich auf Solschenizyn.

25 Solschenizyn (2002), S. 170.

26 Solschenizyn (2002), S. 344

27 Siehe zum Beispiel https://de.wikipedia.org/wiki/Januaraufstand. Es ist verblüffend, dass Solschenizyn (2002) die polnische Frage kaum erwähnt. Mancherorts wurde ihm Antisemitismus vorgeworfen wegen seines Versuchs, die Geschichte des russisch-jüdischen Zusammenlebens neu zu schreiben. Für diesen Vorwurf sehe ich keinen Anhaltspunkt. Jedoch scheint er mir nicht über den russischen Antipolonismus hinweggekommen zu sein.

28 Solschenizyn (2002), S. 210.

29 Solschenizyn (2002), Kapitel 6.

30 Siehe Kapitel 7.

31 https://de.wikipedia.org/wiki/Lew_Nikolajewitsch_Tolstoi.

32 Solschenizyn (2002), S. 249; ebenso https://de.wikipedia.org/wiki/Alija.

33 https://he.wikipedia.org/wiki/[Jehuda_Lejb_Pinsker].

34 Hier zitiert aus http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/pageview/6396583.

35 Solschenizyn (2002), S. 249.

36 Der Hügel Zion ist nach jüdischer Überlieferung der historische Kern Jerusalems. Die Organisation der Zionsliebenden »Chowewej-Zion« war die »Zionsliebe« »Chibat-Zion«.

37 Nathan Gelber (1919): Die Kattowitzer Konferenz, Hickl, Wien.

38 Hier aus Ben Halpern und Jehuda Reinharz (1998): Zionism and the Creation of a New Society, Oxford University Press. New York.

39 https://de.wikipedia.org/wiki/Alija.

40 https://de.wikipedia.org/wiki/Nathan_Birnbaum_(Schriftsteller).

41 Halpern und Reinharz (1998).

42 Hier zitiert aus der englischen Übersetzung als Kapitel, S.157–174, in Selzer (1970), a. a. O.

43 Zitiert aus Kohn (1958): Zion and the Jewish National Idea. Hier zitiert aus: Selzer (1970), a. a. O., S. 175–212.

44 »Erez-Jisrael« (Land Israels, also des Stammvaters Jakob) ist eine zu talmudischen Zeiten aufgekommene Bezeichnung für das biblische Land Kana’an (vermutlich nach dem Bar-Kochba-Aufstand gegen die Römer im Jahr 135 und der folgenden Einverleibung der römischen Provinz Judäa in die Provinz Syria-Palaestina). Siehe Shlomo Sand (2012): Die Erfindung des Landes Israel, Propyläen, Berlin.

45 Siehe zum Folgenden Ehud Luz (1988): Parallels Meet. Religion and Nationalism in the Early Zionist Movement, The Jewish Publication Society, Philadelphia. Die folgenden Zitate der rabbinischen Autoritäten sind hier aus dieser englischen Ausgabe von Luz’ Buch übersetzt.

46 Siehe oben, »Deutsche Aufklärung«.

47 »Teomim« bedeutet »Zwillinge«.

48 Um es noch etwas komplizierter zu machen: »Misrachi« heißt auch »orientalisch«. Daher heißen die aus den arabischen Ländern nach Israel eingewanderten Juden »Misrachim«, also »Orientalen«. Aktuelle Verwechslungsgefahr zwischen dieser Bezeichnung und der »Merkas-Ruchani/MiSRaCHi«-Bewegung ist gering, da sich diese 1956 umbenannte (siehe unten).

49 »Oberrabbiner« ist ein von den Briten und dann von Israel übernommenes Überbleibsel aus dem System der Osmanischen Zeit. Dort waren alle religiösen Gruppen durch einen Sprecher vertreten. Im traditionellen Judentum des Zarenreichs gab es keine Oberrabbiner.

50 https://de.wikipedia.org/wiki/Meir_Bar-Ilan.

51 Aus der Zeitung haArez vom 16.5.17, zitiert nach http://jfjfp.com/?p=92523.

52 https://he.wikipedia.org/wiki/[Bezal’el_Smotrich], https://he.wikipedia.org/wiki/[Chajim_Jerucham_Smotrich].

53 Siehe dazu auch Eva Illouz (2015): Israel – soziologische Essays, Suhrkamp, Berlin.

54 Hier gelesen in der 8. Auflage, Jüdischer Verlag, Berlin, 1920, auf http://ldn-knigi.lib.ru/JUDAICA/Herzl-Judenstaat.pdf.

55 Stefan Zweig (1942): Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers, Bermann-Fischer, Stockholm. Hier zitiert nach http://www.literaturdownload.at/pdf/Stefan Zweig – Die Welt von gestern.pdf.

56 Der Kongress fand in Basel statt; ihn in Wien auszurichten war angesichts des kühlen Echos des Wiener Judentums auf Herzls »Judenstaat« offenbar aussichtslos. Herzls Wahl war daher auf München gefallen; der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde München machte aber seinen Einfluss geltend und konnte diese politisch missliebige Versammlung in München verhindern. Es ist ein Zeichen für das Wiederauferstehen des Judentums in Deutschland nach der Ausrottung, dass die Israelitische Kultusgemeinde München auch heute wieder in der Lage ist, politisch missliebige Veranstaltungen zu verhindern, wie die für Mai 2017 in der Akademie Tutzing geplante Tagung zum israelisch-palästinensischen Friedensprozess, siehe https://www.heise.de/tp/features/Evangelische-Akademie-laedt-israelisch-palaestinensischen-Frie densgruppen-aus-3700577.html. Natürlich ist das heute ähnlich politisch kurzsichtig wie damals.

57 https://de.wikipedia.org/wiki/Britisches_Uganda-Programm.

58 https://de.wikipedia.org/wiki/Julie_Naschauer.

59 Jiddischer Ausdruck für Händler, die mit Luft handeln, also nichts zu verkaufen haben und daher nichts verdienen.

60 Solschenizyn (2002), S. 300.

61 Solschenizyn (2002), S. 259 [zitiert nach Theodor Herzl: Zionistisches Tagebuch 1899–1904].

62 http://www.jewishvirtuallibrary.org/jewish-population-in-the-united-states-nationally.

63 Tobias Brinkmann: »Migration«, Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte, 22.9.2016. http://juedische-geschichte-online.net/thema/migration.

64 https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Juden_in_den_Vereinigten_Staaten#Dritter_Einwanderungsschub:_Migration_osteuropäischer_und_russischer_Juden.

65 a. a. O., S. 286, 300–302.

66 Daniela Vogel (1998): »Jüdische Einwanderung nach Lateinamerika«, http://www.quetzal-leipzig.de/printausgaben/ausgabe-24–25-alte-welt-neue-welt/judische-einwanderung-nach-lateinamerika-19093.html.

67 Siehe http://freisinnige-zeitung.de/reichstagswahl-1881-zeitstrahl.

68 Und wohl auch an anderen Grenzkontrollpunkten; Brinkmann (a. a. O.) spricht von einem »Netz von Kontrollstationen«.

69 Siehe für das Folgende David Hamann (2016): »Migration organisieren. Paul Nathan und der Hilfsverein der deutschen Juden (1881–1914/18)«, Kalonymos 2/2016.

70 Brinkmann, a. a. O. Hier nochmals der Hinweis (siehe Anmerkung 3 für Teil I), dass »israelitisch« nichts mit dem Staat »Israel« zu tun hat, sondern im bürgerlichen Deutschland des 19. und 20. Jahrhunderts von jüdischer Seite zur Kennzeichnung der jüdischen Religion verwendet wurde.

71 Hamann, a. a. O.

72 Hamann, a. a. O. Das Zitat ist aus dem Fränkischen Kurier von 1910.

73 Das englische Wikipedia (https://en.wikipedia.org/wiki/Immigration_Act_of_1924) spricht diese Motive offen an, während sich die deutsche Version (https://de.wikipedia.org/wiki/Immigration_Act_von_1924) darin in Zurückhaltung übt.

74 https://de.wikipedia.org/wiki/Juden#Demografie.

75 »Diaspora-Jude«. Goles ist »Vertreibung« (Diaspora) in traditionell mitteleuropäischer Aussprache des Hebräischen (in neuhebräischer Aussprache »Galut«).

76 Tom Segev (2005): Es war einmal ein Palästina, Siedler, München, S. 289–292

77 Man wird ja den Verdacht nicht los, dass die Kampfnamen der russischen Revolutionäre – Lenin, Trotzki, Stalin, Martow et cetera – nicht nur als Decknamen gegenüber Spitzeln und der Geheimpolizei dienten, sondern im Fall der jüdischen Revolutionäre speziell auch dazu, ihre jüdische Herkunft zu verdecken und sich damit fugenlos in den Strom der Revolutionäre einzufügen. Das Pseudonym »Martow« hat in dieser Hinsicht einen doppelten Boden: Zum einen ist »Mart« das russische Wort für März, ist also offenbar als Variante zum Vornamen »Julius« gedacht, zum anderen hat es aber eine hebräische Bedeutung: »Mar tow« ist ein »guter Herr«.

78 https://he.wikipedia.org/wiki/[Juli_Martow].

79 https://he.wikipedia.org/wiki/[haMeliz].

80 Harold Shukman (1961): The relations between the Jewish Bund and the RSDRP, 1897–1903, Dissertation, University of Oxford, https://ora.ox.ac.uk/objects/uuid:90a098ef-91da-46b4-adf6-e337bed1d43c

81 Ebenda.

82 Aus Martows Artikel »Der Wendepunkt in der Geschichte der jüdischen Arbeiterbewegung«, hier zitiert aus Solschenizyn (2002), S. 238.

83 Solschenizyn (2002) S. 240.

84 Zitiert nach Solschenizyn (2002), S. 240.

85 https://en.wikipedia.org/wiki/General_Jewish_Labour_Bund_in_Lithuania ,_Poland_and_Russia.

86 https://en.wikipedia.org/wiki/Arkadi_Kremer.

87 Shukman, a. a. O. So auch Solschenizyn (2002), S. 244.

88 Sein Vorname wird oft »Ber« geschrieben, aber dafür gibt es keinen Grund: Sein Vorname »Dov Ber« ist der Bär, einmal auf Hebräisch, dann auf Jiddisch (genauso ausgesprochen wie auf Deutsch). Das war traditionell beliebt: Es gab auch viele »Zwi Hersch« (Hirsch), »Se’ew Wolf« und »Arje Lejb« (Löwe) oder »Jehide-Arje Lejb« (Löwe von Juda).

89 Das J am Anfang des Namens ist auszusprechen wie in »Journal«.

90 Im Einzelnen: Bund 28 Prozent, Aguda 22 Prozent, Zionisten 21 Prozent, MisRaChi acht Prozent, rechte Poalej-Zion fünf Prozent, chassidische Liste vier Prozent, revisionistische Zionisten drei Prozent, Volkspartei drei Prozent, linke Poalej-Zion zwei Prozent. Die restlichen fünf Prozent gingen an eine unpolitische philanthropische Liste. Es stimmten insgesamt rund 37 000 Personen ab.

91 https://en.wikipedia.org/wiki/Kehilla_(modern).

92 https://en.wikipedia.org/wiki/Henryk_Ehrlich.

93 https://en.wikipedia.org/wiki/Marek_Edelman; https://he.wikipedia.org/wiki/[ Marek_Edelman].

94 Tieftraurig und mit großer schriftstellerischer Kraft ist die durch diesen Vorwurf geschaffene Atmosphäre aus Sicht der überlebenden Opfer in Lizzie Dorons Büchern illustriert: Warum bist Du nicht vor dem Krieg gekommen? (2004), Ruhige Zeiten (2005).

95 https://en.wikipedia.org/wiki/League_of_Struggle_for_the_Emancipation_of_the_Working_Class.

96 Alle Angaben im Folgenden bis zum Ende des Zweiten Kongresses der SDAPR aus Shukman, a. a. O. Andere Quellen sind extra angegeben.

97 So Solschenizyn (S. 238), der hierzu die Kleine Jüdische Enzyklopädie (Kratkaja Evrejskaja Enciklopedija) zitiert.

98 https://de.wikipedia.org/wiki/Nadeschda_Konstantinowna_Krupskaja.

99 https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Iljitsch_Lenin, https://de.wikipe dia.org/wiki/Iskra_(Zeitung).

100 Diese Zahl nennt Solschenizyn (2002), S. 242. Bei Shukman fand ich nur die Zahl der Stimmen (zu Beginn des Kongresses 51, später 48). Dies ist kein Widerspruch, da einige Delegierte zwei Stimmen hatten, offenbar weil sie in Doppelfunktion dort waren.

101 https://de.wikipedia.org/wiki/Grigori_Jewsejewitsch_Sinowjew.

102 https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Juden_in_Russland.

103 Solschenizyn (2002), S. 232

104 Schulem Schneerson (Lubawitscher Rebbe) (1903). Statement on Zionism. Hier zitiert aus: Selzer, 1970, a. a. O., S. 11–18.

105 Die Käpselchen, die man sich als traditioneller Jude beim alltäglichen Morgengebet mit Riemchen an die Stirn und an den linken Arm bindet gemäß dem biblischen Auftrag: »… und bindet sie [diese Worte, die ich Euch heute als Auftrag gebe] zum Zeichen an Deine Hand, und sie seien zum Merkzeichen zwischen Deinen Augen« (5. Buch Mose, Kapitel 5).

106 Herausgegeben von Achad haAm.

107 Jehuda-Arje Leib Alter (Gerer Rebbe) (1901): Statement by the holy Gerer Rebbe, the Sfas Emes, on Zionism. Hier zitiert aus: Selzer, 1970, a. a. O., S. 19–22.

108 In Rosenheims deutscher Tradition der Aussprache des Hebräischen. Die Polen im Zarenreich sagten »Agidas-Jissruel«, und die heute in Israel benutzte Aussprache ist »Agudat-Jissrael«. Ungeachtet der Aussprache ging es bei »Israel« nicht um das heute so benannte Land – das gab es ja damals gar nicht – sondern um die Gemeinschaft der traditionellen Juden.

109 https://he.wikipedia.org/wiki/[Agudat-Jisrael].

110 Ob der Gerer Rebbe dort Gefallen am Kurleben gefunden hat? Mein Vater war nach eigenen Worten in den 1920er-Jahren einer der wenigen unter den vielen Anhängern des Rebbes gewesen, die einen Führerschein besaßen. Deswegen habe er ihn mehrmals (wenn ich seine Worte richtig erinnere) zur Kur von Góra Kalwarija nach Marienbad gefahren. Wie erwähnt, gab er mir den Namen des Rebbe als jüdischen Namen neben meinem germanischen »Rolf«.

111 https://he.wikipedia.org/wiki/[Agudat-Jisrael].

112 Carlebach, zweiter Sohn des Gründungsrabbiners der Lübecker jüdischen Gemeinde Dr. Salomon Carlebach, machte übrigens sein Abitur am Lübecker Katharineum – der gleichen Schule wie mehr als hundert Jahre danach meine Kinder.

113 ttps://en.wikipedia.org/wiki/History_of_the_Jews_in_England, https://en.wikipedia.org/wiki/Aliens_Act_1905.

114 https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_the_Jews_in_England.

115 Shlomo Sand (2012): Die Erfindung des Landes Israel, Propyläen, Berlin, S. 208.

116 https://en.wikipedia.org/wiki/David_Lloyd_George.

117 https://de.wikipedia.org/wiki/Lionel_Walter_Rothschild,_2._Baron_Roth schild, https://de.wikipedia.org/wiki/Nathan_Mayer_Rothschild,_1._Baron _Rothschild, https://de.wikipedia.org/wiki/Nathan_Mayer_Rothschild_(Ba nkier), https://de.wikipedia.org/wiki/Mayer_Amschel_Rothschild.

118 Folgendes aus Chaim Weizmann (1951): Memoiren, in deutscher Übersetzung. Horovitz Publishing Company, London, sowie aus https://de.wikipe dia.org/wiki/Chaim_Weizmann.

119 Ich folge hier der Darstellung von Josef Cohn (1931): »England und Palästina: Ein Beitrag zur britischen Empire-Politik«, Beihefte zur Zeitschrift für Geopolitik 8, Kurt Vowinckel, Berlin. Cohn (1904–1986) schrieb sein Werk als Produkt seiner Dissertation in Heidelberg bei Alfred Weber. Er zeigt sich in dem Buch als glühender Anhänger Weizmanns. Dementsprechend emigrierte er 1933 nach Palästina. Nach der Niederlage des NS-Regimes engagierte er sich im deutsch-israelischen Wissenschaftsaustausch. Das Josef Cohn Minerva Center for Biomembrane Research am Weizmann Institute of Science trägt heute seinen Namen.

120 https://de.wikipedia.org/wiki/Winston_Churchill.

121 https://en.wikisource.org/wiki/Zionism_versus_Bolshevism (Übersetzung R. V.).

122 Adam Weishaupt (1748–1830), Gründer des Illuminatenordens und Freimaurer, benutzte im Illuminatenorden den Geheimnamen Spartacus, https://de.wikipedia.org/wiki/Adam_Weishaupt. Weishaupt war nichtjüdischer Herkunft, aber Churchill setzt hier offenbar Freimaurer mit Juden gleich.

123 Churchill meint hier die Münchner Räterepublik vom April 1919 unter Führung der Anarchisten Ernst Toller, Erich Mühsam, Gustav Landauer und der Kommunisten Rudolf Egelhofer, Eugen Leviné, Max Levien; bis auf Egelhofer und möglicherweise Levien waren alle Genannten jüdischer Herkunft.

124 https://en.wikipedia.org/wiki/Wickham_Steed.

125 Weizmann (1951), S. 300–301.

126 Nicholson Baker (2009): Menschenrauch, Rowohlt, Reinbek.

127 Shlomo Sand (2012), S. 178 ff., als Grundlage des hier Dargestellten.

128 https://de.wikipedia.org/wiki/Puritanismus.

129 Edward Bickersteth (1841): The Restoration of the Jews to Their Own Land, Seeley, London.

130 Diana Muir (2008): »A land without a people for a people without a land«, Middle East Quarterly 15:55–62. Hier zitiert von http://www.dianamuirap pelbaum.com/?page_id=358#.WTfEBMmkKRs.

131 https://en.wikipedia.org/wiki/David_Lloyd_George.

132 Weizmann (1951), S. 168 ff.

133 Weizmann (1951), S. 227 ff.

134 https://en.wikipedia.org/wiki/The_Future_of_Palestine; dort werden hierfür die Memoiren Herbert Samuels zitiert.

135 Abgesehen von Benjamin Disraeli, dem erfolgreichen imperialistischen Premierminister, der aber als Zwölfjähriger auf Betreiben seines Vaters, der sich mit der jüdischen Gemeinde überworfen hatte, getauft worden war.

136 https://en.wikipedia.org/wiki/The_Future_of_Palestine.

137 Asquiths Tagebuch, zitiert nach Weizmann (1951), S. 226 f.

138 Weizmann (1951), S. 299.

139 https://en.wikipedia.org/wiki/David_Lindo_Alexander.

140 Weizmann (1951), S. 300.

141 Ebenda.

142 https://en.wikipedia.org/wiki/David_Lindo_Alexander

143 Weizmann (1951), S. 302.

144 https://en.wikipedia.org/wiki/David_Lindo_Alexander.

145 Weizmann (1951), S. 302.

146 Siehe nächste Kapitel.

147 Diese und folgende Zitate aus Weizmann (1951), S. 305–309

Teil IV: Montagus Argumente

1 https://www.jewishvirtuallibrary.org/montagu-memo-on-british-government -s-anti-semitism, (Übersetzung R. V.).

2 Durch die Reformen im Herbst 1915 und endgültig durch den Sturz der Zarenherrschaft im Februar 1917, siehe Ende des Kapitels 7.

3 Damalige Zeitungen der radikalen Rechten. Die Times mit ihrem Redakteur Wickham Steed blieb hier taktvollerweise unerwähnt.

4 Montagu selbst hatte im Juli 1915 die vom damaligen Premierminister Asquith verehrte und bedrängte Venetia Stanley geheiratet. Damit er nach dem letzten Willen seines Vaters sein Erbe behalten konnte, musste Frau Stanley vorher zum Judentum übertreten. Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Ed win_Samuel_Montagu, – Venetia_Stanley_(1887–1948) und Samuel_Montagu,_1st_Baron_Swaythling.

5 Es ist mir sehr bewusst, dass man eine Person nicht darauf reduzieren kann, Juden nicht zu mögen (»Antisemit«) oder die Einwanderung nach Palästina zu befürworten (»Zionist«), aber es sind nun mal praktische und prägnante Kurzformeln für in eine bestimmte Richtung politisch Handelnde.

6 Drolligerweise sind nicht nur Arlosoroffs Geburtsjahr und Einwanderungsjahr nach Deutschland dieselben wie bei meinem Vater, sondern auch das Jahr der ersten Eheschließung.

7 Grob geschätzt unter der Annahme, dass die 8 500 Reichsmark Jahreseinkommen meiner Großeltern 1937 einem mittleren Einkommen von 30 000 Euro entsprechen.

8 Quellen: Ha’avara-Abkommen und Chaim Arlosoroff in https://de.wikipedia.org/wiki und https://en.wikipedia.org/wiki.

9 Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Magda_Goebbels

10 https://de.wikipedia.org/wiki/Evian-Konferenz.

11 https://he.wikipedia.org/wiki/[Evian-Konferenz].

12 https://www.jewishvirtuallibrary.org/montagu-memo-on-british-govern ment-s-anti-semitism (Übersetzung R. V.).

13 Unabhängiger Expertenkreis Antisemitismus (Werner Bergmann, Marina Chernivsky, Aycan Demirel, Elke Gryglewski, Beate Küpper, Andreas Nachama, Armin Pfahl-Traughber) (2017): »Bericht an den Deutschen Bundestag«, Drucksache 18/11970. Wilhelm Kempf (2015): Israelkritik zwischen Antisemitismus und Menschenrechtsidee. Eine Spurensuche. Regener, Berlin. Es ist mir unverständlich, warum solche Umfragen nicht standardmäßig zum Vergleich auch Fragen zu Einstellungen gegenüber anderen Gruppen enthalten. Wenn zum Beispiel zehn Prozent der Bevölkerung mit Juden keine Geschäfte machen wollen, sie nicht als Freunde haben wollen oder finden, dass sie auf der Welt zu viel Einfluss haben, kann man die Bedeutung dieser Zahl speziell für die Einstellung gegen Juden doch nur dann ermessen, wenn man weiß, wie viele Leute mit Türken, Chinesen, Bayern, Katholiken keine Geschäfte machen wollen, sie nicht als Freunde haben wollen oder finden, dass sie auf der Welt zu viel Einfluss haben. Daten ohne Kontrollbedingung publizieren seriöse wissenschaftliche Zeitschriften weder in der medizinischen Forschung noch in der experimentellen Psychologie. Warum das in der Antisemitismusforschung nicht so ist, weiß ich nicht. Kempf (2015) immerhin fragte in seiner repräsentativen Stichprobe auch nach Einstellungen zu Muslimen und erhielt durchgehend höhere Ablehnungswerte als gegenüber Juden.

14 Nico Voigtländer & Hans-Joachim Voth (2015) Nazi indoctrination and anti-semitic beliefs in Germany. Proceedings of the National Academy of Science of the U. S. A. 112:7931–7936

15 Ich kann es wahrscheinlich nicht oft genug sagen: Ich versuche zu erklären, nicht zu entschuldigen! Nirgends und niemals rechtfertigen irgendwelche Verhaltensweisen von Mitgliedern einer Gruppe (der Juden), dass man dafür andere Mitglieder dieser Gruppe »bestraft« (mit Pogromen).

16 Voigtländer & Voth (2015), a. a. O.

17 Unabhängiger Expertenkreis Antisemitismus (2017), a. a. O., Kempf (2015), a. a. O.

18 Kempf (2015), a. a. O.

19 Kempf (2015), a. a. O.

20 https://www.jewishvirtuallibrary.org/montagu-memo-on-british-govern ment-s-anti-semitism, (Übersetzung R. V.)

21 Michael Lüders (2015): Wer den Wind sät, C. H. Beck, München.

22 Siehe zum Beispiel Jürgen Todenhöfer (2008): Warum tötest du, Zaid?, C. Bertelsmann, München. Jürgen Todenhöfer (2013): Du sollst nicht töten. Mein Traum vom Frieden, C. Bertelsmann., München

23 Kempf (2015), a. a. O.

24 Schön dargestellt in Daniel Cil Brecher (2011): Der David. Der Westen und sein Traum von Israel, PapyRossa, Köln.

25 Siehe beispielsweise den großen Raum, den der »israelbezogene Antisemitismus« im Antisemitismus-Bericht an den Bundestag einnimmt, Unabhängiger Expertenkreis Antisemitismus (2017), a. a. O.

26 Kempf (2015), a. a. O., Unabhängiger Expertenkreis Antisemitismus (2017), a. a. O.

27 Siehe Kempf (2015), a. a. O.

28 Zum Beispiel https://www.ochaopt.org (Webseite des United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Occupied Palestinian Territories), https://www.amnesty.org/en/countries/middle-east-and-north-africa /israel-and-occupied-palestinian-territories, http://www.btselem.org.

29 Omri Boehm (20.12.2016) Liberal Zionism in the age of Trump, New York Times. http://www.nytimes.com/2016/12/20/opinion/liberal-zionism-in-the-age-of-trump.html.

30 Hannah Arendt (1964): Eichmann in Jerusalem, Kapitel 4, Piper, München (13. Auflage 2016).

31 Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Jewish_exodus_from_Arab_and_Mus lim_countries für eine differenzierte Darstellung der Gründe und der Geschichte; die deutsche Version https://de.wikipedia.org/wiki/Judenvertrei bungen_aus_arabischen_und_islamischen_Ländern ist viel zu kurz und dabei einseitig.

32 Mark R. Cohen (2005): Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter, C. H. Beck., München. Eugene Rogan (2012): Die Araber. Eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch, Propyläen, Berlin.

33 »Jüdische Bolschewisten« gab es auch in Bagdad. Ein in Israel geborener Bekannter erzählt, dass sich seine Eltern in einem Büro der Kommunistischen Partei Israels kennengelernt hätten, wohin sie ihre Väter mitgenommen hatten: Der eine Großvater war russischer Kommunist, der andere irakischer Kommunist.

34 Siehe Rogan (2012), a. a. O.

35 https://www.jewishvirtuallibrary.org/montagu-memo-on-british-govern ment-s-anti-semitism (Übersetzung R. V.).

36 Zitiert nach Kohn (1958), a. a. O. (Übersetzung R. V.).

37 Zitiert aus Kohn (1958), a. a. O. (Übersetzung R. V.).

38 Beide Zitate aus Kohn (1958), a. a. O. (Rückübersetzung aus dem Englischen R. V.).

39 Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Israël_de_Haan. Über diesen Mord im Mandatsgebiet schrieb einige Jahre später Arnold Zweig (1932) den Kriminalroman De Vriendt kehrt heim. Darin wird das damalige Jerusalem in seiner bunten Vielfalt zwischen britischer Mandatsmacht, arabischen Bürgern, deutschjüdischer Kulturschickeria, jüdischer Orthodoxie und eifernden zionistischen jungen Osteuropäern zum Leben erweckt. Das Buch beginnt etwas schwülstig bei »de Vriendts« Knabenliebe, aber je mehr dann politische Motive in den Vordergrund treten, desto mehr gewinnt das Werk an Fahrt und gipfelt schließlich in einem Showdown auf dem Toten Meer.

40 Rhein-Ems-Zeitung (29.3.1925); danke an Gesine Janssen.

41 Robert Weltsch (1951): »A Tragedy of Leadership«, in: Jewish Social Studies 13 (3) (Zitate in Übersetzung von R. V.).

42 Gustav Krojanker (1937): Chaim Weizmann: Reden und Aufsätze 1901–1936, Jüdischer Buchverlag Erwin Löwe, Berlin, S. 236–237.

43 Kohn (1958), a. a. O. (Übersetzung R. V.).

44 Zitiert in Pappe (2007), S. 9.

45 Hannah Arendt (1945): »Zionism Reconsidered«. Hier zitiert aus Michael Selzer (1970), a. a. O., S. 213–249.

46 https://de.wikipedia.org/wiki/Palästinensisches_Flüchtlingsproblem. Im Detail: Ilan Pappe (2007): Die ethnische Säuberung Palästinas, Zweitausendeins, Frankfurt a. M..

47 https://www.jewishvirtuallibrary.org/montagu-memo-on-british-govern ment-s-anti-semitism, (Übersetzung R. V.).

48 https://de.wikipedia.org/wiki/Radhaniten.

49 https://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_Joshua_Heschel.

50 https://en.wikipedia.org/wiki/Bob_Dylan.

51 https://en.wikipedia.org/wiki/American_Israel_Public_Affairs_Committee.

52 https://de.wikipedia.org/wiki/American_Israel_Public_Affairs_Committee.

53 http://jstreet.org/about-us/mission-principles.

54 https://jewishvoiceforpeace.org/faq.

55 http://dailybruin.com/2015/02/08/ucsa-calls-for-divestment-from-bodies-involved-in-alleged-human-rights-violations.

56 Ned Rosch (2014): »It is not anti-semitic to side with Palestinians: Guest opinion«, http://www.oregonlive.com/opinion/index.ssf/2014/01/it_is_not_anti-semitic_to_side.html (Übersetzung R. V.).

57 »My feet were praying«, schrieb Rabbi Heschel über die Demonstration in Selma (Alabama) mit Martin Luther King. https://en.wikipedia.org/wiki/Abraham_Joshua_Heschel.

58 Ilana Sumka (29.5.2017): »Punched, Dismantled, Unbowed: How Diaspora Jews Are Unsettling the Occupation«, http://www.haaretz.com/opinion/.premium-1.792576 (Übersetzung R. V.).

Vorwort

Im November 2017 jährt sich zum hundertsten Mal die »Balfour-Deklaration«. Das ist die Willensbekundung der britischen Weltmacht von 1917 zur Errichtung einer jüdischen Heimstätte in Palästina. Aus diesem Anlass wollte ich eine Neuauflage meines Buches Israels Irrweg. Eine jüdische Sicht schreiben.1 Im Erzählton jenes Buchs und in Neubearbeitung seiner Inhalte sind hier die ersten beiden Teile entstanden, über meine Biografie und über die Polarität von Staat und Religion in der jüdischen Tradition.

Aber dann nahm ich den Anlass dieses neuen Buches ernst. Wie kam es zur Balfour-Deklaration? Gab es überhaupt Juden, die das damals interessierte? Gab es denn nennenswerten Antisemitismus schon vor Hitler? Man kommt unweigerlich dazu, sich mit der Geschichte der Juden im Zarenreich zu befassen, denn dies war das größte jüdische Zentrum der Welt, hier kommt alles her: Antisemitismus, Zionismus, die jüdische Auswanderung nach Amerika, die nationalreligiöse Ideologie, der sozialistische Bund, Bolschewismus, Auswanderung nach Mittel- und Westeuropa, das hiesige Ansteigen des Antisemitismus, die Katastrophe. Davon berichtet der große dritte Teil des Buchs.

Edwin Montagu, der einzige Jude im britischen Kabinett von 1917, war mit Leidenschaft gegen die Balfour-Deklaration. Der vierte Teil lässt seine vier Hauptargumente gegen die Errichtung der jüdischen Heimstätte Revue passieren und verlängert die Diskussion seiner Argumente bis in die Gegenwart, denn es geht darin um grundsätzliche Fragen des heutigen Judentums: Wie verhält man sich gegen Antisemitismus? Wie kann man gleichzeitig seinem Heimatland und dem Staat Israel gegenüber loyal sein? War die Vertreibung der Araber bei Gründung des Staats Israel nur ein Betriebsunfall? Und was ist die heutige spirituelle Botschaft des Judentums?

Die von der nationalreligiösen Ideologie Verblendeten werden dieses Buch »antisemitisch« nennen. Hoffentlich! Wenn nicht, wird es mir nicht gut gelungen sein. Getroffen fühlen sollen sich diejenigen – Juden wie Nichtjuden –, die in Wort oder Tat dagegen verstoßen, dass alle Menschen gleich erschaffen sind und dass alle Menschen unveräußerliche Rechte haben. Dies ist die jüdische Tradition, die wir bewahren sollten. So bin ich erzogen. »Im Ebenbild Gottes erschuf Er den Menschen: B’Zéllem Elohím Bará’ et-ha’Adám.« Diesen Satz der Schöpfungsgeschichte hat der einflussreiche Talmudgelehrte Ben Asa’i (Schüler und Freund von Rabbi Akiva) zum wichtigsten Grundsatz der Torah erklärt.2 Damit sagte er: Nicht erst Abraham, der erste Jude, sei im Ebenbilde Gottes erschaffen, sondern bereits Adam, der erste Mensch; Juden wie Abraham seien nur deswegen ein Ebenbild Gottes, weil sie den Menschen Adam und Chawa (Eva) gleichen wie alle anderen Menschen.3

In diesem Sinne wollen wir das Judentum wiederherstellen und weiterentwickeln. Möge ein solches Judentum nach der Vernichtung auch in meiner Heimat Deutschland wieder tiefe Wurzeln schlagen, in Abkehr von der nationalreligiösen Verirrung.

Kapitel 2:

Boykottiert vom Bürgermeister

Der Vize-Laudator