Meine Schuld 11 – Was Frauen Berichten: Schonungslos - Indiskret

Meine Schuld –11–

Was Frauen Berichten: Schonungslos - Indiskret

Diverse Autoren

Impressum:

Epub-Version © 2016 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: http://www.keltermedia.de

E-mail: info@kelter.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74091-753-1

Weitere Titel im Angebot:

Weitere Titel im Angebot
Weitere Titel im Angebot

Geschichte 1

Ein Mann gesteht

Roman von Daniel B. (32)

»Ich lasse mich aushalten – von drei Frauen.«

Melanie hatte nie einen Zweifel daran gelassen, was sie für ihr Geld erwartete. Lisa hatte mit Abstand den aufregendsten Körper, und Tamara war diejenige meiner Liebschaften, die ich wirklich mochte.

Im Traum hörte ich das Telefon von weither klingeln. Es dauerte ewig, bis ich begriff, dass es nicht im Traum, sondern in meiner Diele klingelte. Schlagartig wurde mir klar, welcher Tag heute war. Und ich hatte verschlafen! Noch halb im Schlaf sprang ich auf und stolperte zum Telefon. Die Nummer erkannte ich sofort. Ich riss das Telefon von der Ladestation und versuchte gleichzeitig, ein Bein in meine Jeans zu stecken.

»Entschuldigung, Stefanie, ich bin gleich da!«, rief ich meiner Schwester entgegen in den Hörer.

»Wann ist gleich?«, zischte Stefanies Stimme verärgert durch die Leitung.

»Zehn Minuten«, wollte ich antworten.

Doch ich stolperte in der Hektik über meine Hose und stürzte auf den Boden. Eilig griff ich nach dem Telefon, das mir dabei aus der Hand gefallen war.

»In zehn Minuten«, stieß ich atemlos hervor.

»Vergiss es!«, hörte ich Stefanies klare Stimme. »Du brauchst bis zu mir schon allein fünfzehn Minuten. Plus waschen, Zähne putzen, anziehen macht mindestens eine halbe Stunde. Also: Planänderung! Ich hole dich ab, und wir fahren Papa mit meinem anstatt mit deinem Auto zur Kur.«

»Danke!« Ich rieb mir ächzend die Rippe, die ich mir beim Sturz an der Garderobe gestoßen hatte.

»Keine Ursache. Sonst wird das ja nie was!«, grollte sie und legte auf.

In diesem Moment stand Lisa grinsend in der Tür. Glücklicherweise hatte sie ihren perfekten Körper bereits in eine Edeljeans und eine dezent ausgeschnittene Bluse gesteckt. Wenn meine Schwester sie so vorgefunden hätte, wie sie nach endlosen erotischen Stunden gestern Nacht eingeschlafen war, hätte sie mich wahrscheinlich geohrfeigt.

»Stress?«, fragte sie.

»Äh, ja, leider. Meine Schwester kommt gleich. Wir haben versprochen, dass wir meinen Vater persönlich zur Kur bringen.«

»Ach, läuft jetzt schon die Reha nach dem Schlaganfall? Da hat er sich aber schnell erholt, das ist ja klasse«, sagte sie erfreut, nahm ihre Tasche und küsste mich flüchtig. »Ich muss leider schon los.«

»Ich weiß, die Werbung wartet nicht«, sagte ich und versuchte ein Lächeln.

»So ist es«, säuselte sie, lächelte zurück und zog die Tür hinter sich zu.

Ein Problem weniger, dachte ich. Wenn keine Frau hier war, würde meine Schwester auch keine Fragen stellen.

*

Stefanie klingelte, als ich gerade im Bad die Zahnpasta aus dem Mund spülte. Mit dem Kamm meine kurzen Haare in eine Richtung zwingend, öffnete ich ihr die Tür.

»Sieht ja so aus, als hättest du mal wieder eine heiße Nacht gehabt«, schnauzte sie mich an und verzog die Mundwinkel nach unten.

»Ja, was soll ich denn machen? Es geht doch nicht anders«, rechtfertigte ich mich.

»Es wäre ja wohl mal möglich gewesen, in einer einzigen Nacht mal nicht mit einer deiner… na, du weißt schon… die halbe Nacht durch das Bett zu turnen!«, schimpfte sie.

»Wenn’s mal nur die halbe gewesen wäre«, seufzte ich erschöpft.

Lisa hatte mich bis drei Uhr morgens mit immer neuem Begehren auf Trab gehalten. Aber da sie immerhin jeden Monat meinen Lebensunterhalt zahlte, konnte ich schlecht Nein sagen.

»War das jetzt die, die die Miete zahlt, oder die, die dir das Auto geschenkt hat?«, wollte meine Schwester wissen.

»Die mit dem Auto.«

Meine Schwester missbilligte, was ich tat. Und sie ließ keine Gelegenheit aus, mich das spüren zu lassen. Es nervte mich, dass sie immer wieder damit anfing.

»Hättest du dein Studium von Anfang an durchgezogen und dich nicht so hängen lassen, dann hättest du auch nicht deinen Anspruch auf BAFöG verloren.« Ging die Litanei schon wieder los! »Dann bräuchtest du jetzt auch nicht gleich drei Gespielinnen zu Willen zu sein, wenn unser Vater uns ein Mal um einen Gefallen bittet. Zumal sein Wunsch ja verständlich ist. Immerhin ist er dem Tod gerade mal so von der Schippe gesprungen.«

»Ja, ist er, und ich weiß das.« Ich schob ich sie aus der Tür und drehte von außen den Schlüssel im Schloss. »Außerdem sind sie nicht meine Gespielinnen, und ich bin nicht ihr Callboy!«

»Offen gesagt, ich sehe da keinen großen Unterschied«, antwortete sie.

»Sie haben Namen«, ärgerte ich mich. »Sie heißen Lisa, Melanie und Tamara. Und ich gebe ihnen das Gefühl, eine funktionierende Beziehung zu haben. Keine von ihnen hat Zeit und Lust, sich mit irgendwelchen Milchbubis herumzuschlagen, die ihr eigenes Leben nicht auf die Reihe kriegen.«

»Ach«, kicherte Stefanie jetzt. »Aber du kriegst dein Leben auf die Reihe, ja?«

»Okay, okay.« Ich gab auf. »Du hast ja recht. Aber du musst zugeben, dass ich in den letzten zwei Jahren alles aufgeholt habe, was ich in den wilden Zeiten verschludert habe. Immerhin gebe ich in einem halben Jahr meine Diplomarbeit ab.«

»Na ja. Aber um welchen Preis? Was guckt das aus deiner Hosentasche?«

Ich zog an einem Stück Spitzenstoff und stopfte es sofort zurück in die Tasche. Ich hatte das Nichts von einem Unterhöschen erkannt, das ich Lisa gestern Abend noch in der Diele abgestreift hatte. Ich hatte es in die Hosentasche gesteckt, damit wir in unserer wilden Leidenschaft nicht darüber stolperten und es womöglich noch zerrissen. Ich musste unbedingt daran denken, es heute Nachmittag zuunterst in den Wäschekorb zu legen, damit Tamara nichts entdeckte!

Tamara war mit zweiunddreißig so alt wie ich, hatte es aber längst zur Ingenieurin geschafft. Sie war es, die seit einem knappen Jahr die zweite Hälfte meiner Miete zahlte und mich noch dazu bei meinem Diplomstudium unterstützte. Dafür gab ich ihr das Gefühl, sie wäre die einzige Frau in meinem Leben. Selbstverständlich wusste sie, dass das nicht so war. Aber sie hatte sich auf die Übereinkunft eingelassen, als ihr klar wurde, dass ich finanziell völlig von den Frauen abhängig war, die zu mir kamen.

Melanie dagegen war total abgeklärt. Sie hatte sofort durchschaut, dass ich mich von ihr aushalten lassen wollte. Sie war einverstanden gewesen und hatte gleich zweieinhalb Wochentage und die zugehörigen Nächte für sich beansprucht. »Ich denke, das ist in Ordnung, solange ich dich ein wenig unterstütze«, hatte sie noch vor unserer ersten Nacht trocken festgestellt. Sie zahlte eine Hälfte meiner Miete.

Hallo, Kinder. Ihr seid spät dran«, stellte mein Vater fest, als er die Wagentür öffnete.

»Ja, tut mir leid. Ich bin aufgehalten worden«, gab ich sofort mein Verschulden zu.

Ich setzte mich in den Fond des Wagens, damit er vorn auf dem Beifahrersitz mitfahren konnte.

»Hast du wieder die halbe Nacht gelernt und dann verschlafen?«, erkundigte er sich.

»So ungefähr«, antwortete ich ausweichend und fing Stefanies strafenden Blick im Rückspiegel auf.

»Hach, wie hätte sich eure Mutter gefreut, wenn sie das noch hätte erleben dürfen«, seufzte unser Vater tief. »Sie ist viel zu früh gestorben.«

Wieder traf ich im Rückspiegel auf Stefanies Blick. Bittend legte ich hinter dem Rücken unseres Vaters meine Hände zusammen und warf ihr einen flehenden Blick zu. Unser Vater durfte auf keinen Fall erfahren, dass ich durch meine Faulheit vor zwei Jahren meinen Anspruch auf staatliche Studienunterstützung verloren hatte. Und vor allem durfte er niemals erfahren, was ich tat, um den finanziellen Schaden aufzufangen.

»Ja, sie wäre sicher sehr glücklich gewesen«, stimmte Stefanie jetzt unserem Vater zu.

Erleichtert warf ich ihr im Spiegel eine Kusshand zu. Sie war zwar zwei Jahre jünger als ich, aber sie hatte ihre Ausbildung längst fertig. Sie hatte mich sogar anfangs unterstützt, als ich in Geldnot geraten war. Stefanie war mit dem, was ich tat, nie einverstanden gewesen. Das ließ sie mich auch immer wieder spüren. Doch unserem Vater gegenüber hielt sie dicht. Ich war ihr unendlich dankbar dafür.

Zwei Stunden lang hörten wir zu, wie unser Vater von alten Zeiten berichtete. Die Leitplanken rauschten an uns vorbei wie seine Geschichten, die er zum x-ten Male ausgrub.

Er schwelgte in Erinnerungen, seit er den leichten Schlaganfall gehabt hatte. Es hatte ihn genauso unerwartet getroffen wie uns. Mit gerade mal sechzig Jahren hatte niemand mit so etwas gerechnet. Ihm war genau wie uns klar geworden, wie schnell man einen geliebten Menschen verlieren kann. Seither schien er das Leben mitsamt allen Erinnerungen mit allen Mitteln festhalten zu wollen.

Als wir vor dem Kurhaus standen, nahmen wir ihn nacheinander fest in die Arme.

»Mach's gut, Papa. Pass auf dich auf«, hörte ich die besorgte Stimme meiner Schwester.

»Keine Sorge«, erklärte er. »Die passen hier schon auf mich auf. Jetzt stelle ich meine Ernährung um, und die zeigen mir hier, welchen Sport ich machen kann. Dann wird so etwas nicht mehr passieren.«

Ich spürte Dankbarkeit in mir aufsteigen. Dankbarkeit dafür, dass er noch am Leben war. Trotzdem musste ich auf die Uhr sehen. Unser Vater bemerkte es.

»Musst du noch zu einer Vorlesung heute?«, fragte er.

»Ja, um eins geht’s los«, antwortete ich.

»Dann müsst ihr aber schnell los«, drängte er uns zur Abfahrt.

*

Ja, ich hatte ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt. Die Vorlesung begann erst um drei Uhr. Aber um eins würde Tamara vor meiner Tür stehen. Ich würde fürsorglich für sie kochen, und wir würden zusammen meine letzten Aufgaben durchgehen. Während ich später in der Vorlesung sitzen würde, würde sie in ihrem Büro an den Plänen für die Sprinkleranlage einer riesigen Tiefgarage arbeiten.

Nach der Vorlesung holte ich sie dort ab. Sie hatte mich dem Chef des großen Unternehmens bereits vorgestellt. Auch meine Arbeiten hatte sie ihm gezeigt. Dabei hatte sie nicht verraten, dass sie selbst einen großen Anteil daran hatte, dass meine Arbeiten so gut ausfielen. Sie protegierte mich, wo sie nur konnte. Der Chef hatte eine Festanstellung nach der Diplomarbeit in Aussicht gestellt. Heute Abend verabschiedete sie sich früh. Sie wusste, dass ich noch einen Termin hatte. Sie wusste um meine finanzielle Lage, und sie wusste, welcher Art meine Termine waren. Sie fragte nie danach.

Ich hatte gerade noch Zeit, die Spuren unseres Abendessens zu beseitigen und mich ein wenig frisch zu machen. Melanie zahlte immerhin einen Teil der Miete, und sie war ziemlich empfindlich. Auf keinen Fall durfte ich nach Tamaras Parfum riechen, wenn Melanie mich zur Begrüßung umarmte.

»Hallo, Schatz«, begrüßte sie mich ganz selbstverständlich.

»Hallo, mein Schatz.« Ich spielte das Spiel brav mit.

Ich hätte niemals mit einer Frau schlafen können, die mir nicht sympathisch war. Melanie war mir wie all die anderen von Anfang an sympathisch gewesen. Aber sie strahlte auch immer einen gewissen kühlen Geschäftssinn aus, der sie manchmal fremd wirken ließ.

Selbstverständlich hatte ich aus dem Bad längst Lisas Zahnbürste und das Vanilleshampoo fortgeräumt. Und selbstverständlich hatte ich stattdessen die Aloe-Lotion mitsamt Melanies Zahnbürste auf der Ablage vor dem Spiegel positioniert. Ich achtete immer peinlich genau darauf, dass keine der Frauen Spuren von einer der anderen vorfand. Sie sollten sich wohlfühlen bei mir. Das war mein Job. Und dafür bekam ich Geld von ihnen. Niemand machte das mit seiner Haltung klarer als Melanie.

Am heutigen Abend wartete sie jedoch mit einer besonderen Überraschung auf. Sie lud mich zum Abendessen in ein Nobelrestaurant ein. »Ab dem nächsten Monat bin ich Prokuristin«, sagte sie zufrieden lächelnd, als wir vor den frisch gefüllten Weingläsern saßen.

»Wow!« Ich bewunderte diese Powerfrau ehrlich. »Das ist ja mal ein Erfolg.«

Sie winkte gelangweilt ab. »Habe schließlich hart genug dafür gearbeitet. Und ich dachte mir, wir beide sollten gemeinsam etwas davon haben.«

»Das ist ein sehr netter Gedanke von dir«, freute ich mich.

Melanie war nicht kleinlich. Sie hatte schon einmal ein Wellnesswochenende mit komplettem Verwöhnprogramm für uns beide gebucht. Es musste ein Vermögen gekostet haben. Ich hatte seinerzeit große Probleme gehabt, Lisas und Tamaras Zeiten um dieses Wochenende herum so anzuordnen, dass keine von ihnen zu kurz kam. Trotzdem hatte ich die Auszeit in vollen Zügen genossen.

Nun blickte Melanie mir tief in die Augen. Irgendetwas in ihrem Blick verriet mir, dass ihr dieses Mal kein einfaches Geschenk vorschwebte.

»Nun, wie du weißt, verdiene ich bisher nicht schlecht«, begann sie.

Ich nickte verlegen. Davon lebte ich schließlich ebenfalls.

»In Kürze werde ich fast das Doppelte verdienen. Jeden Monat. Das bedeutet, ich kann dich auch mit dem doppelten monatlichen Betrag unterstützen.«

Ich ahnte, worauf sie hinaus wollte, und suchte nach einer diplomatischen Möglichkeit, ihr Angebot abzulehnen. Doch meine Meinung schien Melanie überhaupt nicht zu interessieren.

»Machen wir uns nichts vor. Du weißt, wie das Leben läuft, und ich weiß es auch«, fuhr sie fort. »Und ich weiß genau, was ich will. Ich will fünf Tage von dir. Die Nächte natürlich dazu.«

»Ähm.« Ich überlegte fieberhaft, wie ich ausweichen sollte. Ich entschied mich für eine fast ehrliche Antwort. »Aber das geht nicht. Ich muss doch arbeiten, das weißt du doch.«

Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Arbeiten, ja richtig.« Sie setzte betont langsam ihr Weinglas ab. »Wir wissen doch beide, welche Arbeit du zu erledigen hast. Du musst dir halt überlegen, was du willst. Ich biete dir dauerhafte wirtschaftliche Sicherheit.«

»Das ist ein verlockendes Angebot«, gab ich zu.

»Du musst dich nicht sofort entscheiden. Mir reicht eine Antwort bis morgen Abend.« Sie zwinkerte verführerisch mit den Augen und strich mit ihrem Fingernagel über meinen Handrücken. »Schließlich wollen wir uns doch nicht den Abend verderben lassen.«

Den ließ sie sich nicht verderben. Und ich gab ihr, was sie wollte: Das Gefühl, meine Diva zu sein. Die Einzige in meinem Leben, die ich liebte und begehrte. Und sie genoss es, wie andere Menschen ein Buch genossen, das sie eben erst gekauft hatten.

*

Am nächsten Tag brachte Stefanie mir eine Musik-CD zurück, die sie bei mir geliehen hatte. Ich bat sie um Rat.

»Du fragst mich ernsthaft, was ich dir dazu rate?«, wunderte sie sich. »Du weißt genau, was ich von der ganzen Sache halte. Abgesehen davon klingt das, was diese Frau will, als wollte sie sich einen bequemen Mann fürs Leben kaufen.«

»Ich fürchte, genauso ist es auch.«

»Nimm’s mir nicht übel«, bat sie. »Aber da möchte ich mich raushalten. Du hast dich selbst in diese Situation gebracht. Da werde ich den Teufel tun und irgendeinen Rat geben. Es gibt nämlich einfach keinen guten Rat dazu. Außer vielleicht dem Rat: Schick diese Frauen endlich zum Teufel.«

»Das sagst du so einfach«, sagte ich seufzend. »Aber das geht erst in einem halben Jahr. Dann bin ich fertig mit dem Studium und verdiene selbst genug, um mich über Wasser zu halten.«

Stefanie verdrehte die Augen und öffnete die Wohnungstür, um zu gehen. Sie drehte sich noch einmal um: »Na, dann sieh mal zu, wie du die Kuh vom Eis kriegst«, kommentierte sie spöttisch.

Genau das war das Problem. Ich wollte auf keinen Fall das Risiko eingehen, von Melanie völlig abhängig zu sein. Aber wie sollte ich ihr das klarmachen, ohne sie vor den Kopf zu stoßen? Sie war immerhin meine empfindlichste Frau mit dem kühlsten Geschäftssinn. Und was die Miete anging, ließ sie sich wirklich nicht lumpen.

Bis zum Abend würde ich aber keine Zeit mehr haben, darüber nachzudenken. In den nächsten vier Stunden musste ich dringend an meiner Di-plomarbeit arbeiten, und danach würde Lisa in der Tür stehen.

Sie klingelte pünktlich. Ich hatte für uns eingekauft, sodass wir gemeinsam kochen konnten. Sie liebte diese Kochabende ebenso wie die Zärtlichkeiten, die nach dem Dessert oft genug in schier endlose Leidenschaft ausuferten. Nach diesen Nächten war ich meist wie gerädert. Aber was sollte ich machen? Urlaub gab es eben in meiner Situation nicht.

Lisa verschwand am folgenden Morgen wie immer früh. Sie musste in ihre Werbefirma, in der sie ein Wahnsinnsarbeitspensum ableistete. Ich duschte und wartete auf Tamara.

Sie kam um zehn mit den Büchern, um die sich sie gebeten hatte.

»Damit solltest du genug Material für die Diplomprüfung haben.« Sie sah mir nachdenklich in die Augen.

»Danke!« Ich freute mich ehrlich.

Tamara war von all den Frauen, die mich bisher ausgehalten hatten, die einzige, die nie irgendwelche maßlosen Ansprüche stellte. Im Gegenteil, sie half mir, wo sie konnte. Wäre da nicht der kleine Umschlag, den sie mir jeden Monat in die Hand drückte, hätte man fast den Eindruck einer wundervollen Beziehung gehabt.

Ich war mir sicher: Hätte ich sie unter anderen Umständen kennen gelernt, dann hätte ich mich wahrscheinlich Hals über Kopf in sie verliebt. So aber war sie eine der drei Frauen, die mich mit ihrer finanziellen Unterstützung über Wasser hielten.

Während wir tagsüber arbeiteten und später den Abend mit einem romantischen Spaziergang am Fluss ausklingen ließen, fiel mein Entschluss: Diese Tage und Abende mit Tamara würde ich nicht aufgeben. Melanie müsste damit leben, dass sie nicht noch mehr meiner Zeit kaufen konnte, wie man einen Kaugummi oder ein Stück Schokolade kauft. Als Tamara und ich später auf dem Sofa ein wenig kuschelten, tat sich so, als müsste ich mal ins Bad.

Dort schrieb ich Melanie eine Nachricht per SMS. Liebe Melanie, ich weiß dein verlockendes Angebot sehr zu schätzen. Trotzdem muss ich es leider ablehnen. Die anderen Tage in der Woche brauche ich wirklich dringend für mein Studium.

Ich drückte die Wasserspülung der Toilette, damit Tamara nichts merkte. Danach wusch ich mir die Hände.

In diesem Moment meldete das Handy schon die Antwort von Melanie: Sehr bedauerlich für uns beide. In diesem Fall wirst du ab sofort mehr Zeit für dein Studium und deine Arbeit haben. Denn in diesem Fall verzichte ich auf weiteren Kontakt mit dir.

Mir wurde gleichzeitig heiß und kalt. Das war eine Katastrophe! Ich hatte nur noch ein halbes Jahr bis zum Abschluss meines Studiums! Jetzt war einfach keine Zeit, mich um eine neue einsame Seele zu kümmern, von der ich mich aushalten lassen konnte! Und ich hatte nur finanzielle Rücklagen für höchstens zwei Monate!

»Alles in Ordnung?«, rief Tamara aus dem Wohnzimmer.

»Ja, bin gleich da«, rief ich zurück und steckte schnell das Handy weg.

Tamara war eine sensible Frau. Sie spürte sofort, dass mich etwas bedrückte. Als ich sie in den Arm nahm, nahm sie ihn von ihren Schultern. Sie rückte noch ein Stück näher zu mir und legte mir ihren Arm um die Schultern. Sie fragte nicht. Sie sagte auch nichts. Ich war ihr dankbar, dass sie mir an diesem Abend Trost und Halt gab.

*

Bereits am nächsten Tag berichtete ich meiner Schwester, was passiert war. Sie kam sofort zu mir.

»Ich bin geliefert!«, jammerte ich. »Das schaffe ich jetzt nicht mehr, wenn das Geld von Melanie wegfällt.«

Stefanie räusperte sich. »Okay, ich helfe dir«, bot sie an. »Aber nur unter einer Bedingung.«

»Welche?« Ich schöpfte Hoffnung.

»Ganz einfach: In dem Moment, in dem du deinen Arbeitsvertrag unterschrieben in der Hand hast, gibst du den Frauen den Laufpass und machst so etwas nie wieder.«

Ich überlegte einen Moment: »In Ordnung. Allerdings bis auf eines, bitte.«

»Und das wäre?«, wollte sie wissen.

»Tamara will ich nicht den Laufpass geben. Ich mag sie zu sehr. Sie ist mehr für mich als nur eine von den vielen, die in den letzten zwei Jahren bei mir ein- und ausgegangen sind.«

Stefanie sah mich einen Moment ernst an und stimmte dann zu. »Okay. Aber du nimmst dann kein Geld mehr von ihr, einverstanden?«

»Absolut einverstanden«, nickte ich.

*

Meine Schwester hat Wort gehalten. Ich im Übrigen auch. Lisa war ein wenig traurig gewesen, als ich ihr erklärt hatte, dass unsere Treffen wegen meiner vielen Arbeit jetzt nicht mehr stattfinden würden. Sie hat sich aber schnell mit einem anderen Typen getröstet.

Tamara hingegen war geschockt, als ich ihren Umschlag nicht mehr annehmen wollte. Sie brach in Tränen aus und wollte sofort meine Wohnung verlassen, doch ich hielt sie zurück.

»Bitte, bleib hier«, hatte ich ihr gesagt. »Ich fände es schön, wenn es so bleiben würde wie zuvor. Vielleicht wird sogar mehr daraus. Nur, dass ich jetzt kein Geld mehr von dir brauche.«

Wir leben jetzt seit fast drei Jahren schon als Paar zusammen.

– ENDE –

Geschichte 2

Mysteriöse Geschichten

Roman von Andrea M. (41)

»Hatte ich mich zuerst in seinen Urgroßvater verliebt?«

Nach meiner Scheidung fiel ich in eine tiefe Depression. Meine Schwester nötigte mich dazu, im idyllischen Altmühltal eine Weile auszuspannen, um auf andere Gedanken zu kommen.

Das Tal lag ruhig in der Nachmittagssonne. Ganz in Gedanken versunken ging ich am Bach entlang. Rechts und links gab es nur Wiesen, Felder und felsige Hügel. Die Straße war nicht zu sehen. Sie wurde von Büschen und Bäumen verdeckt. Nur hin und wieder hörte ich ein Auto. Es war friedlich und idyllisch. Genau das brauchte ich im Augenblick.